Ein Urgestein des deutschen Films ist 76 jährig in Hamburg gestorben. Wer ihn als Schauspieler nicht gesehen hat, kannte dennoch seine Stimme. Rolf Zacher hat in weit über hundert TV,- und Kinofilmen mitgespielt und hat Figuren verkörpert, die eigentlich nur er so spielen konnte.
Die Kleinkriminellen, die Gebrauchtwagenhändler, die kleinen schrägen zwielichtigen, oft zugleich liebenswerten Figuren. Er spielte bereits in den sechziger Jahren in vielen Filmen des deutschen Films, so beispielsweise in "Morgens um Sieben ist die Welt noch in Ornung" (Regie: Kurt Hoffmann), aber vor allem in Filmen des "Neuen Deutschen Films" wie "Paule Pauländer" (Regie: Reinhard Hauff) und "Der Hauptdarsteller" (Regie:Reinhard Hauff). Der berufliche Durchbruch kam für ihn 1980 mit "Endstation Freiheit" (Regie: Reinhard Hauff), aber auch die Arbeit mit Rainer Werner Fassbinder bei "Berlin Alexanderplatz" gehörten zu seinen frühen Erfolgen.
Er war stets neugierig und auch immer wieder bereit, mit Nachwuchsregisseuren zu arbeiten, so etwa bei dem Fernsehspiel "Kinder aus Stein" (1986, Regie: Volker Maria Arend).
Zacher war ein Verwegener, ein Unbeugsamer, eine Unkontrollierbarer, etwas was das Kino stets einfordert, aber so selten liefern kann. Das wusste auch das Fernsehen zu schätzen, was ihn immer wieder für Tatorte, zuletzt auch die Telenovela "Rote Rosen" verpflichtete.
Neben seinen vielen Rollen war er auch als Synchronstimme bekannt. Seine wohl bekannteste Figur, der er in zahlreichen Filmen die deutsche Stimme lieh, war Al Pacino, doch er synchronisierte auch Nicholas Cage, Gabriel Byrne und Andere.
Seine Karriere verlief selten geradlinig, Drogenprobleme und berufliche Fehlentscheidungen wie zuletzt 2016 eine Teilnahme in der Trash-TV Sendung "Ich bin ein Star- holt mich hier raus!" ließen auch sein Leben zeitweise ähnliche Achterbahnfahrten vollziehen wie er es in einigen seiner stärksten Rollen so überzeugend und glaubwürdig verkörperte.
Ich selbst lernte Rolf Zacher bei einem Gespräch über eine Filmfigur kennen, für die ich ihn besetzen wollte. Er kam mit seinem alten Merzedes angefahren, so als käme er unmittelbar aus einem Gangsterfilm. Wir trafen uns in Schwabing in einem Straßencafe vor dem Haus in dem er oder seine Ex-Frau wohl mal in einer WG gelebt hatte. Die Begegnung belegte nachhaltig, dass jener Mann, den man in den Filmen eher als schlaue bis hinterhältige Gaunerfigur erlebte, ein liebenswerter freundlicher Mensch war, der in seinem Leben hin und wieder über die eigenen Füße gestolpert ist.
Während des Gesprächs kamen nach und nach Zachers Exfrau Gisela Getty, die gemeinsame Tochter Anna, Giselas 2017 verstorbene Zwillingsschwester Jutta Winkelmann und Rainer Langhans dazu und plötzlich saß ich inmitten einem lebhaften Kreis deutscher Film,- und Gesellschaftsgeschichte.
Später, als wir alleine sprachen, erzählte mit Rolf Zacher, fast ein wenig wehmütig, wie er Jahrzehnte zuvor zu einem Vorsprechen bei Federico Fellini mit seinem letzten zusammengekratzten Geld nach Rom fuhr. Dort erlebte er Fellini und seine ihm in braver Reihung folgende "Entourage" an Filmtechnikern und verspielte seine Chance beim Meisterregisseur mitzuarbeiten, aber wegen seines etwas überheblichen Verhaltens. Fellini erbat sich Bedenkzeit zu entscheiden und Zacher meinte sinngemäß, wenn der Regisseur nicht sofort wisse, ob er mit ihm arbeiten wolle, dann sei das wohl nichts für ihn. Fellini sagte ab, seine unnötige Arroganz hat Rolf Zacher offensichtlich bis ins hohe Alter bedauert.
Am dritten Februar 2018 ist Rolf Zacher von uns gegangen, vielleicht kann er die Sache mit Fellini ja dort, wo er jetzt ist, wieder in Ordnung bringen...
Mathias Allary, 4. Februar 2018