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Bewerbung

 

Der Traum vom Studium

Sehr viele haben bisher den Traum von einem HFF-Studium geträumt, ohne dass er in Erfüllung ging. Auch ich musste bereits im vergangenen Jahr die Enttäuschung einer Absage hinnehmen und auf einen zweiten Versuch warten. Nach langem Hin und Her, ob denn die erneuten Mühen überhaupt sinnvoll sind, habe ich jedoch beschlossen, nicht locker zu lassen und mich ein zweites Mal für den Studiengang "Produktion" an der HFF zu bewerben. Natürlich wusste ich, dass auch diesmal viel Arbeit auf mich zukommen würde und die Chancen für eine erfolgreiche Bewerbung nicht gerade vielversprechend sind. Dennoch blieb ich konsequent und sei es auch nur, um später sagen zu können, ich hätte alles in meiner Macht stehende versucht. Ich begann also erneut mit der Lösung der gestellten Aufgaben.

Nach beinahe einem Monat intensiver Arbeit, einem zähen Ringen um jede "Schreibmaschinenzeile" und einem endlosen Verwerfen von Filmstoffideen war nun endlich das große Werk, das über meine Zukunft entscheiden sollte, fertig. Sprichwörtlich in der letzten Minute der Eingangsfrist habe ich höchst persönlich das Sekretariat der HFF betreten, um desillusioniert mit anzusehen, wie meine Mappe, als eine unter vielen, auf einen riesigen Stapel geschmissen wurde. In der Hoffnung, diese blaue Mappe nicht so bald wieder zusehen (oder am besten nie wieder) begann nun vom 31. März 2003 an das große Warten. Fortwährenden Fragen von Außenstehenden, wie lange es denn noch dauern könnte, begegnete ich inzwischen mit abgeklärter Routine und stets gleicher Antwort, dass vor dem Juli sowieso nichts zu erwarten sei.

In Wahrheit zählte ich jedoch jeden Tag und malte mir abenteuerliche Storys aus, wie wohl meine Bewerbung angekommen sei. Um meine angespannten Nerven ein wenig zu beruhigen, begann ich bereits im Mai mit der Vorbereitung auf ein mögliches Kolloquium. Da ich jedoch nicht genau wusste, wie so eine Vorbereitung aussehen könnte, beschränkten sich meine Aktivitäten ausschließlich auf das aktuelle Geschehen, d. h. so viel wie möglich Filme sehen und täglich den Medienteil der großen Tageszeitungen studieren.

 

Einladung zum Kolloquium

Früher als erwartet und als erste Abteilung der HFF überhaupt, hat die Leitung für den Studiengang "Produktion" die Zusagen und Absagen versendet. Als ein Brief der Hochschule in meinem Briefkasten lag, bekam ich lediglich ein kleinlautes "Oh Gott" heraus. Hektisch riss ich den Umschlag auf und siehe da, ich war nach eingehender Prüfung der Bewerbung "zum weiteren Teil der Eignungsprüfung eingeladen". Da die Zusagen recht früh verschickt wurden, hatte ich bis zum Kolloquium sogar noch einen knappen Monat Zeit.

Noch am gleichen Tag brachte ich meine Teilnahmebestätigung zur HFF, schließlich sollte es ja an solchen Banalitäten nicht scheitern. Als die erste Freude verflogen war, begann sich bei mir jedoch Ratlosigkeit breit zu machen. Was kann ich jetzt noch tun? Engagiert begann ich mir einen Plan zu machen, was denn ein guter HFF-Student an Wissen mitbringen sollte. Filmgeschichte, Kenntnisse aktueller Branchennews, wichtige Kontaktadressen und Ansprechpartner, ein breites Repertoire wichtiger Namen von Regisseuren und Schauspielern etc., einen Überblick über aktuelle Neuerscheinungen, praktisches Know-how usw.

Je mehr Zeit verstrich, desto mehr machte ich mir über mögliche Detailfragen der Kommission Sorgen, die mich möglicherweise in eine ernste Bredouille bringen könnten. Trotz der Beschwichtigungen zahlreicher Freunde und Studenten, die bereits an der Filmhochschule studieren, war ich mir sicher, dass mich ein gnadenloses Kreuzverhör erwarten würde.

 

Der große Tag

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Bereits beim Aufwachen lag mein Puls weit über normal. Trotz wenig Schlaf war ich früh auf den Beinen. Unnötiger Zeitdruck war an diesem Tag das letzte, was ich hätte gebrauchen können. Obwohl mein Kolloquiumstermin für 14.30 Uhr angesetzt war, betrat ich die Filmhochschule bereits eine Stunde früher. Dies erwies sich als die richtige Entscheidung,  da vor dem Kolloquiumsraum zwei Produktionsstudenten platziert wurden, die den Eingeladenen ein paar hilfreiche Tipps mit auf den Weg geben sollten.

