Künstlerseele vs. Filmemachen
Das liegt nicht Jedem, sich auf Empfängen inmitten vieler Menschen, die man vielleicht gar nicht kennt, zu bewegen. Es gibt nicht wenige FilmemacherInnen, denen öffentliche Filmveranstaltungen, Empfänge, Premieren, Preisverleihungen unangenehm sind und die sich deshalb von diesen fern halten. Das ist sogar ziemlich häufig so, denn gerade Kreative brauchen für ihre Arbeit eher die Einsamkeit in der sie über den Stoff und die Figuren nachdenken können. Deshalb sind sie vielleicht manchmal introvertierter, zurückhaltender, was derartige Veranstaltungen angeht.
Ihr hasst Small Talk oder die unangenehmen Fragen, wann man denn endlich seinen nächsten Film dreht und warum es so lange gedauert hat, ohne dass man ein neues Projekt verwirklicht hat? Trotzdem gibt es gute Gründe, die eigene Zurückhaltung zu überwinden, wenn man möchte, dass der nächste Film entsteht und gesehen wird. Dafür benötigt man nun mal ProduzentInnen, Förderer, SchauspielerInnen, Teammitglieder, RedakteurInnen, VerleiherInnen etc. Und all diese Leute kommen einfach nicht zu Euch in die WG oder Wohnung.
Aller Anfang...
RedakteurInnen, bekannte SchauspielerInnen EntscheideInnen,- auf Empfängen, Festivals und anderen Veranstaltungen besteht die Chance, dass man ihnen begegnet. Manchmal wenn man ganz am Anfang steht, denkt man, man müsse nur mit einer "wichtigen" Person sprechen und die Karriere ist gemacht. Leider ist es nicht ganz so simpel und vor allem,- man kann nur stets über die Dinge sprechen, die man vorzuweisen hat. Wer also die aus seiner / ihrer Sicht geniale Idee hat, aber noch nie einen noch so kurzen, halbwegs professionellen Film gemacht hat, wird sich schwer tun, irgendetwas zu bewegen.
Leider muss man insbesondere im künstlerischen Bereich erst einmal durch eigene Arbeiten aufgefallen sein, etwa durch Festivalerfolge, gute Kritiken vielleicht sogar Kinostart oder Ähnliches, damit Menschen Vertrauen in ein mögliches künftiges Projekt investieren. Das ist die erste wichtige Voraussetzung, um vielleicht solch einen Gesprächskontakt fruchtbar für das nächste Projekt nutzen zu können. Und man sollte das neue Projekt in kurzen, spannenden Formulierungen vorstellen können (Pitch) um das Interesse des Gegenübers zu wecken.
Einladungen
Empfänge, die anlässlich von Festivals, Filmpremieren, Medienkongressen etc. stattfinden sind natürlich nicht für Jeden zugänglich. Das hat einerseits mit den begrenzten Kapazitäten, mit Kosten und natürlich auch damit zu tun, dass man Fans oder Leute, die nur mal Promis aus der Nähe sehen wollen, lieber fernhalten möchte. Wer bereits in der Branche etabliert ist, erhält häufig die Einladungen automatisch.
Manchmal kümmern sich auch die Professoren von Filmstudenten darum. Ich habe beispielsweise zu verschiedenen Filmfestivals (Berlinale, Münchner Filmfest etc.) Filmstudenten auf Exkursion mitgenommen und mich auch darum bemüht, wo es möglich war, Einladungen für sie zu erhalten. Wer Film studiert oder zum ernsthaften filmischen Nachwuchs gehört, sollte eigentlich auch Zugang zu solchen Empfängen erhalten. Infos zu diversen Empfängen findet Ihr beispielsweise in den verschiedenen Berlinale-Tagebüchern: Berlinale Blog 2020 Berlinale Blog 2019 Berlinale Blog 2018 Berlinale Blog 2017 oder den Artikeln über Events beim Münchner Filmfest: Filmfest Events 2018 Filmfest Events 2017 usw.
Manche Veranstaltungen wie die Medientage München die Hofer Filmtage oder das Max Ophüls Filmfestival haben eigene Angebote für den Medien-Nachwuchs um sich zu informieren und zu vernetzen.
Natürlich kann man sich auch selbst im Vorfeld von Festivals um Einladungen zu solchen Empfängen kümmern. Dazu kann man die verschiedenen Veranstalter von Empfängen einige Monate vor dem Event bzw. Filmfestival anschreiben, sich kurz vorstellen und erläutern, dass man gerne anlässlich des Empfangs VertreterInnen des jeweiligen Senders, Produktionshauses, Verleihs etc. ein neues Projekt vorzustellen. Natürlich gilt auch hier,- man sollte im Idealfall schon etwas vorweisen können, was Professionalität beweist.
Das wahre Leben
Viele Dinge die für einen Film notwendig sind, kann man einfach nicht per Computer, Tablett oder App erledigen. Der Besuch von Veranstaltungen, Panels etc. gehört zu den notwendigen Hausaufgaben und oft genug sind hier die ersten Schritte hin zu einer Realisierung eines Projektes möglich.
Networking ist eine genau so wichtige Arbeit bei der Herstellung von Filmen, wie das Schreiben von Drehbüchern oder die Regie. Dabei wird man zu Beginn inmitten lauter fremder Leute stehen, man weiß nicht, welches Gesicht mit welcher Position in der Branche verbunden ist. Man muss diese Leute auch zunächst einmal gar nicht kennen. Es kommt mehr darauf an, in wessen Nähe man sich aufhält.
Wenn Ihr beispielsweise bereits eine Person kennt, die wieder viele andere Personen kennt, dann haltet Euch möglichst lange in deren Nähe auf, derjenige wird Euch dann schon die Menschen vorstellen, die ihn/sie ansprechen.
Die Geduld und Ausdauer, die man braucht um die richtigen Leute kennenzulernen oder vorgestellt zu bekommen, ist mindestens genauso wichtig, wie Talent und handwerkliches Können.
Habt keine merkwürdigen Konkurrenzgefühle. Eure Kolleg-inn-en sind wichtige Gesprächspartner, der Austausch ist wichtig und die Zusammenarbeit macht stark und bringt einen auf neue Ideen. Haltet Euch von Schwätzern fern, sucht die Nähe von Leuten, die Euch fordern und zugleich anspornen.
Man sollte von dem Projekt an dem man arbeitet, auch tatsächlich begeistert sein. Will man Andere überzeugen, ist die eigene Begeisterung ein wichtiger Motor. Und wenn Ihr von Eurem Vorhaben erzählt, vergesst nicht: Die Leute wollen eine starke Story hören, für das verwendete Kameramodell, die Auflösung und sonstige technische Hintergründe, interessieren sich die wenigsten.