Synchroner Filmton war lange Zeit aufwändig und stationär gebunden, zwei Geräte halfen dabei, den Originalton endlich mobil zu machen: Die Maihak MMK und die Nagra.
Riesige Geräte
Heute kann sich kaum Jemand mehr vorstellen, wie unhandlich, aufwändig und zugleich störanfällig der analoge Filmton war. Und trotzdem sind geniale Tonfilme mit dieser Technik entstanden. Bis in die 50 Jahre hinein bedeutete Filmton automatisch, dass irgendwo am Set ein tonnenschwerer LKW mit einer riesigen Tonbandmaschine, einem riesigen Vorverstärkerkoffer stand und von diesem LKW Kabel ans Filmset führten. So ähnlich wie heutige Ü-Wagen für Fernseh-Liveübertragungen. Die Tonaufnahmetechnik von damals war groß wie eine Küchenzeile und selbstverständlich benötigte man einen stationären Stromanschluss um diese ganze Technik auch mit Strom zu versorgen.
Damit waren die Filmteams natürlich unbeweglich, an mobile Kamerateams die mit Originalton an jedem Ort der Erde drehen konnten, war nicht zu denken. Der Ton war analog und um ihn an einem Schneidetisch zu schneiden, musste er von Schmalband (1/4 Zoll Magnetband) auf Perfoband, so genannten Magnetfilm kopiert werden. Der analoge Workflow war ziemlich umständlich und nicht damit vergleichbar, wie heute Filme und ihr Ton bearbeitet werden.
Revolution und Befreiung
Maihak MMK
An diesen monströsen Gerätschaften änderte sich in den 40er und 50 er Jahren zweierlei. So wurde in der von dem polnischen Ingenieur Hugo Maihak gegründeten gleichnamigen Hamburger Firma das Maihak Reportofon entwickelt, ein kleiner Rekorder, der auf Schmalband oder als Gerätevariante auf Perfoband aufnehmen konnte, (auf unserem historischen Foto links zu sehen). Bereits Ende des zweiten Weltkrieges gab es mit den MMK1 bis MMK7 (Maihak-Magnetton-Koffer) mobile Magnetband Aufnahmegeräte, deren Antrieb per Federwerk (musste per Handkurbel aufgezogen werden) funktionierte, während die Elektronik per Akku mit Strom versorgt wurde. Die Geräte liefen mit 19 cm/s (Zentimetern / Sekunde.) Bandgeschwindigkeit.
Bei den ersten MMKs kamen noch Röhren zum Einsatz, später waren sie vollständig mit Transistoren bestückt. Die MMK gab es auf in der Version Reportocord für 16 mm Magnetfilm (Perfoband). Sie kamen in einem Hartholzkoffer mit zwei Schnappverschlüssen und einem Tragegriff. Natürlich nahmen die Geräte in Mono auf, mit einem Aufzug des Federwerks konnte man etwa 14 Minuten lang aufnehmen. Mit den MMKs reisten Filmteams bis zum Himalaya, obwohl man noch nicht wirklich von portabel sprechen konnte. Dieses Attribut blieb einem anderen Gerät vorbehalten.
Nagra
In den 50er Jahren erdachte ein polnischer Ingenieur namens Kudelski eine kompakte, tragbare, batteriebetriebene Tonbandmaschine, die Nagra (auf dem obersten Foto in der Mitte zu sehen), welche endlich mobile Kamerateams mit O-Ton ermöglichte. Mobil im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Nagra passte in eine Ledertasche mit Ledertragegurt, welche man über der Schulter gehängt tragen konnte. Sie war so konstruiert, dass sie in jeder Lage, liegend, auf dem Kopf stehend, wie auch immer, laufen konnte.
Die ersten Nagras waren wie die MMKs Mono, besaßen aber bereits mehrere Mikronfoneingänge, deren Ton über mehrere Drehregler miteinander gemischt und auf die eine Monospur aufgenommen werden konnte. Sie ermöglichten Hinterbandkontrolle, was bedeutet, dass man die gerade aufgenommenen Töne sofort über Kopfhörer abhören konnte. Die frühen Geräte wurden auch unter dem Label Telefunken verkauft. Für besondere Effekte konnte sogar die Geschwindigkeit der Nagra in gewissen Grenzen geregelt werden.
Damit die Nagra synchron aufnehmen konnte, schrieb ein Pilottongenerator aus der Kamera (verbunden mit einem Kabel) entsprechend dem Lauf des Kameramotors ein 50 Herz Signal auf das Schmalband. Dafür diente ein eigener Pilotton-Tonkopf, der in der Mitte des Tonbands das Synchronsignal aufzeichnete. Dies tat er zwei Mal, davon einmal phasengedreht, damit der Pilotton für den eigentlich Tonkopf mit den Filmtonaufnahmen unhörbar blieb. Kudelski nannte das System Neopilot. Später wurde dann die Nagra beim Abspielen mit einem Synchronverstärker verbunden (auf unserem obersten Foto ganz rechts), welcher die Signale des Pilottons per Röhrenverstärker so verstärkte, dass damit die Maihak Reportocord oder eine andere Perfomaschine angesteuert werden konnkte.
Die Tonsignale wurden dann gleichzeitig von der Nagra auf die Maihak kopiert. Das Endergebnis war eine Aufnahme auf Perfoband, bei dem die Perforationslöcher im Perfoband zeitlich mit denen beim Film übereinstimmten. Also über die Länge von 24 oder 25 Perforationslöchern im Magnetfilm war der Ton des Schmalbands untergebracht, der bei der Aufnahme in einer Sekunde aufzeichnet wurde.
Spätere Nagras besaßen bereits Quarzgeneratoren, die präzise 50 Herz in der Sekunde auf das Magnetband aufnahmen. Drehte man parallel mit einer gequarzten Filmkamera, reichte es, den Ton mit Filmklappe anzulegen, er blieb dann synchron. Kompakte Synchronizer von Kudelski und von Drittanbieter Jensen lösten die monströsen Röhrengeräte zum Synchronisieren bald ab und die bildgenaue Synchronität des Filmtons wurde noch einfacher erreichbar.
Es waren diese beiden Geräte, welche die Tonaufnahme an Filmsets ab den 50er Jahren weltweit revolutionierten und Filmgeschichte geschrieben haben...