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Requisiten der Probenbühne des Residenztheaters München

 

Absolute Nähe

Schauspiel ist eine uralte Kunstform der Menschheit, doch noch nie war der Zuschauer so dicht an den Schauspielern wie in den letzten 100 Jahren. Was ist beim Film anders?

Der Film hat die Distanz von den Zuschauerreihen zur Bühne vollends aufgehoben und damit auch die Anforderungen an die Schauspieler gänzlich verändert. Die Unmittelbarkeit, mit der die Kamera sich den Schauspielern nähert, macht es verglichen mit der Bühne, schwieriger, Emotionen nur vorzutäuschen.

Mit bis dahin ungeahnter Intimität, in HD oft sogar zu hoher Präsision, registriert die Kamera die feinsten Änderungen des Gesichtsausdrucks und des Blicks. Insbesondere diese Direktheit machte auch neue Methoden, veränderte Sprechtechnik und neue Arbeitsweisen für die Schauspieler notwendig.

 

Realismus

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Christine Buchegger und Claus Eberth, zwei Schauspieler, die sich auf der Bühne und vor der Kamera wohlfühlten.

 

Auch bei der Besetzung sind im Film Mogeleien nicht mehr möglich. Konnte man auf der Bühne noch junge erwachsene Schauspieler in Schuluniformen stecken und als „Schüler“ agieren lassen, so ist das beim Film nicht mehr ganz so einfach. Überhaupt ist Realismus das entscheidende Stichwort. Der Wille zur Wirklichkeitsnähe hat im Laufe der Filmgeschichte auch immer wieder Laien, die von der Straße weg gecastet wurden, in Filme hineingebracht. Und immer mehr Schauspieler verkörpern in Filmen immer nur den gleichen Typus Mensch, der oft genug auch mit der privaten Persönlichkeit übereinstimmt. Der Wunsch nach mehr Realismus hat Schauspieler dazu gebracht, sich bei der Vorbereitung auf ihre Filmrolle sehr stark und persönlich auf ein bestimmtes Milieu eine bestimmte Lebenssituation einzulassen. Nicht nur geistig, oft auch physisch, mit spektakulären Gewichtszunahmen oder Abmagerungen haben Schauspieler wie Roberto de Niro oder Marlon Brando die Filmwelt in Erstaunen versetzt.

 

Aufhebung linearer Zeitebenen

Insbesondere die Zeitebene hat sich für die Schauspieler gegenüber dem Theater völlig geändert. Während ein Theaterstück die Linearität unbedingt benötigt, da es live vor den Zuschauern aufgeführt wird, werden die einzelnen Szenen eines Films nach organisatorischen und technischen Kriterien umgestellt. Es wird also ökonomisch statt chronologisch gedreht. So wird eine Szene vom Ende des Filmes durchaus zu Beginn der Dreharbeiten, und der Anfang vielleicht zuletzt gedreht. Während der Schauspieler sich auf der Bühne seinen dramatischen Bogen selbst steuert und entwickelt, muss er/sie im Film für jede Szene, jeden Drehtag, die im Bogen des Filmes gerade gültige Stimmung rekonstruieren. Besonders schwer ist es, wenn man etwa die Schlussszene der Entwicklung einer Figur zu Beginn der Dreharbeiten spielen muss. Dann legt man sich fest und muss mit allen anderen Situationen die im Film davor liegen, darauf Rücksicht nehmen.

Im Film kann sich der Schauspieler nicht wie beim Theater, langsam während sich ein Stück entwickelt, auch selbst in die erforderlichen Emotionen hineinarbeiten. Größtes Glück und tiefste Abgründe können beim Dreh durchaus unmittelbar aufeinander folgen. Regie und Regieassistenz helfen dabei und kontrollieren die emotionale Kontinuität. Oft genug sind extrem rasche Wechsel zwischen ganz unterschiedlichen Befindlichkeiten erforderlich und der Schauspieler muss dem Charakter der Filmfigur sowie ihrer Entwicklung in jeder Einstellung entsprechen.

 

Räume und Blicke

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Wer es gewohnt ist, die Reaktionen des Publikums beim Spielen zu erspüren, muss sich beim Film deutlich umstellen

 

Das Bespielen einer Bühne oder eines Filmsets sind zwei völlig unterschiedliche Aufgaben. Während bei der Bühne klare physikalische Vorgaben und eine einfache räumliche Logik vorliegt, unterliegen die Räume im Film anderen Gesetzen. Der wichtigste Indikator für die Raumwahrnehmung ist beim Film die Kameraperspektive. Und die kann von der Wahrnehmung des Schauspielers im Set stark abweichen.

Das gilt nicht nur für die Bewegung innerhalb des Sets, sondern auch für die Blicke. Häufig werden kleine Markierungen ans Kompendium der Kamera geklebt um dem Schauspieler für die Nahaufnahme eines Dialogs anzuzeigen, wo virtuell der Dialogpartner anzunehmen ist. Und dann wird eben diese kleine Markierung mit aller Emotionalität angespielt. Was zählt, ist das Ergebnis, der Film. Und nur die dort wahrgenommene Raumsituation ist entscheidend.

 

Vereinfachtes Rollenstudium

Die unglaubliche Gedächtnisleistung der Theaterschauspieler, gewaltige Textmengen auswendig zu lernen, ist beim Film gar nicht erforderlich. Die Arbeitsweise, selbst einzelne Szenen in Einstellungen zu zerlegen, macht es den Schauspielern erheblich leichter. Sie können ihre Dialoge am Vorabend oder sogar in der Maske und in den Pausen auswendig lernen. Da man als Schauspieler bei Dreharbeiten des öfteren warten muss, bietet es sich geradezu an, die Zeit zum Lernen der Texte zu nutzen. Statt einer Souffleuse gibt es beim Film die Continuity oder die Regieassistenz zum Checken der Drehbuchtexte. Und wenn sich der Schauspieler verspricht, wird der Take einfach noch mal wiederholt. Paradiesische Zustände für Theaterschauspieler...

 

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