Nachhilfe
Beim Film muss der Wirklichkeit häufig auf die Sprünge geholfen werden. Allzu oft benötigt man eine bestimmte Wettersituation, die sich aber an dem Drehtag partout nicht einstellen will. Es schneit, stürmt oder regnet eben nicht, obwohl das Drehbuch es aber vorsieht. Natürlich kann so ein ganzes Filmteam nicht darauf warten, dass es tatsächlich zu regnen, stürmen oder schneien beginnt. Den Drehplan kann man nur sehr bedingt anpassen und Drehtage umstellen. Dafür müssen Spezialdüsen oder auch Windmaschinen am Filmset zum Einsatz kommen, sonst sieht es einfach nicht so aus, wie die Szene es erfordert. Oder allein für den besonderen Look wäre es besser, wenn die Straßen, die Böden nass wären. Dann reflektieren Lichter viel besser und auch der Kontrast im Bild ist einfach stärker. Natürlich muss man den Bereich, der künstlich benässt wird, eingrenzen, da ist eine genaue Planung der Bildausschnitte und Richtungen notwendig.
Künstlicher Regen
Dafür sind andere, scheinbar banalere, vom Team kaum beachtete Dinge, wie künstlicher Regen, viel schwieriger zu handhaben und erfordern tatsächlich eine Menge Erfahrung:
Die Regentropfen müssen größer sein als bei „echtem Regen“, damit die Kamera diese überhaupt aufzeichnen kann. Das Wasser darf nicht zu hoch sprühen (Rohre mit Löchern oder Feuerwehrspritzen), sonst fallen die Tropfen zu schnell. Auch die Feuerwehr verfügt über Spezialdüsen mit denen man größere Wassertropfen erzeug kann, die dann auch in der Kamera sichtbar bleiben. Wichtig ist natürlich, dass die Düsen dann so in die Luft gerichtet werden, dass sie in einem Bogen erst einmal in die Luft spritzen und im Bildausschnitt dann senkrecht von oben ins Bild tropfen. Wichtig ist auch, dass die Tropfen groß sind, sonst werden sie von der Kamera nicht erfasst.
Außerdem muss man beim Wechsel der Einstellungsgröße (Totale/Nahe) den Regen wieder neu anpassen, damit im geschnittenen Film der Eindruck einer einheitlichen Regensituation entsteht. Und natürlich kann man immer nur bestimmte Bildteile, meistens den Vordergrung künstlich beregnen, zum Glück bemerkt es der Zuschauer so gut wie nie, dass es in die Tiefe hinein vielleicht weniger bis gar nicht regnet. Ein gutes Gefühl für den Eindruck von Tiefe, das Vorhandensein von Regen nicht nur im Vordergrund, sondern auch im Hintergrund ist ebenso wichtig.
Wie so vieles im Film, wird auch der Regen nur sichtbar wenn er von hinten oder seitlich beleuchtet wird. Dafür wird, meistens Gegenlichtig, hartes Licht verwendet, damit werden die Regentropfen am besten sichtbar. Bei Tagaufnahmen können auch harte Lichtreflektoren helfen, die Sichtbarkeit des Regens zu erhöhen. Auch künstlicher Nebel aus Nebelmaschinen kann künstlichen Regen besser sichtbar machen. Handelt es sich um Nachtaufnahmen, sorgen blaue Filterfolien (CTB) für eine Verstärkung des Nässeeindrucks.
Das Regenwasser und die Feuchtigkeit können für alle elektrischen Geräte gefährlich werden. Vorschaltgeräte, nicht wassergeschützte Scheinwerfer, Kamera und Tonequipment müssen durch Regenschutzhauben oder Plastikplanen geschützt werden. Elektrische Sicherheit muss hier ganz groß geschrieben werden. Es muss grundsätzlich darauf geachtet werden, dass das Regenwasser nicht mit der Lichtanlage in Berührung kommt.
Man kann nie ein vollständiges Motiv künstlich einregnen, man muss stets mit Ausschnitten arbeiten. Möglicherweise ist für die Kamera auch ein Regenabweiser erforderlich um zu verhindern, dass Regentropfen auf die Frontlinse gelangen. Wenn verschiedene Richtungen notwendig sind, etwa bei Schuss und Gegenschuss in Dialogszenen bedeutet das erheblichen Umbauaufwand, denn nicht nur das Licht und die Kamera, sondern der ganze Regenaufbau müssen in die andere Richtung umgebaut werden. Überhaupt braucht man für Regenszenen deutlich mehr Zeit, das sollte bei der Drehplanung berücksichtigt werden.
Sehr hilfreich sind dabei sogenannte "Regenstative", ("Rain Covers" oder "Rain Towers" genannt), sie sind optisch normalen Lichtstativen zum Verwechseln ähnlich, haben aber im oberen Bereich Rohre, aus denen das Wasser, was durch die Stativrohre wie durch ein Wasserrohr fließt, durch feine Sprinklerdüsen in hohen Bögen über das Set gesprüht wird. Die Rohre mit den feinen Düsen werden oft auch auf C-Stands, Combo-Stands oder Kurbelstative befestigt.
Diese müssen natürlich eine gewisse Höhe (mindestens 3-4 Meter) erreichen, damit die Wassertropfen auch tatsächlich vor den Schauspielern herunterfallen und meistens benötigt man mindestens zwei Regenstative, damit vom linken und renten Bildrand aus beregnet werden kann. Außerdem ist es hilfreich, wenn jedes Regenstativ leicht geneigt wird, das erzeugt einen natürlicheren Fall der Wassertropfen.
Auch wenn es banal klingt, man sollte für solche Drehs ausreichend Regenschirme mitführen, das Team und die Schauspieler sollten mit Gummistiefeln und Regenschutzkleidung ausgestattet werden. Derart gut ausgerüstet, sollte auch der filmische Regentag perfekt gelingen.