So viel Entgegenkommen hatte ich bis dahin von der HFF nicht erwartet. Auf diese Weise verblasste inmitten des lockeren Gesprächs jegliche Anspannung und das Gefühl einer Prüfungssituation. Leider gewann ich in dieser Stunde auf dem Gang auch den Eindruck, dass die Prüfungskommission ebenso locker mit der Situation umgeht. Ständig erschien eine aufgeregte Sekretärin, die unbedingt eine Unterschrift einholen wollte.

Im Nebenraum läuteten Handys, dessen Klingeltöne die HFF-Studenten bereits den Professoren zuordnen konnten. Ich hatte nach und nach das Gefühl, als wäre das Kolloquium nur eine Nebensächlichkeit im laufenden Betrieb. Spätestens hier wurde mir dann wirklich bewusst, dass ich die Vorbereitung viel zu ernst genommen habe.

 

Das Gespräch

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Meine bildlichen Vorstellungen von einem Kreuzverhör entsprachen zunächst überhaupt nicht der tatsächlichen Sitzordnung. Statt einer gegenüberliegenden Platzierung waren die Tische zu einem Viereck zusammengestellt. An drei Seiten nahmen die Professoren der einzelnen Abteilungen Platz, die vierte Seite war für den hoffnungsvollen Anwärter reserviert. Die Leitung des Gesprächs übernahm Prof. Manfred Heid, Leiter des Studiengangs Produktion. Mit von der Partie waren darüber hinaus weitere vier Professoren und Dozenten der verschiedenen Abteilungen, sowie zwei Beisitzer.

Entgegen meiner Kreuzverhörhypothese begann Prof. Heid mit einer kurzen Vorrede, statt gleich Schlag auf Schlag in das Gespräch einzusteigen. Doch auch im weiteren Verlauf überraschten mich die Fragen nur durch ihre Vorhersehbarkeit. So wurde ich u. a. nach meiner Motivation für diesen Studiengang befragt, wie ich mich auf die Ausarbeitung der schriftlichen Fragen vorbereitet habe, was ich für Filme produzieren würde, was ich tun würde, wenn mich die HFF nicht nimmt, für wen ich denn eigentlich Filme produzieren möchte usw. All die spezifischen Detailfragen, die mir im Vorfeld so großes Kopfzerbrechen bereiteten, blieben aus. Als einziger Stolperstein erwies sich im Nachhinein der Leiter der Spielfilmabteilung. Dieser war meinem Filmstoff gegenüber skeptisch, den er als zu intellektuell einstufte und dessen Erfolg er ernsthaft bezweifelte. Auch meine prompte und ausschweifende Rechtfertigung konnte ihn im Endeffekt nicht wirklich überzeugen.

Trotz allem vergingen die 20 Minuten Kolloquium recht schnell, Prof. Heid nickte mir häufig zustimmend zu und ich verließ die lockere Gesprächsrunde mit einem guten Gefühl. Doch nur wenig später drängten sich mir Zweifel auf. Haben die Professoren in so kurzer Zeit einen richtigen Eindruck von mir gewonnen? Vor allem die Debatte um den intellektuellen Gehalt meines Filmstoffes hatte nach meiner Meinung einen zu großen Stellenwert im Gespräch, so dass ich letztlich im Licht eines publikumsfremden Produzenten stand. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Aspekte glaubte ich nun zu entdecken, die gegen mich ausgelegt werden könnten. Hätte, wäre, könnte... Am Ende hatte ich überhaupt keine Meinung mehr. Es begann wieder die Zeit des Wartens.

 

Die Entscheidung

Zu meiner Überraschung wurde mir bereits während des Gesprächs mitgeteilt, dass die Entscheidung über den Ausgang des Kolloquiums zwei Tage später telefonisch mitgeteilt wird. 48 Stunden und doch eine Ewigkeit, in der ich das Kolloquium mehrmals vor meinem geistigen Auge neu erlebte und gleichzeitig alle erdenklichen Vor- und Nachteile, alle möglichen Szenarien durchspielte. Am besagten Tag fasste ich mir schließlich ein Herz und wählte die angegebene Nummer. Es meldete sich die Sekretärin, ich nannte meinen Namen, sie wiederholte ihn und sagte trocken: "Sie sind leider nicht genommen! Wiedersehen."

Mit einer Sekunde war ich nicht nur aus der Leitung geworfen worden, sondern auch aus dem Studiengang, meinen Träumen und allen anderen erdenklichen Szenarien. Von nun an hatte ich also mit einer Entscheidung zu leben, dessen Gründe nur vage nachvollziehbar waren und keine Begründung folgen ließen. Auch die schriftliche Absage einige Tage später ergab nicht viel mehr Aufschluss über Auswahlkriterien und Gründe der Ablehnung. Selbst bei einem Gespräch mit der Studienberatung wurde mir nur erläutert, dass ich "unter dem Durchschnitt" lag.

