Seit den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts sind eine Reihe spanndender und mutiger Filme aus Dänemark gekommen. Was hat dieses Land anders gemacht, als andere Filmländer? Bereits zu Beginn der Filmgeschichte gab es in Europa einige größere Filmnationen, die eine regelrechte Filmindustrie aufbauten und andere, kleinere, die durch wenige kreative Einzelstücke auffielen. Zu den größeren zählen sicherlich Frankreich, Deutschland, England und Italien, zu den kleineren gehörte Dänemark. Dänische Regisseure wie Carl Theodor Dreyer und Urban Gad oder Schauspieler*Innen wie Asta Nielsen wechselten nach ersten dänischen Eigenproduktionen in der Stummfilmzeit bereits häufiger im Ausland und machten dort Karriere.
Dänische Stummfilme
(Auswahl)
PRÆSIDENTEN (Der Präsident, Dänemark, Carl Theodor Dreyer, 1919)
BLADE AF SATANS BOG (Blätter aus Satans Buch, Carl Theodor Dreyer, DK 1920)
DER VAR ENGANG (Es war einmal, Carl Theodor Dreyer, DK 1922)
HÄXAN (Dokumentarfilm, Benjamin Christensen, DK1922)
DU SKAL ÆRE DIN HUSTRU (Ehret Eure Frauen, Carl Theodor Dreyer, DK 1925)
Weltweite Beachtung
Über viele Jahrzehnte hinweg kamen dänische Filme nur selten über die Landesgrenzen hinaus. Hier seien vielleicht Filme wie "Hunger" (Henning Carlsen DK 1966) oder die Filmreihe "Die Olsen Bande", in der vierzehn Einzelfilme zwischen 1968 und 1998 entstanden. Doch das änderte sich Ende der Achtziger Jahre schlagartig, als mit "Babettes Fest" (Gabriel Axel , DK 1987) ein dänischer Film der in Koproduktion mit Frankreich und Schweden, den Oscar als bester fremdsprachiger Film gewann. Und ein weiterer Film aus Dänemark, "Pelle, der Eroberer" von Bille August (1987) wurde in Cannes mit der goldenen Palme und mit einem Oscar prämiert.
Diese Erfolge waren äußerst ermutigend für eine ganze Generation junger Filmemacher*Innen in Dänemark. Viele dieser jungen Regisseur*Innen studierten an der 1966 gegründeten "Danske Filmskole", der staatlichen Filmhochschule in Kopenhagen, so etwa Billie August (Abschluss 1974), Thomas Vinterberg (Abschluss 1993), Lars Trier (er hat sich selbst ein "Von" spendiert), Susanne Bier (Abschluss 1987) oder Lone Scherfig (Abschluss 1984).
Ende der Achtziger, vor allem aber in den 90 Jahren herrschte in Dänemark im Kinobereich Aufbruchstimmung. Kaum eines der kleineren Filmländer war so mutig und radikal wie Dänemark. Dort entstanden ab den 90er Jahren eine Reihe von ungewöhnlichen kleinen Filmen, die auf Englisch gedreht, die Welt eroberten. Eine wichtige Rolle spielte dabei die von Lars von Trier mit begründete Zentropa Film Produktion, welche von Anfang an die internationale Verwertung der Filme im Fokus hatte. Und Lars von Trier war ein besessener Filmemacher, der ständig neue Projekte voran trieb. Das öffnete dem dänischen Film viele Türen, auch international.
Thomas Vinterberg und Lars von Trier verfassten gemeinsam Mitte der 90 er Jahre ein Manifest, Dogma 95 genannt, in welchem sie Regeln für ihr filmisches Arbeiten festlegten. So ganz haben sie sich eigentlich nie daran gehalten, doch es schuf zusätzliche Aufmerksamkeit für ihre Filme. So entstanden Festen ("Das Fest", Thomas Vinterberg, DK 1998), "Idioten" (Lars von Trier), "Mifune" (Soren Kragh-Jacobsen, DK 1999), "Italienisch für Anfänger" (Lone Scherfig, DK 2000), oder "Für Immer und Ewig" (Susanne Bier, DK. 2002)
Erfolgsfaktoren
Welche Rahmenbedingungen waren es, die den dänischen Filmemacher*Innen geholfen haben, solche Erfolge zu erzielen? Es waren sicherlich sehr günstige Konstellationen, die auch mit der staatlichen Filmhochschule zu tun hatten, die personell eine sehr hohe Betreuungsintensität der Studierenden anbietet. Viele dänische Kinofilme wurden auf Englisch und nicht selten mit internationalem Cast gedreht, ein wichtiger Faktor für die internationale Vermarktung. Die meisten Kinofilme werden als internationale Koproduktionen aufgesetzt und finanziert. Das ermöglicht nicht nur ausreichende Budgets, es hilft auch enorm bei der Vermarktung der Filme im Ausland. Auf diese Weise gelangen Dänische Filme leichter in internationale Märkte und finden so ein breiteres Publikum.
Ein weiterer Vorteil liegt sicherlich darin, dass es nicht viele unterschiedliche Fördertöpfe im Land gibt, sondern genau eine Förderung, die vom "Danish Film Institute" (DFI) verwaltet wird. Ein wichtiger Schwerpunkt der dänischen Förderpolitik ist der Austausch durch Koproduktionen mit anderen Ländern. Das DFI fördert zudem Filmfestivals, Filmveranstaltungen, Bildungsprogramme und den Verleih von Filmen. Die Kriterien, was gefördert werden soll, sind sehr transparent. Originalität und Qualität stehen ganz oben. Für die verschiedenen Förderbereiche gibt es mehrere Ausschüsse, welche die Einreichungen prüfen und dann Förderempfehlungen aussprechen. Es können auch externe Berater, die sich mit bestimmten Themen besser auskennen, hinzugezogen werden um einzelne Projekte genauer anzuschauen. Letztlich entscheidet aber die Geschäftsleitung des Danish Film Institutes, man kann also von einer Art Intendantenprinzip sprechen.
Seit Lars von Trier keine Filme mehr macht, ist es etwas ruhiger geworden um das dänische Kinoschaffen, doch das muss nichts heißen. Vielleicht warten schon eine neue, hungrige Filmermacher*Innen-Generation auf die nächste Welle international erfolgreicher Kinofilme.