Filmscheinwerfer mit Röhren
Sie galten früher als "ugly", als Licht für Lagerhallen und Unterführungen. Doch moderne Leuchtstoffleuchten bereichern jedes Filmset. Jene Fluoreszenz-Lampen, welche die meisten von uns aus Büros, Arztpraxen und Behörden kennen, basieren auf einem Prinzip, welches William Crookes 1879 in Zusammenhang mit einer Kathodenstrahlröhre erstmals beschrieben hat. Der Name stammt vom Material Fluorit, einem der Stoffe, die durch Licht-, Röntgen- oder Kathodenstrahlen selbst zu leuchten beginnen.
Die einfachen Leuchtstoffröhren geben in der Regel ein nicht kontinuierliches Lichtspektrum ab. Sie haben deutliche Spitzen im Blau- und Gelbbereich, woraus bei Film und Fotoaufnahmen stets ein Grünstich resultiert. Auch haben sie eine Leuchtfrequenz von 50 (USA: 60) Hz - ein Phänomen, welches besonders in 60Herz-Ländern als Flackern im Film zu sehen ist und durch Veränderung des Shutters korrigiert werden kann. Sie sind die Vorläufer, die Verwandten jenes interessanten Leuchtentyps, der mehr und mehr die Filmsets der Welt erobert.
Mangelware: Weiches Licht
Lange Zeit waren die Lichtquellen, die ein weiches, also dem natürlichen ähnliches Licht erzeugten, relativ groß. Diese Weichstrahler, oder auch Lichtwannen, die diffuses Licht erzeugten, konnte man nicht so leicht im Motiv verstecken, bestenfalls, wenn die Raumhöhe es zuließ, unter der Decke. Man musste also größeren Abstand von den Schauspielern haben, was im Fall von weichem Licht mit Helligkeitsverlust verbunden ist. Wollte man noch weicheres Licht erzielen, musste man hartes Licht gegen eine möglichst große Reflektionsfläche lenken, welches dann indirekt weiches Licht abgab. Um das weiche Licht steuern zu können, wurde eine Vielzahl von Abdeckfahnen und Verlauf-Scrims benötigt. Das hat Zeit, Kosten und erhöhten Platzbedarf bedeutet. Sollte das weiche Licht gar durch ein Fenster hereinscheinen, und das Motiv war in einem oberen Stockwerk, so hatte man ein echtes Problem. Ein eigener Skylift, eine hydraulische Plattform musste außen vor dem Haus in Position gebracht werden, von der aus man in den Raum leuchten konnte.
Wenn es am Set eng wird...
Besonders bei Innenaufnahmen mit Weitwinkel-Optik, bei denen man das ganze Motiv sieht, ist es ungemein schwierig, weiches Licht richtig zu positionieren. In den 80er Jahren wurden für Architektur- und Grafikbüros Fluoreszenz Lampen entwickelt, die einen tageslichtähnlichen Charakter hatten und mit so hoher Frequenz zündeten, dass sie ein kontinuierliches Licht abgaben. Auch in der Lichttherapie und bei gesundheitsbewussten Innenarchitekten fanden die neuen Leuchten rasch Verwendung.
Es dauerte nicht lange, bis Filmleute dieses überraschend platzsparende Licht für sich entdeckten. Als Robby Müller in relativ enger Kulisse den Film "Barfly" (1987) fotografierte, und dort schlicht und einfach nicht genug Platz vorfand, herkömmliche Lichttechnik einzusetzen, schlugen ihm Frieder Hochheim (Gaffer) und Gary Swink (Best Boy) vor, das Grundlicht mit Fluoreszenzlicht zu erzeugen. Die Röhren ließen sich durch getrennt angebrachte Vorschaltgeräte hinter Vorhängen, hinter der Bar, ja, sogar direkt an Wänden anbringen.
Eine Lichtidee für den Film optimiert
Dies wird als die Geburtsstunde eines der ersten Anbieter in diesem Bereich überliefert, "Kino Flo". Man kann die handlichen Lichtquellen vielfältig nutzen. Inzwischen haben praktisch alle Hersteller von Licht-Equipment weiterentwickelte Leuchtstoff- Flächenleuchten im Programm (die auf den unteren vier Abbildungen gezeigten Leuchten gehören zur Serie Coolscreen, welche die Firma Sachtler für unsere Fotoaufnahmen zur Verfügung gestellt hat).
