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Vom Anfang zum Ende...

Es soll Leute geben, die als ersten Ansatz für ein neues Drehbuch einen guten Schluss im Kopf haben und dann beginnen, eine Geschichte auf diesen hin zu schreiben. Beneidenswert, schließlich ist der Schluss eines Drehbuchs beinahe noch wichtiger als der Anfang.

 

Der Anfang ist vor allem wichtig für das Anbieten des späteren Drehbuchs. Die ersten paar Seiten entscheiden darüber, ob das Buch weitergelesen oder auf den großen Stapel gelegt wird. Der Zuschauer akzeptiert durchaus auch einen behutsamen Anfang, wenn er durch eine gute Geschichte belohnt wird.

 

Der Schluss aber ist der Punkt, auf den die ganze Geschichte zusteuert, jener Ausklang, mit dem der Zuschauer das Kino verlassen und die Geschichte im Gedächtnis behalten wird. Hier zeigt sich, ob all das, was man im Verlauf der Geschichte aufgebaut und angelegt hat, sich auszahlt. Ob es sich gelohnt hat. Gelohnt zu lesen, gelohnt, so lange im Kino oder vor dem Fernseher zu verweilen.

 

Ein guter Schluss lässt sich nicht durch Handwerk, durch Beachten von Aktstrukturen oder sonstigen Lehrbuchweisheiten erzielen, er verlangt Eingabe, Fantasie, Mystik. Was man aber, ganz gleich, mit welcher guten Idee sich der Schluss ausgestaltet, vorab entscheiden kann und sollte, ist die Ausrichtung, die dieser haben sollte. Schließlich möchte man mit seiner Geschichte ja etwas vermitteln, ein Ergebnis, eine Philosophie, ein Gefühl oder alles zusammen im Zuschauer hinterlassen.

 

Rezepte

Moment der Entscheidung

Je einfacher eine Geschichte strukturiert ist, desto leichter fällt es, ihr ein klares, entschiedenes Ende zu geben. Western, bei denen Halunken gegen Helden kämpfen, erlauben einfache, klare Schlussszenen. Klassische Love-Storys steuern zielsicher auf den Moment zu, in dem die Liebenden sich endlich kriegen. Doch wie das Leben, so sind auch die Geschichten, von denen heutige Filme erzählen, komplexer geworden. Aber das ist gut so, unser Alltag und unsere Wahrnehmung sind schließlich auch differenzierter.

 

Konsequent

Im Verlauf der Geschichte hat man eine Vielzahl an Gegebenheiten und Regeln geschaffen. Man hat Filmfiguren eingeführt, deren Verhaltensmuster und Charaktere der Zuschauer kennt. Soziale und kulturelle Bedingungen wurden für die Charaktere beschrieben. Von den wichtigsten Filmfiguren kennt man die Absichten, Hoffnungen und Wünsche. In diesen Vorgaben sind eigentlich schon verschiedene Varianten eines Filmendes angelegt. Der Schluss des Filmes sollte also logisch und folgerichtig aus diesen Vorgaben hervorgehen. Es wäre absurd, am Ende des Films all das über den Haufen zu werfen und ein künstliches Ende zu erfinden. Zugleich erwartet der Zuschauer auch eine Veränderung, eine Auflösung. Ein Film der zum Ende im gleichen Zustand verharrt, wie der Beginn, sollte in der dazwischenliegenden Zeit unbedingt eine Menge wichtiger Ereignisse und Veränderungen erzählt haben. Nur so kann man den Rückfall in den Anfangszustand als dramaturgisches Mittel akzeptieren.

 

Sinnvoll

Für den Zuschauer ist ein Schluss wünschenswert, bei dem er insgeheim sagen kann: Gut oder richtig so. Wenn sich das Gefühl einstellt, dass es gar nicht anders hätte kommen können, selbst wenn der Zuschauer das Ende so gar nicht vorhergesehen hat, dann ist es stimmig. In diesem Zusammenhang spielt auch die moralische Erzählhaltung eine wichtige Rolle. Der Schluss sollte innerhalb dieser Moralität angesiedelt sein.

 

Offen

Das, was wir häufig als offenes Ende bezeichnen, ist eigentlich selten wirklich offen. Wenn Filmfiguren gegen Ende in einem ambivalenten Verhältnis zueinander verbleiben, so war dies vermutlich auch schon vorher so angelegt. Wenn jemand gegen Ende mit einem großen „Ich weiß es nicht“ in seiner Welt zurückbleibt, so hat derjenige vermutlich auch vorher nicht allzu entschlossen sein Schicksal gelenkt. Im günstigsten Fall legt man als Autor verschiedene Varianten an, wie eine Situation oder Konstellation enden könnte, erzählt diese aber nicht zu Ende und überlässt es der Fantasie der Zuschauer, sich die Geschichte zu Ende zu erzählen.

 

Überraschend

So, wie man eigentlich über das ganze Drehbuch hinweg mit unerwarteten, aber nicht unlogischen Entwicklungen arbeiten sollte, so ist es natürlich die hohe Kunst, auch für den Schluss mit einer unerwarteten Auflösung aufzutrumpfen. Ein unerwartetes, zugleich logisches Ende ist die große Herausforderung, die Belohnung des Zuschauers für sein Warten.

Ohne ein „Daran habe ich gar nicht gedacht...“, also das Gefühl, ein paar Aspekte, die in der Geschichte angesprochen wurden, übersehen oder für unwichtig erachtet zu haben, gibt es auch keine Überraschung. Doch Vorsicht, nur der Zuschauer, nicht aber der Autor selbst, sollte von seinem Ende überrascht werden.

Strebt man ein überraschendes Ende an, so muss sich beim Schreiben fragen, welcher Aspekt, welche Fragestellung es sein könnte, die den Zuschauern unbekannt sein könnte. In einer Kriminalgeschichte kann das die Frage nach dem Täter oder danach, wie oder wann derjenige seine Tat vollbringen konnte, sein.

 

Der Anfang vom Ende

Wie auch immer, das Ende ist nicht losgelöst von der vorherigen Geschichte und jedes, aber ganz besonders ein unerwartetes Ende, will gründlich vorbereitet sein. Wer ein Drehbuch schreibt, und erst am Ende entscheidet, ob das Ende heiter oder tragisch sein wird, hat möglicherweise während des ganzen vorherigen Schreibprozesses einen Teil seiner Aufgaben vernachlässigt. Wer einem Buch ein Ende aufsetzt, welches gar nicht vorbereitet wurde, der lässt einen unzufriedenen Zuschauer zurück.

Es reicht nicht, zu meinen, die Zuschauer würden den Film mögen, nur weil sie ein Happy End bekommen. Wenn Ihr Happy End nicht logisch ist und innerhalb der Absichten und Möglichkeiten Ihrer angelegten Filmfiguren liegt, so akzeptiert der Zuschauer es nicht wirklich, auch wenn es noch so „happy“ ist.

Welches Ende auch immer Sie gestalten werden, denken Sie bereits ab der ersten Seite Ihres Drehbuchs darüber nach, und bereiten Sie es vor.

 

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