Amazons Cloud-Cam, ein in den USA weit verbreitetes Smart Home Webcam Sicherheits-System gegen Einbrecher, überwacht angeblich auch einige seiner Kunden.
Gerade erst hat sich die Aufregung um mithörende und mitschreibende Angestellte bei Amazons Sprachassistenten Alexa oder bei Apples Siri etwas gelegt, da scheint schon das nächste Sicherheits-Leck das Vertrauen der User zu erschüttern.
Was eigentlich zur Sicherung der eigenen vier Wände gedacht war, scheint sich in einigen Fällen gegen die eigenen Kunden zu richten. Die Aufnahmen der "Cloud-Cam" genannten Überwachungskamera werden auf die Amazon Cloud geladen und theoretisch per Artificial Intelligence daraufhin analysiert, ob Menschen, die nicht die Bewohner sind, überwachte Räume betreten. Das beinhaltet selbstverständlich intelligente Gesichtserkennung und benötigt aufwändige Rechenvorgänge und den Abgleich mit Datenbanken.
Das System soll so automatisch Alarm auslösen können, wenn nicht autorisierte Personen überwachte Räume betreten.Dazu verfügt es über Nacht-Sicht Fähigkeiten, Bewegungsmelder, automatische Anruffunktion oder beispielsweise auch die Option, dass die Wohnungseigner mit den Einbrechern aus der Distanz sprechen können, wenn sie dies möchten.
Wie sich nun herauszukristallisieren scheint, schauen auch Mitarbeiter von Amazon in Indien und Rumänien die Überwachungs-Aufnahmen, angeblich zu Trainingszwecken an, um die AI Erkennung zu optimieren. Der Sinn dahinter bestehe darin, dem System beizubringen, normale Haushaltsaktivitäten von Einbruchssituationen besser zu unterscheiden.
Tausch von Privatspäre gegen Bequemlichkeit?
Einige dieser Mitarbeiter haben nun offenbar eingestanden, auch viele private Momente bis hin zu Sexszenen angeschaut zu haben. Ähnlich wie beim Sprachassistenten Alexa stellt sich mit der Cloud-Cam einmal mehr der Eindruck ein, dass George Orwells Überwachungs- Dystopien in seinem Roman "1984" geradezu lächerlich waren, verglichen mit unserer heutigen Realität. Ironischerweise haben die Menschen hierzu selbst per akzeptierter Nutzungsbedingungen ihr Einverständnis erteilt. In den Nutzungsbedingungen der Cloud-Cam gewährt der User dem Unternehmen zwar nicht die Totalüberwachung durch Mitarbeiter, doch immerhin den Zugriff auf die Videoaufnahmen für technischen Support.
Wie bei derartigen Enthüllungen üblich, hat Amazon das Problem bagatellisiert und erklärt, nur Videos von Kunden, die dem zugestimmt hätten, seien von Mitarbeitern betrachtet worden. Dem widersprechen Behauptungen, dass einzelne, besonders intime Videos sogar intern unter den Mitarbeitern verbreitet worden seien. Natürlich gibt es im Unternehmen klare Vorschriften, wie mit solchen intimen Aufnahmen zu verfahren sei, doch scheinbar halten sich nicht alle Mitarbeiter an diese Vorgaben.
Die Systeme werden seit 2017 verkauft, allerdings nicht im deutschsprachigen Raum. Fluch und Segen der vollmundigen Versprechungen der Digitalkonzerne liegen wohl auch hier überraschend dicht beieinander.