Die Vorschaltgeräte erzeugen kein Brummen und die Röhren sind in Tageslicht- und Kunstlichtfarbtemperatur verfügbar. Während das Tageslicht des Himmels und das warme Kunstlicht ein kontinuierliches Spektrum aufweisen, also alle existierenden Farben in relativ gleichen Anteilen beinhalten, haben Leuchtstoffröhren, selbst wenn sie für Filmzwecke optimiert sind, noch gewisse kleine Farblücken. Beim Film kann man aber recht gut damit leben. Selbst HMI-Licht hat kein kontinuierliches Spektrum mehr, es kann jedoch als kontinuierlich eingesetzt werden.
Bauformen
Die typische Baulänge der Röhren liegt zwischen 38 und 120 cm und sie arbeiten mit einer Versorgungsspannung von 12 oder 220 Volt je nach Gerät. Kleinere Bauformen haben 15 bis 23 cm Länge. Die passenden Leuchten fassen jeweils mehrere Röhren zu einer Einheit zusammen. 2-, 4-, 6-, 8-, 10- oder 12-Bank sind die Bezeichnungen, mit denen die Zahl der parallel nebeneinander angeordneten Röhren definiert werden. Die Leistungsaufnahme etwa einer 8-Bank-Coolscreen liegt bei nur 440 Watt, die 12-Bank benötigt 660 Watt.
Je nach Hersteller ist die Hochfrequenzelektronik im Scheinwerfergehäuse selbst oder in einem externen Gehäuse untergebracht. Wenn es darauf ankommt, den letzten Millimeter Platz an einem sehr engen Set einzusparen, sind jene mit abgesetztem Vorschaltgerät oft platzsparender. Wie andere Scheinwerferarten auch, besitzen die Leuchtstoff-Flächenleuchten auch Tore zur Steuerung des Lichts. Diese sind bei manchen Lampentypen innen verspiegelt, was die Lichtausbeute noch erhöht. Je nach Hersteller sind die Leuchten mit Zwei- oder Vier-Flügel-Toren ausgestattet. Mit Wabeneinrichtungen lässt sich das weiche Licht in gewissen Grenzen ausrichten, Kugelgelenke erleichtern die Ausrichtung vom Stativ aus.
Vorteile
Fluoreszenz-Leuchten geben ein weiches, gleichmäßiges Licht ohne helleren Mittelpunkt (Hot Spot) ab.
Ihr Charakter ist viel sanfter und angenehmer als etwa LED-Licht, welches von Schauspielern häufig als aggressiv empfunden wird.
Sie können ganz nah bei den Personen oder Objekten aufgestellt werden, ohne große Hitze zu entwickeln. Für den Studiobetrieb mit diesen Leuchten kann damit auf Klimaanlagen fast verzichtet werden.
Man benötigt auch keinen zusätzlichen Diffusor mehr, das reduziert den Abstand und erhöht somit die Lichtausbeute.
Sie zeichnen sich durch eine lange Lebensdauer aus. Das spart Beschaffungskosten und Wartezeiten zum Auswechseln entfallen weitgehend.
Sie haben einen geringen Stromverbrauch. Das ist besonders wichtig, wenn man mit der vorhandenen Stromabsicherung einer normalen Mietwohnung auskommen muss. Auch bei Aufnahmen in Fahrzeugen erlauben einige Leuchten den Anschluss an den 12-Volt-Zigarettenanzünder.
Die Zündfrequenz moderner Vorschaltgeräte geht hin auf bis 40.000 Hertz, man kann also bei allen Kamerageschwindigkeiten sorglos drehen.
Im Vergleich zu HMI-Brennern sind die Leuchtstoffröhren relativ preiswert.
Besondere Aufgaben
Man kann mit ihnen Schatten der Tonangel unsichtbar machen, kann sie je nach Bauform und Lage, als Führungslicht, als Aufhellung oder direkt an der Kamera als Augenlicht verwenden. Bei Aufnahmen von Autos werden die Fluoreszenzlampen in langen Reihen über den Autos angebracht und unterstreichen reflektiert auf dem Lack die Formen des Fahrzeugs. Bei Aufnahmen in Autos kann man einzelne Leuchtstoffröhren sogar unter dem Autohimmel (an den Sonnenblenden) befestigen. Mit Hilfe der elektronischen Vorschaltgeräte lässt sich Fluoreszenzlicht in einem weiten Rahmen dimmen, ohne dass sich die Farbtemperatur verschiebt - ein weiterer Vorteil, der die Arbeit am Set sehr erleichtert.