Links-Rechts
Mit Hilfe der Stereophonie kann man dem Schall eine Richtung geben und ihn auf einer (gedachten) Linie zwischen den beiden Lautsprechern positionieren oder bewegen. Wenn auch beim Hörer die akustischen Eigenschaften des Raums stimmen, die Lautsprecherboxen richtig platziert sind und der Hörer die richtige Position einnimmt, kann er ein gutes räumliches Klangbild erleben - allerdings nur, was die Links-Rechts- und die Nah-Fern-Ortung betrifft.
Es gibt zwei Arten der Stereophonie:
- Erstens die Intensitätsstereophonie, wo durch Lautstärkenunterschiede eine Ortung ermöglicht wird. Wird ein Signal gleich laut auf beide Stereokanäle gemischt, ist es auf beiden Lautsprechern gleich laut zu hören und wird genau in der Mitte zwischen den Lautsprechern wahrgenommen. Man spricht hier von einer Phantomschallquelle, weil da, wo die Schallquelle gehört wird, gar kein Lautsprecher ist. Mit den Panorama-Reglern (an Mischpulten) lässt sich das Lautstärkenverhältnis zwischen linkem und rechtem Stereokanal einstellen.
- Daneben gibt es die Laufzeitstereophonie, bei der ein Signal gleich laut auf beiden Stereokanälen übertragen werden kann. Das Signal wird allerdings auf einem Kanal leicht verzögert (Delay, bis 1 ms). Obwohl die Verzögerung nicht zu hören ist, wird sie vom Gehirn interpretiert: Kommt der Schall am einen Ohr etwas früher an, heißt das für unser Gehirn, der Schall kommt aus dieser Richtung. Ab einer Verzögerung von 1 ms wird das Signal ganz auf einer Seite, d. h. in einem der Lautsprecher, geortet. Ab einer Verzögerung von ca. 50 ms kann die Verzögerung als Echo wahrgenommen werden.
Nah-Fern
Das Gehör kann die Entfernung einer Schallquelle dadurch einschätzen, dass es den Anteil der Reflexionen (Diffusschall, Hall) bewertet, was allerdings eher in geschlossenen Räumen möglich ist. Auf freiem Feld fällt diese Möglichkeit aus. Dort aber, wo der Schall reflektiert wird, von Zimmer- oder Hauswänden etwa, kann das Gehirn das Verhältnis zwischen direktem Schall und Diffusschall bewerten und die Entfernung abschätzen. Je näher die Schallquelle beim Hörer ist, desto mehr direkten Schall wird dieser hören, bei größerer Entfernung wird der Hallanteil zunehmen.
Eine weitere Möglichkeit die Entfernung zu hören, ergibt sich aus einer physikalischen Eigenschaft des Schalls: die unterschiedlichen Frequenzen verbrauchen bei der Ausbreitung auch unterschiedlich viel Energie, was dazu führt, dass die tiefen Frequenzen weitere Strecken zurücklegen können als die hohen. Für den Klang bedeutet das: Je weiter etwas entfernt ist, desto dumpfer und leiser wird es klingen. Woher weis ich aber, dass dieses Etwas nicht grundsätzlich dumpf und leise klingt und ganz in der Nähe ist? Das Gehör (bzw. das Gehirn) lernt. Man kann nicht von Natur aus alles Gehörte sofort einordnen. Erst nachdem man einmal ein Objekt gehört und gesehen hat, diese beiden Eindrücke also in Relation setzen konnte, ordnet das Gehör den entsprechenden Klang dem Objekt zu und man kann dann immer die Entfernung anhand des Klangs, der Lautstärke und des Hallanteils einschätzen. Hier zählen Erfahrungswerte.
Für die Postproduktion bedeutet das: Arbeite mit Filtern, Hallgeräten und Lautstärkeverhältnissen!
Oben-Unten / Vorn-Hinten
Die Ohrmuschel sieht nicht ganz umsonst so aus, wie sie aussieht. Der Schall wird, je nach dem, aus welcher Richtung er kommt, unterschiedlich von der Ohrmuschel in den Gehörgang reflektiert. Die daraus resultierenden, minimalen Klangunterschiede nutzt das Gehirn zur Ortung. Allein durch Klangbearbeitung kann man allerdings keine komplette dreidimensionale Raumortung technisch umsetzen, schon gar nicht mit normalen Stereoaufnahmen. Bei der in den 70er Jahren entwickelten Quadrofonie (vier diskrete Kanäle) und beim Dolby-Surround (fünf Kanäle kodiert im Stereosignal) wird zumindest die Vorne–Hinten-Ortung mit einbezogen, da sich auch Lautsprecher hinter dem Hörer befinden.
Das einzige Verfahren mit dem der Hörer in eine dreidimensionale Klangwelt eintauchen kann, bietet die Kunstkopf-Aufnahme, wo zwei Mikrofone hinter künstlichen Ohrmuscheln in einem Kopfimitat angebracht sind oder Miniaturmikrofone über einen Bügel, wie beim Kopfhörer in den Gehörgang eines Menschen eingehängt werden. So werden die Klangdifferenzen bei unterschiedlichen Richtungen gleich mit aufgenommen. Die Ergebnisse haben eine atemberaubende Räumlichkeit, je nach System ist die Oben/Unten-Ortung stärker oder schwächer ausgebildet. In den 80er Jahren experimentierten besonders Musiker mit diesem Verfahren (Alan Parsons Project, Pink Floyd etc.). Der entscheidende Nachteil besteht darin, dass der 3D-Effekt nur beim Abhören über Kopfhörer eintritt, mit Lautsprechern ergibt sich das übliche Stereo-Klangbild.