Was sich aber hinter dem Begriff "Durchschnitt" verbirgt, wenn man ausschließlich Fragen zur eigenen Persönlichkeit gestellt bekommt, konnte mir nicht so recht beantwortet werden. Letzten Endes zeigt dies aber auch, dass sich die HFF durchaus der subjektiven Dominanz der Entscheidungen bewusst ist. Wie will man auch charakterliche Eigenschaften objektivieren? Dieser Trost kam für mich aber zu spät. Statt dessen durfte ich wenig später meine Bewerbungsmappe wieder in Empfang nehmen, die ich doch eigentlich nicht so schnell wieder sehen wollte.

 

Bedenken und Ratschläge

Im Grunde genommen ist die Ungewissheit vor dem Kolloquium und die Kürze der gesamten Prozedur die Hauptgefahr bei der Bewerbung. Ohne zu wissen, was einen erwartet, muss sich jeder Bewerber anhand der gestellten Fragen schnell gegenüber der Konkurrenz etablieren und sich ins rechte Licht rücken. Nicht immer fließen daher sachliche Komponenten in die Entscheidung ein. Studenten der HFF sprechen, wenn man die Zusammensetzung der einzelnen Jahrgänge beobachtet, sogar von festgelegten Präferenzen der Professoren im Vorfeld des Auswahlverfahrens. D. h., mal werden eher jüngere unerfahrene Bewerber genommen, im nächsten Jahr wiederum ältere mit Berufserfahrung. Trotz dieser Unsicherheit kann ich dennoch jedem Bewerber einige Tipps geben, die man beim Kolloquium beherzigen sollte.

Zunächst sollte man das Kolloquium auf keinen Fall mit einer Prüfungssituation verwechseln. Es geht weder um Faktenwissen, noch um zu lösende Aufgaben. Diese Prüfung erfolgte ja bereits mit der schriftlichen Bewerbung. Das Gespräch dreht sich vordergründig um den Anwärter, um beurteilen zu können, ob er in die Schule, zu den Kommilitonen bzw. zu den Professoren passt. Schließlich müssen die Dozenten ja vier Jahre tagtäglich mit den Studenten auskommen. Aus diesen Gründen ist es auch nicht ratsam, während des Kolloquiums aggressiv zu antworten. Wie bereits erwähnt, zählen vor allem Sympathiewerte. Daher sollte man die Kommission nicht als Prüfungsinstanz, sondern als Gesprächspartner auffassen. Bei all der Entspanntheit darf jedoch nicht die eigene unbedingte Motivation vergessen werden, die den unbändigen Willen, an der HFF studieren zu wollen, demonstriert.

Ferner sollte man sich bei dem Auswahlgespräch genau überlegen, was man sagt, ohne jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Zum einen ist es sehr bedenklich, wenn man lange Denkpausen einlegt, bevor eine Antwort formuliert wird. Dies stärkt nicht gerade den Eindruck der Authentizität. Zum anderen darf man sich nicht durch unüberlegte Wortwahl und Thesen um Kopf und Kragen reden. Wer Thesen von sich gibt, die er bei Nachfrage nicht begründen kann, stärkt ebenso nicht gerade ein authentisches Bild von sich. Daher ist es vielleicht ratsam, sich im Vorfeld zu einigen Grundfragen gute und kreative Gedanken zu machen, wie z. B. weshalb man an der HFF studieren möchte. Den Rest besorgen gute Rhetorikfähigkeiten, die eigene Persönlichkeit, Selbstüberzeugung und Glück.

In jedem Fall sollte man sich im Vorfeld noch einmal die eigene Bewerbung gut durchlesen. Auf diese Weise kann man besser erkennen, worauf die einzelnen Fragen der Professoren abzielen. Außerdem können im Gespräch jederzeit auch weiterführende Aspekte zu den schriftlichen Ausarbeitungen thematisiert werden. Wer sich dann an die gelösten Aufgabenthemen nicht genau erinnert, hat vergleichsweise schlechte Karten.

Wie gesagt: Die Vorbereitung auf ein Kolloquium ist nur eine vage Komponente und entscheidet nur selten über Erfolg oder Misserfolg. Dazu spielen bei der Auswahl des erlesenen HFF-Kreises unvorhersehbare Einflussfaktoren wie Sympathiewerte, die richtigen Fragen, die allgemeine Stimmung und Glück eine zu große Rolle. Aufgrund dieser subjektiven Entscheidungen der Prüfungskommission sind daher ein sicheres Auftreten, starke Persönlichkeit und Schlagfertigkeit das oberste Gebot.

Auch wenn man alle Ratschläge beherzigt und mit sicherem Gefühl aus dem Gespräch herausgeht, ja, selbst, wenn man angenommen wird, sollte man nie vergessen, dass die Aufnahmeverfahren stets einen gewissen Lotteriefaktor in sich tragen. Der sollte auch die eingeschriebenen Studenten davon abhalten, sich auf den Lorbeeren einer erfolgreichen Aufnahme auszuruhen. Strengt Euch bloß an, Leute, die spätere Branchenrealität ist das eigentliche Kolloquium, und da sind schon ziemlich viele begabungsfreie Absolventen durchgefallen.

 

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