Eigentlich kann nur jemand, der mehrere Dreharbeiten erlebt und gut überstanden hat, verstehen, weshalb es Sinn macht, sich über die Bekleidung am Set Gedanken zu machen. Das man optimales technisches Equipment am Set benötigt, leuchtet ja noch ein, aber die Kleidung? Das kann doch so schwer nicht sein, der eigene Kleiderschrank sollte doch den meisten Situationen gewachsen sein, oder?
Nicht ganz. Dreharbeiten haben ziemlich viel gemein mit Expeditionen. Man ist für einen relativ langen Zeitraum von seiner gewohnten Umgebung fern, hat keinen Schrank oder Schreibtisch dabei und sollte deshalb immer alles Erforderliche dabei haben, sonst drohen schwerwiegende Verzögerungen. Je nach Aufgabenbereich muss man am Set Drehbuch, Bild/Ton Negativberichte, Stifte, Schwämmchen, Make-Up, Walky-Talky, Messband, Fotoapparat, Taschenmesser, Werkzeuge, Arbeitshandschuhe, Kreide, Boardmarker, Handy, Schere, Lassoband, Gaffer-Tape, Pinsel, Leder etc. bei sich tragen.
Jacken
Da man meistens die Hände zum Arbeiten frei haben will, kann man keine Köfferchen am Drehort herumtragen. Es wird schnell klar, dass man seine Sachen möglichst am Körper tragen sollte. Zweckmäßige Jacken sollte also möglichst vielseitige, und zahlreiche Taschen anbieten, um alles Erforderliche unterbringen zu können. Selbstverständlich spielt auch die Lage der Taschen ein wichtige Rolle, zwei in optimaler entspannter Armposition braucht man allein, um sich bei Kälte die Hände wärmen zu können. Die Handytasche sollte leicht ohne Verrenkungen erreichbar sein (Nicht vergessen: Nur in Drehpausen. Wenn gedreht wird sollten alle Handys aus sein).
Nicht ganz unwichtig ist auch das Temperaturverhalten der Jacken. Am Set kann es vorkommen, dass man sehr lange an einer Stelle verharren muss. Laufen, um sich zu wärmen ist nicht. Die Jacke sollte also auch bei großer Kälte absolut vor Wärmeverlust schützen, zugleich aber atmungsaktiv sein. Eine Jacke für alle Jahreszeiten gibt es eigentlich nicht, mindestens zwei, eine für Frühjahr und Herbst, sowie eine Winterjacke mit wärmendem Innenfutter sind sinnvoll.
Wasserdicht sollten sie sein, und hochwertige Kapuzen haben, denn die engen Budgets bei Produktionen erzwingen Drehtage bei fast jedem Wetter. Hinzu kommen Situationen mit künstlichem Regen, bei denen es wichtig ist, auch unter der Feuerwehrdüsen noch trocken zu bleiben.
Damit man an den oft recht engen Sets nicht ringsum alles umschmeißt, sollten Jacken nicht aufgebläht wie Pellwurst sondern grundsätzlich eng geschnitten oder noch besser, taillierbar sein. Das Obermaterial sollte möglichst geringe Raschel- Geräusche beim Gehen oder Bewegen erzeugen, der Ton wird es Ihnen danken.
Westen
Wie die Jacken sollten die Westen möglichst vielfältige Unterbringungsmöglichkeiten in Form von Taschen anbieten. Für kältere Drehs sind gefütterte, für warme Tage strapazierfähige Baumwoll-Westen zu empfehlen. Mindestens vier weite Taschen sollte die Weste haben, je mehr Einteilungen desto besser.
Farbgebung
Wer sich von seinem Job her häufig in Gefahrenbereichen aufhält, etwa unter Kamerakränen, Scheinwerfern oder gar zum Absperren auf Verkehrswegen stehen muss, sollte auffällige gut sichtbare Farben wählen, etwa Orange oder Rot. Wer eher unauffällig bleiben will oder sollte, etwa wenn man sich als Regieassi unter die Komparsen mischen muss oder an der Kamera steht und nicht in Spiegelungen im Set sichtbar werden darf, sollte eher dunklere Farben, vorzugsweise Schwarz wählen.
Gürteltaschen
Wenn die eigene Jacke zu wenige Taschen anbietet oder es einfach zu warm ist und man nur ein T-Shirt trägt, können Gürteltaschen den notwendigen Platz anbieten. Speziell für Kamerabühne oder Licht eignen sich Gürteltaschen, bei denen einzelne Fächer die Aufnahme auch von Schraubenzieher, Zange und Taschenmesser erlauben. Auch kleine Taschen zur Aufnahme von Wäscheklammern zu Befestigen von Filterfolien an den Scheinwerfern sind recht nützlich. Standfotografen können hier ihre belichteten und unbelichteten Filme bei sich tragen.
Solange das Stromaggregat nachts noch draußen läuft, findet man sich beim Arbeitslicht noch halbwegs zurecht. Aber irgendwann wird auch das ausgeschaltet, dann sind Taschenlampen angesagt, gut wenn man eine am Körper trägt. Auch für Walkies mit Headset sind Gürteltaschen ideal, falls man keine Jacke hat, die entsprechende Taschen bereitstellt.
Für Maskenbildner gibt es Gürteltaschen mit den wichtigsten Utensilien zum Auffrischen und Abtupfen in der Szene, für Kostümbildner Taschen für Textilbürste, Fusselbürste, Nähzeug etc.
