Optische Weichmacher
Sie sind ein heikles Kapitel, arbeiten Filmkameraleute doch eher selten damit. Schließlich setzt man im Allgemeinen alles daran, möglichst scharfe und kontrastreiche Aufnahmen zu erzielen. Doch nicht nur alternde Filmschauspieler fordern gerne mal bestimmte Effektlinsen als optische „Verjüngungskur“ ein; Weichzeichner können noch ganz andere Aufgaben erfüllen.
Verwendungszweck
Sie können dramaturgisch einzelne Einstellungen oder Sequenzen als Rückblick, Traum, oder Vergangenheit kennzeichnen. Aber auch wenn eine sinnliche, romantische oder unschuldige Darstellung einer Szene gewünscht wird, kommen Weichzeichner zum Einsatz. Der Effekt sollte für den Zuschauer klar erkennbar sein.
Sie können bei Nahaufnahmen unruhige Haut und Altersfältchen verbergen. Damit können die durch weiche Ausleuchtung erzielten Wirkungen noch verstärkt werden. In diesem Fall ist es erstrebenswert, den Effekt für den Zuschauer möglichst unbemerkt einzusetzen.
Da man auf künstliche Weise die Schärfe, Fehlerkorrektur und Güte der Optik verschlechtert, wollen Weichzeichner-Effekte wohl dosiert sein. Sonst stellt sich schnell der Eindruck einer Aufnahme im Dampfbad ein.
Die Methoden
Welche Mittel gibt es, um Film- und Videoaufnahmen weich zu zeichnen?
1. Durch die Wahl der Optiken
Es gibt eigens für diesen Zweck konstruierte Objektive, bei denen sich der Effekt stufenlos oder in Stufen variieren lässt. Stufen haben den Vorteil, dass sich der Effekt besser reproduzieren lässt. Will man für Anschlüsse vergleichbare Aufnahmen machen, kann man die Einstellung leicht wiederfinden. Es handelt sich dabei um Objektive, bei denen die sphärische Abberation unterkorrigiert ist. Dies ist ein optischer Abbildungsfehler, der bei Objektiven üblicherweise unerwünscht ist und korrigiert wird. Bei Weichzeichner-Objektiven lässt sich die Korrektion jedoch bei Bedarf durch einen Einstellring vorne am Objektiv steuern.
Das eigentlich scharfe Kernbild wird dabei von einem unscharfen überlagert. Auf diese Weise entsteht der schmeichelnde bis impressionistische Effekt. Bekannte Objektive dieser Art sind z. B. das Imagon, Dreamagon oder die DC-Nikkore.
Ältere Objektive (z. B. die legendären Cooke-Festoptiken) bilden häufig ebenfalls etwas weicher ab und schmeicheln damit ein wenig bei den Nahaufnahmen.
2. Durch Kamerafilter
Eine simple Glasscheibe, die man anhaucht, auf die man Vaseline aufträgt oder die man mit Matt-Spray besprüht, kann bereits durch Lichtstreuung hervorragende Weichzeichner-Effekte erzeugen. Allerdings ist die genaue Wiederholbarkeit des Effektes recht schwierig.
Mit Blick auf die Wiederholbarkeit präziser sind da konfektionierte Filter, die durch strukturiertes, angeschliffenes Glas (Filter) den Effekt erzielen (z. B. die Tiffen SoftFX oder Pro-mist).
Diffusionsfilter sind darauf optimiert, die Spitzlichter im Motiv besonders fein und harmonisch in die Schatten hinein zu streuen sowie das Bild dadurch aufzuhellen. Sie sind als in Glas gefasste Farbdiffusionsfilter oder als metallbedampfte Folie erhältlich. Die Folie hat den Vorteil, dass man durch knüllen der Folie die Wirkung steuern kann.
Pastellfilter verteilen die Streuwirkung über das ganze Bild. Das Motiv enthält dadurch mehr Pastelltöne, die sehr harmonisch wirken können. Kontraste von Hell zu Dunkel werden durch starke Lichtstreuung auf ein gleichmäßiges Niveau reduziert, wodurch man eine leichte und luftige Atmosphäre erreicht. Vorsicht, bei diesem Filtertyp nicht überbelichten!
Center Spots, Sand Spots bzw. Ringfilter:
Diese Filter haben in der Mitte eine unbeschichtete Fläche, wodurch die Bildmitte scharf und kontrastreich abgebildet wird. Der Rand aber zeigt einen Weichzeichnungseffekt.
Eine Besonderheit sind in diesem Bereich die Zeiss Softare. Dies sind spezielle Kunststoffscheiben mit winzigen, eingearbeiteten Mini-Streulinsen. Im Gegensatz zu anderen Weichzeichner-Filtern haben diese den Vorteil, dass eine gewisse Grundschärfe erhalten bleibt. Zudem erzielen diese auch bei kleiner Blende noch Weichzeichnung, ohne die Tiefenschärfe zu reduzieren.
3. Durch Nylonstrümpfe
Bevor es die fertigen Glasfilter im Zubehörhandel gab, waren Damenstrümpfe der Geheimtipp. Man kann sie über die Frontlinse spannen, um das Bild weicher zu zeichnen. Der Effekt bei den Nylons hängt von der Dichte der Maschen im Gewebe ab. Jahrelang galten Seidenstrümpfe DIOR 10 als das Nonplusultra. Als das Modell eingestellt wurde, kaufte ein englischer Filterhersteller die Restbestände auf und verkaufte diese – auf Filterrahmen gespannt – mit hohen Gewinnmargen weiter. Inzwischen gibt es aber so vielfältige Glasfilter zum Weichzeichnen, dass man nicht mehr zwingend Strümpfe zerschneiden muss.
Sonstige Einflüsse
Welche Faktoren haben sonst noch Einfluss auf die Wirkung?
Der Sonnenstand oder die Lichtrichtung der Scheinwerfer. Wenn die Lichtlogik innerhalb des Motivs und die Kontinuität in Hinblick auf die anderen Einstellungen der Szene es erlauben, ist leichtes, gestreutes Gegenlicht optimal. Ein geringer Helligkeitsunterschied innerhalb des Motivs (Ausstattung, Kostüm, Kontrastumfang) kann den Effekt verstärken.
Die Brennweite des Objektivs. Wie wir wissen, wirken Nahaufnahmen mit längerer Brennweite einfach weicher. Je länger die Brennweite, desto größer ist auch in Kombination mit den oberen Hilfsmitteln der Effekt. Auch hier ist natürlich die Bildlogik und die Kontinuität innerhalb der Szene zu beachten.
Die Eingestelle Blende (je kleiner die Blendenöffnung, desto schwächer die Wirkung). Die Belichtung selbst sollte leicht in Richtung Überbelichtung gehen. Die Belichtungsmessung sollte man ohne Filter vornehmen und dann die erhaltene Blende um mindestens einen Wert oder falls angegeben, um den Filterfaktor weiter öffnen.