Die wunderbare Welt des Streamings von Filmen wirkt sich negativ auf die Bewahrung von Filmkultur aus. Zwar gibt es da die Großvorhaben, bei denen staatliche Archive immer weitere Stummfilme restaurieren um sie zu bewahren. Doch die schaffen nur einen winzigen Bruchteil all der Filme, die erhaltenswert sind. Eine Weile lang wollten wir glauben, dass die Streamingportale das Filmerbe schon bewahren würden. Die vollmundigen Versprechen, wann immer und was immer man möchte, anschauen zu können, stoßen rasch an Grenzen, wenn man besondere Filme, insbesondere aus der Filmgeschichte anschauen möchte.
Manchmal sind auch bestimmte Sprachfassungen nicht mehr erhältlich. So etwa war über Jahrzehnte einer der großartigsten Filme des Neorealismus "Das Wunder von Mailand" nur im italienischen Original erhältlich, obwohl es in den 90er Jahren eine Deutsche Fassung gab. Erst 2015 kam der Film dann auf DVD auch mit der sehr guten Deutschen Synchronfassung heraus. Doch wer weiß schon, wie lange es diese Fassung geben wird und in wie wenigen Exemplaren?
Videotheken als Archive
Die Kartons am Straßenrand, beschriftet mit "Zu Verschenken" und voller Bücher und DVDs häufen sich. Die Menschen wollen keinen Platz verbrauchen für etwas, was sie scheinbar jederzeit auch im Web abrufen können. Die DVD und BluRay sind tot, heißt es bereits und wenn man hört, dass 20th Century Fox und Disney keine DVDs und BluRays mehr herausbringen will und führende Hersteller wie Samsung auch keine BluRay Player, dann scheint da etwas dran zu sein.
Die Streaming-Dienste können enorme Zuwachsraten verzeichnen, regelmäßig werden neue Titel dem Angebot hinzugefügt, andere dafür herausgenommen. Das dient einerseits der notwendigen Übersichtlichkeit und andererseits arbeiten die Dienste mit Algorithmen, welche beliebte Titel stärken und selten gefragte Titel absortieren. Und bei Neuzugängen und Eigenproduktionen diktiert der Algorithmus, was thematisch erfolgversprechend zu sein scheint.
Es ging ein Aufschrei durch die Szene, als in München die beliebte Film-Passage schließen musste. Was immer man an Arthouse oder filmgeschichtlich Bedeutendem gesucht hat,- meist fand es sich dort in der Videothek. Inzwischen muss man froh sein, wenn es überhaupt noch eine Videothek in der eigenen Stadt gibt. Von den 2008 noch 2900 Videotheken in Deutschland sind 2020 gerade mal 345 übrig geblieben. An vielen Orten, darunter auch die Landeshauptstadt von NRW, Düsseldorf, gibt es keine einzige Videothek mehr. Dabei war Netflix vor seiner Erfolgsgeschichte als Streaming Dienst ebenfalls eine Videothek. Seit wir wissen, dass viel zu viele wichtige Filme gar nicht von den Streaming-Diensten angeboten werden, kommt den noch verbliebenen Videotheken eine besondere Aufgabe zu.
DVDs als Archivstücke
Eine erschreckend große Zahl an Filmen ist inzwischen gar nicht mehr verfügbar. ProfessorInnen und DozentInnen von Filmschulen hegen bestimmte DVDs und BluRays wie kostbare Schätze, um ihren Studierenden wichtige Beispiele für den kulturellen Reichtum des Filmerbes zeigen zu können. Dazu gehören durchaus bedeutende Filme der Filmgeschichte, etwa De Sicas "Das Wunder von Mailand" oder Jean Vigos "Atalante". Es trifft also längst nicht nur irgendwelche unbedeutenden B-Movies, sondern Schlüsselfilme des internationalen Filmschaffens.
Nicht wenige Filmemacher, darunter auch der US-Regisseur Oliver Stone fordern dazu auf, DVDs und BluRays keinesfalls wegzuwerfen. Sie bieten eine gewisse Chance, das Filmerbe zumindest in Teilen, bewahren zu können. Das gilt vor allem für seltenere Titel, um Hollywoods Mainstream-Filme und Blockbuster muss man sich weniger Sorgen machen.
Neuauflagen
Manche wichtigen Filme werden sogar heute, in Zeiten des Streamings, für BluRay sorgfälig restauriert werden. Das ist oft allein schon deshalb nötig, weil es von den Filmen oft nur Standard-Definition, aber keine HD oder 4 K Dateien gibt. Ein Beispiel dafür ist die "Roman Holiday" als BluRay Ultra 4k.
Dafür ist ein gewisses finanzielles Engagement erforderlich, denn die Rechteinhaber, häufig Studios verlangen Mindestgarantien (das sind Anfangsgebühren) sowie einen vertraglisch zugesicherten Prozentsatz der Lizenzgebühren pro verkaufter DVD / BluRay. Da gibt es eigene neue Label, wie das Vinegar Syndrome, die sich dem Erhalt von Filmen verschrieben haben. Es werden alle verfügbaren Materialien wie Makings Ofs, Interviews und mehr recherchiert und zusammengetragen um alles zusammen neu herauszubringen.
Das bedeutet oft auch eine Menge an rechtlicher Rechercharbeit, denn bei anlaogen Filmen, also allem, was vor dem digitalen Zeitalter entstanden ist, wurden die Musikrechte zwar für das Kino oder das terristrische Fernsehen in einem bestimmten Sendegebiet, aber nicht weltweit und nicht für BluRay oder DVD freigegeben. Manchmal kann es Jahre dauern, die Rechteinhaber eines Independent-Films ausfindig zu machen und die Rechte nachträglich einzuholen. Gerade Filmrechte sind manchmal ziemlich kompliziert abzuklären.
Online Alternativen
Das Lumiere VOD Verzeichnis listet über 40.000 Titel: https://www.obs.coe.int/de/web/observatoire/home/-/asset_publisher/9iKCxBYgiO6S/content/40-000-european-film-titles-currently-available-on-367-vod-services-in-europe?inheritRedirect=false&redirect=https%3A%2F%2Fwww.obs.coe.int%2Fde%2Fweb%2Fobservatoire%2Fhome%3Fp_p_id%3D101_INSTANCE_9iKCxBYgiO6S%26p_p_lifecycle%3D0%26p_p_state%3Dnormal%26p_p_mode%3Dview%26p_p_col_id%3Dcolumn-1%26p_p_col_count%3D3
Auf Youtube gibt es einen DEFA Channel, wo Produktionen der DDR Filmproduktion zu finden sind: https://www.youtube.com/channel/UCSKbHQcEk-42lL--03lbbIw
Nach Jahren geordnet sind einige ältere Deutsche Produktionen unter Filmportal.de gelistet und mit Links, zumeist zum Bundesarchiv versehen.: https://www.filmportal.de/movies?f%5B1%5D=movie_availability_type%3A4&f%5B0%5D=year_general%3A1920-1930&search_api_fulltext_movie=&page=0
wenigen Exemplaren?