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Verschneite Straße

 

Bei Schnee zu Drehen, birgt eine Reihe von Herausforderungen in sich, nicht nur wegen der Kälte und Feuchtigkeit, sondern vor allem wegen des Lichts und der Farbtemperatur. Kinofilme wie "The Revenant" , "O´Horten" , "The Grey", "Virgin Mountain" oder auch "Höhere Gewalt" belegen, wie kunstvoll man mit den weißen Schneemassen umgehen kann.

Wenn es überall weiß ist, liegen quasi überall im Bild weiße Reflektoren herum, die die Belichtungsmessung irritieren und falschen Weißabgleich hervorrufen können. Schnee reflektiert nahezu 90 Prozent des auffallenden Lichts, also weitaus mehr, als es unter normalen Bedingungen der Fall ist. Schnee bedeutet, grelle Flächen und seltsam matte Schattenbereiche. Und zu allem Überfluss wird der Dynamikumfang der Kameras meistens deutlich überschritten. Was kann man tun um mit diesen Herausforderungen professionell umzugehen?

Grundsätzlich gilt für Schneeaufnahmen Ähnliches wie für Wüsten,- Mittags hat man das ungünstigste Licht. Wenn die Sonne niedriger steht, kriegt man die besseren Aufnahmen. Also Morgens oder am späten Nachmittag gelingen bei klarem, blauen Himmel die besten Schnee-Aufnahmen. Anders sieht es aus, wenn der ganze Himmel bedeckt ist, dann spielt die Tageszeit keine so große Rolle.

 

Variante 1 - Menschen und Schnee

Schneelandschaft

Die große, weiß reflektierende Schneefläche produziert in der Kamera falsche Belichtungswerte. Die Automatik belichtet das Bild zu dunkel, der Kontrollstreifen zeigt das Motiv mit manueller Belichtung.

 

Zunächst einmal sollte man die Belichtung keineswegs der Automatik überlassen. Bei dieser massiven Helligkeit und Reflektion kann die Automatik eigentlich nur die Blende zumachen und alles was nicht weiß ist, unterbelichten. Inzwischen sind einige Kameras dank Künstlicher Intelligenz zwar dazu in der Lage, Schneesituationen zu erkennen und entsprechend besser auf diese Belichtungsherausforderung zu reagieren, doch ganz zuverlässig ist auch das nicht.

Deshalb sollte man vorzugsweise manuell belichten, oder wenn das nicht möglich ist, eine Spotmessung oder zumindest eine mittenbetonte Messung einstellen und die Person oder das Objekt, welche-s richtig belichtet werden soll, in der Bildmitte, dort wo die Messung vorgenommen wird, halten.

Die ermittelte Belichtung kann man verwenden und dann Kadrieren. Eigentlich ist die Haut eines nichtgebräunten Mitteleuropäers etwa eine halbe Blende heller, als eine Graukarte, die 18 % Licht reflektiert und welche für die Belichtungsmessungen in Kameras als Grundlage dient.
Meistens macht es Sinn, die Aufnahme um etwa eine Blende dunkler zu belichten als gemessen, damit der helle Schnee nicht überstrahlt.

 

Variante 2: Schnee und Berge

Schneelandschaft mit zu blauem Schnee

Die hohen Farbtemperaturen im Hochgebirge (hier: Saas Fee Höhe ca. 3500 Meter) produzieren einen Blaustich

 

Die Belichtungsmessung in der Kamera ist eigentlich auf ein neutrales Grau von 18 % eingemessen. Hier wird die Belichtungsmessung wegen des hellen Weiß eher unterbelichten, der Schnee wirkt dann eher gräulich, als Schneeweiß. Damit man aber hellen Schnee im Bild erhält, muss man eher eine bis eineinhalb Blenden Überbelichten. Aufpassen, dass noch eine leichte Zeichnung im Schnee erkennbar bleibt.

 

Variante 3: Belichtungsmesser

Belichtungsmessung mit einem Belichtungsmesser. Wenn man mit einem klassischen Belichtungsmesser wie dem Seconik, dem Minolta oder dem Profisix das Licht misst, dann wird dieser, wenn man die Messkalotte Richtung Lichtquelle, also Himmel bzw. Sonne richtet, die Reflektionen durch den weißen Schnee gar nicht mit messen und einen genauen Blendenwert ermitteln. Denn Belichtungsmesser mit Kalotte messen das auftreffende Licht, während die Belichtungsmessung durch das Objektiv stets das reflektierte Licht misst. Und da Schnee nun mal viel mehr reflektiert, als der angenommene Mittelwert von 18 %, erhalten wir bei Schnee Fehlbelichtungen.

All diese Vorgaben für die Belichtung gelten vor allem für Aufnahmen, in denen viel Schnee im Bild ist. Nimmt man aber eine Nahaufnahme etwa von einer Person vor blauem Himmel auf, ist unter Umständen kaum Schnee im Bild, hier muss man also neu messen und entsprechend korrigieren,- das heißt die ein bis zwei Blenden Überbelichtung gegenüber dem Messwert des Kamerabelichtungsmessers wieder zurücknehmen und nur das Gesicht messen.

 

Farbtemperatur

Schneelandschaft richtig belichtet

Mit der richtigen Belichtung und Farbtemperatur erzielt man optimale Ergebnisse und hat auch im Schnee eine feine Zeichnung

 

Die Farbtemperatur in den Bergen ist deutlich höher, als gewohnt, Werte zwischen 7.000 und 10.000 Kelvin sind keine Seltenheit. Deshalb haben Schneeaufnahmen oft einen Blaustich. Die normale Lösung, mit einem weißen Blatt, formatfüllend ins Bild genommen, einen Weißabgleich vorzunehmen, wird vermutlich durch den hohen UV Anteil des Lichts in den Bergen zu falschen Ergebnissen führen.

Sicherer fährt man, wenn man die Farbtemperatur manuell eingibt. Wenn man sein Kameradisplay gut kennt, kann man grob in Stufen von 500 Kelvin gegenüber dem automatisch gemessenen Wert erhöhen, bis man eine zufriedenstellende Farbwiedergabe erreicht.

 

Filter

Ein Polfilter kann helfen, den ansonsten eher bleichen Himmel kräftiger zu machen. Doch Vorsicht, wenn es sich um keinen Zirkular-Polfilter handelt, werden die Belichtungsmessungen durch das Objektiv zu falschen Ergebnissen führen. UV-Sperr- oder Skylinefilter können helfen, den hohen UV Anteil zu reduzieren.

Bevor Ihr über all die Umrechnungen und Messungen klagt,- viel schlimmer ist es, wenn im Drehbuch Winter steht, und man den Schnee künstlich erzeugen muss...

 

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