„Klein“-Darsteller
Keine Familienserie, kein großes Kinoepos kommt ohne sie aus. Sie bereichern nicht nur die Welt, sie sind auch oft genug wunderbare, unverstellte Darsteller im Film. Die Einbindung von Kindern in Filmszenen oder ganze Filme erfordert nicht nur viel Umdenken für die Regie, sondern auch für den Planungsstab. Denn die sicherlich nicht ohne Grund gültigen Regelungen für Dreharbeiten mit Kindern bedeuten für die gesamte Organisation der Dreharbeit erschwerte Bedingungen.
Regie und Regieassistenz haben in diversen Castings in Schulen oder den Produktionsräumen endlich die idealen Kinderdarsteller gefunden und der Produktion eine Liste mit Namen und Anschriften überreicht. Bevor man nun überhaupt für ein Projekt die erforderlichen Anträge beim Gewerbeaufsichtsamt der Stadt, an dem die Dreharbeiten stattfinden, stellen kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- Kind und Eltern müssen über den Umfang der Dreharbeit informiert und einverstanden sein. Ihr Einverständnis müssen die Eltern oder Erziehungsberechtigten des Kindes der Produktion schriftlich bestätigen.
- Die Schulleitung der zuständigen Schule des Kindes muss der Mitarbeit des Kindes zustimmen, auch wenn die Drehzeit nur an den Wochenenden oder an Nachmittagen liegt. Auch dies muss der Produktion schriftlich vorliegen.
- Der Kinderarzt des Kindes muss eine Unbedenklichkeitsbescheinigung abgeben, das dritte Schriftstück, welches der Produktion vorliegen muss.
- Das Jugendamt muss bestätigen, dass keine Bedenken gegen die geplante Beschäftigung des Kindes/Jugendlichen bestehen.
Zeitplanung!
Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass der Drehplan, den Sie für das Projekt aufstellen, berücksichtigt, dass ein Kind am Tag maximal 3 Stunden Dreharbeit, ausreichende Pausen bei maximal 5 Stunden Anwesenheit am Drehort haben darf. Das ist extrem wenig, wenn man bedenkt, dass in den 5 Stunden ja auch Maskenzeit, Garderobe, in der Pandemie auch noch Coronatests etc. untergebracht werden müssen. Ein Zeitplan für das Kind und eine Ärtztliche Bescheinigung könnten so aussehen:
Arbeitszeit von 9:30 bis 10:30 |
Ruhepausen von 10:30 bis 11:00 |
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Anwesenheit von 9:00 bis 14:00 |
Betreuung
Ferner muss ein-e vorzugsweise pädagogisch geschulter Kinderbetreuer-in, oder aber ein Elternteil des Kindes bei der Dreharbeit dabei sein und das Kind auch von Zuhause zum Drehort und zurück begleiten.
Ein Ruheraum, abseits vom Drehort muss für das Kind zur Verfügung gestellt werden. Wenn man all diese Dinge eingeplant hat, kann man beim Gewerbeaufsichtsamt Anträge für die „Beschäftigung Minderjähriger bei Filmaufnahmen“ stellen. Diese Anträge sollten mit längerer Vorlaufzeit gestellt werden. Je nach Stadt kann die Bearbeitung schon mal 3 Wochen dauern. Wichtig: Änderungen des Drehplans dem GAA (Gewerbeaufsichtsamt) stets sofort mitteilen!
Aus Zeitgründen sollte man in der Drehplanung versuchen, möglicht zuerst die Shots auf die Kinder abzudrehen. Um auch Reaktionen etwa von Erwachsenen gleich mit einfangen zu können, bietet sich eine zweite Kamera an, welche die erwachsenen Personen parallel mitdreht.
Und... Bitte
Pro Bescheid fällt eine Gebühr an, die Höhe hängt von der Stadt ab, in München sind incl. Auslagen 25,- Euro üblich. Diesen Bescheid sollte der Set-Aufnahmeleiter am Drehtag und Ort unbedingt dabei haben. Die Gewerbeaufsichtsämter und auch die Polizei prüft stichprobenartig die Einhaltung der Auflagen des Jugendarbeitsschutzgesetzes.
Das klingt alles ein wenig nach „harter Kinderarbeit“, ist aber natürlich zum Schutz der Kinder gedacht. In der Realität fühlen sich die Kinder am Set sehr wohl und haben Freude an den Dreharbeiten. Dass diese Genehmigung auch für junge Nebendarsteller und Komparsen erforderlich ist, versteht sich von selbst.
Österreich und Schweiz
Die gesetzlichen Regelungen sind übrigens in der Schweiz und Österreich etwas anders.
In der Schweiz etwa, sind die Arbeitszeiten vor allem für Kinder unter 13 Jahren eingeschränkt. Hier gilt, dass pro Tag maximal 3 Stunden und pro Woche insgesamt 9 Stunden gedreht werden darf.
Jugendarbeitsschutzgesetz der Schweiz: https://www.ssfv.ch/?action=get_file&language=de&id=77&resource_link_id=eb
In Österreich sind die Richtlinien nicht so klar definiert. Theoretisch dürfen Kinder in den Schulferien bis zu einem Drittel der Ferienzeit drehen.
Mehr dazu im Österreichischen Beschäftigungsgesetzt für Kinder und Jugendliche: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008632
Einen Guide für Kinderdrehgenehmigungen hat die Film Commision Stuttgart herausgegeben: https://film.region-stuttgart.de/fileadmin/user_upload/service/Downloads/Merkblaetter/Kinder_Merkblatt_190828.pdf
Formulare für die Genehmigung durch Eltern, Schule und Kinderarzt gibt es hier im MS Word Format als Download