Wer die Klappe schlägt (z.B. Materialassi, Script etc.) braucht sinnvollen Stauraum für Stifte, Schwämmchen, Lassoband und evtl. Negativbericht. Auch hier helfen Gürteltaschen weiter.
Riemen, Gurte, Schlaufen
Mit An- und Umhängeriemen, an denen sich Karabinerhaken oder Klettverschlüsse befinden, kann man einzelne Objekte auch anhängen, damit man sie nicht verliert. Beleuchter haben auf diese Weise ihre Arbeitshandschuhe, Gaffer Tape oder Lassoband am Gürtel. Kameraassistenten befestigen so oder mit einer kleinen Tasche ihr Messband am Gürtel.
Handschuhe
Beleuchter müssen am Set schwere Scheinwerfer, Stahlstative, Gerüste, Vorschaltgeräte und vieles Andere mehr Tragen, Aufstellen und Einrichten. Um die Hände zu schützen und besseren Halt zu haben, sind Arbeitshandschuhe aus Leder sehr sinnvoll. Für Sommerdrehs gibt es auch Fingerlose Lederhandschuhe. Die einfache Variante gibt es im Autozubehör, doch es lohnt sich, ein paar Euros mehr in gute Handschuhe zu investieren. Professionelle Beleuchter-Handschuhe gibt es im Movie-College-Shop
Für die übrigen Jobs sind bei Kälte Fingerhandschuhe zu empfehlen, damit man sich beim Bedienen irgendwelcher Geräte nicht jedes Mal die Handschuhe ausziehen muss. Das Non Plus Ultra in diesem Bereich sind "Handschuhe mit Fingerkappe", die sowohl wie Fäustlinge funktionieren, als auch, wenn man den vorderen Teil abklappt, darunter Fingerhandschuhe sind, bei denen die Fingespitzen frei sind. So kann man perfekt Geräte bedienen.
Schuhe
Für alle Jobs sind grundsätzlich Kunststoffsohlen angesagt, Ledersohlen machen einfach zu viel Lärm, das schadet dem guten Ton. Bitte auch darauf achten, dass die Gummisohlen nicht auf glatten Böden quietschen. Bei Winterdrehs unbedingt auf gute Wärmeeigenschaften achten, nichts ist schlimmer am Set, als wenn man stundenlang in der Kälte stehen muss und die Füße kaum mehr spürt. Grundsätzlich sind gute Outdoor-Schuhe etwa zum Bergwandern auch für Drehs in kalten Jahreszeiten optimal geeignet.
Das lange Stehen an kalten Drehorten macht es nicht so einfach, den kalten Boden nicht zu spüren. Hier helfen entsprechend gut isolierende Winterstiefel,- viele davon stammen aus Kanada, wie etwa die Boots von Sorel. Wer keine hat oder wenn die nicht ausreichten, waren akkubetriebene Schuhheizungen ein rettendes Ad-On. Inzwischen gibt es mit Sohlenwärmern (Wärmepads) von Heat Company hervorragende Alternativen, sie halten einen ganzen Drehtag hindurch warm und kommen ohne giftige Chemikalien aus.
Auf Schnee und Eis sind entsprechende Profile wichtig, wer eine Kamera für 50.000 Euro auf der Schulter trägt, sollte darauf achten, nicht mit dem guten Stück auszurutschen.
Wer häufig mit schwerem Equipment hantiert, insbesondere Beleuchter und Kamerabühnenleute, kann seine Füße vor Verletzungen durch schwere Stative, Gegengewichte etc. durch Schuhe mit Metallkappen schützen. Die gibt es natürlich bei Herstellern für Berufskleidung aber teilweise auch in normalen Schuhgeschäften. Der britische Schuhhersteller Doc Martens produziert solche Schuhe auch für die englische Polizei und Armee.
Hosen
Was für Jacken gilt, gilt auch für Hosen- möglichst viele große Taschen sollten sie haben. Da man am Set selten ausreichend Stühle vorfindet, setzt man sich halt da hin, wo Platz ist, auf den Boden, auf Steine, Kies oder ins Gras. Robustheit ist also ein zweites Kriterium bei der Wahl. Deshalb trifft man häufiger die Bundeswehr-Kampfhosen am Set, die haben viele Taschen, allerdings können die Knöpfe beim schnellen öffnen und schließen schnell nerven.
Praktischer sind daher die sogenannten Cargo-Hosen, die etwas friedlicher aussehen und die es in Kurz und Langversion gibt. Reiss- oder Klettverschlüsse erlauben schnellen Zugang zu Werkzeugen etc. Zudem gibt es Regenfeste Ausführungen, die weil atmungsaktiv, auch schlechte Wetterlagen gut überstehen.
Wenn es sehr kalt ist beim Dreh, sind Isolationshosen dringend angesagt. Mit synthetischen Fasern sind sie kompakter,- Daunenhosen sind hier einfach zu sprerrig und voluminös.
Kappen
Bei stundenlangem Warten unter brühender Sonne sind Kappen (möglichst in hellen Farben oder Weiß, wegen der Reflektion) eine große Hilfe. Sie schützen den Kopf und das Gesicht vor zu starker Sonneneinwirkung.
Es kommt darauf an...
Wer sich mit seiner Kleidung auf die Drehbedingungen, die Notwendigkeiten von Kamera und Licht und das Wetter richtig einstellt, der kann mit allen Drehsituationen gut zurecht kommen.