Was genau versteht man unter Videograph*Innen, was macht man da und wie wird man sowas? In der Filmbranche ist der Begriff unüblich, da arbeiten eher hochspezialisierte Kameraleute, Beleuchter, Tonleute und Cutter. Außerhalb der Filmbranche, in allerlei Unternehmen, Agenturen, Institutionen in denen auch Videos benötigt werden, sucht man schon eher Leute, die vielleicht nicht so spezialisiert und in den vorgenannten Arbeitsbereichen trotzdem versiert sind, sogenannte Generalisten.
Überall dort, wo "Gebrauchsvideos" benötigt werden, also aufgezeichnete oder live gestreamte Firmenmitteilungen, gefilmte Produktionsabläufe, Schulungvideos für Mitarbeiter*Innen, Lokalfernsehen, Lokalradio, Zeitungsvideos, Produktvideos, Erklärvideos, Recruitingfilme und vieles mehr, werden Allrounder gesucht, die mit Licht, Kamera, Ton umgehen und das Gedrehte auch noch schneiden, den Ton pegeln und die Farbkorrektur erledigen können.
Als Freelancer drehen Videographen auch für Privatleute Hochzeitsvideos, Imagefilme für Firmen oder auch Veranstaltungen. Gar nicht selten geschieht das unter hohem Zeitdruck, weil die Videos schnell (meistens im Internet) veröffentlich werden sollen. Man muss sich mit den Videoplattformen und Codecs auskennen um die Videos zeitnah auf Vimeo, YouTube etc. hochzuladen. In der Corona-Hochphase haben Videographen auch Kirchenmessen übertragen und Unterrichte und Vorlesungen aufgenommen.
Videograph ist, wie übrigens auch Regisseur oder Cutter kein geschützer Beruf, jeder kann sich so nennen und man kann auf unterschiedlichste Weise das notwendige Grundwissen erlangen. Wichtiger als ein Abschlusszertifikat sind in der Regel Referenzen. Wer auf seiner Webseite wichtige Kunden nennen kann, für die man gearbeitet hat, kann damit vielleicht sogar mehr überzeugen, als mit einem Ausbildungsnachweis.
Missverständlich
Die Wege zu diesem Beruf sind vielfältig, man kann sich alles selbst beibringen, kann eine Ausbildung in einem Unternehmen machen, kann die Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton machen usw.
Vorsicht ist geboten, wenn man klar in Richtung Spielfilm, Serie oder anspruchsvollem Dokumentarfilm gehen möchte und die Berater*Innen bei den Arbeitsagenturen wollen einem den "Videographer" als perfekten Ausbildungsweg dorthin verkaufen. Letztlich ist der Videographer so etwas wie eine hippe anglizistische Neubezeichnung für "Mediengestalter Bild und Ton". Bereits bei dieser Berufsbezeichnung ist der Zusatz "gestalter" irreführend.
Gerne wird in Berufsbildern auch die große Kreativität genannt, die man als Videograph angeblich hätte, doch die begrenzt sich auf die Planung und Ausgestaltung von Auftragsarbeiten. Wem diese, vor allem technisch handwerklichen Aspekte der Videoaufnahme und Bearbeitung Freude machen, der liegt als Videograph richtig.
Es gibt auch eine Reihe handwerklich technischer Berufe an Filmsets, wer die Nähe zum Kino und Fernsehen sucht, wird vielleicht als Beleuchter, Kamerassi, Tonmeister oder Tonassi, Aufnahmeleiter, Script-Continuety, Kostümbildner, Maskenbild, Requisite, Kamerabühne, Baubühne etc. glücklich.
Wer als Beruf Drehbuch, Regie oder Kamera eigene Geschichten erdenken, mit Schauspieler*Innen verfilmen und hochwertig bearbeiten möchte, wählt andere Wege. Wer Abitur hat, bewirbt sich dann eher an einer Filmhochschule.
Leider geistern auch absurde Angaben durchs Web, was man als Videograph so verdienen würde, da sind Stundensätze von fast 80 Euro und Tagessätze von über 600,- Euro genannt. Das mag bei manchen Auftragsarbeiten und Hochzeitsvideos durchaus mal vorkommen (aber nicht täglich, sondern vielleicht zwei, drei Mal im Monat), wer aber in einer Firma fest angestellt ist, arbeitet möglicherweise auch nur für den Mindestlohn.
Videographen, die als Free Lancer (Selbstständig) arbeiten, müssen sich ständig darum bemühen, an neue Aufträge zu kommen. Die so genannte "Akquise" bedeutet für viele, sich mindestens einen Tag pro Monat ans Telefon zu hängen und herumzutelefonieren oder Mails an mögliche Kunden zu versenden. Nicht Jedem fällt das leicht.
Fazit
Eigentlich ist es nur ein anderer Begriff für etwas, was früher unter Mediengestalter Bild und Ton mit abgedeckt wurde. Es gibt zahlreiche benachbarte Jobs, welche letztlich auch von Videographen ausgefüllt werden können. wie etwa Content Creator, Digital Creator, Fotographen, Videoblogger oder V-Jay. Doch der Begriff hat sich etabliert und so gibt es auch immer wieder Stellenausschreibungen, die ganz gezielt nach Videographen suchen.
Letztlich muss man in sich selbst hineinhorchen, was genau man später beruflich machen möchte, welche Fähigkeiten in einem schlummern und wie risikobereit man ist. Bei Videographen ist es eher das praktische Tun und eine technisch handwerkliche Ausbildung, die zu diesem Beruf hinführt. Es gibt auch Fälle, wo begabte Videographen später in die Filmbranche gegangen oder nach ihrer Ausbildung Film studiert haben. Die Wege sind vielfältig.