Frischzellenkur
Wenn die unverwüstlichen, hervorragenden Sound Devices Recorder irgendwann eine neue Festplatte benötigen, ist guter Rat teuer. Wie man weiß, haben Festplatten nur eine begrenzte Lebensdauer. Die kleinen Profirecorder zeichnen zwar auch auf CF Karte auf, sie sichern aber gleichzeitig zur Sicherheit auch auf eine interne Festplatte. Und so ein gleichzeitig aufgenommenes Backup oder schlicht die Möglichkeit, trotz voller CF Karte weiter aufnehmen zu können, ist im professionellen Umfeld unerlässlich.
Sound Devices hat den Geräten wahlweise 40GB oder 80GB internen Speicher spendiert. Irgendwann wollen die internen Festplatten nicht mehr. Man sollte über einen Austausch nachdenken. Wenn man etwas handwerkliches Geschick mitbringt und ein paar Dinge beachtet, kann man den Austausch auch selbst ausführen. Während Sound Devices ursprünglich in der Bedienungsanleitung noch ausrücklich davor warnt, selbst die Festplatte austauschen zu wollen und empfiehlt, dies nur einem professionellen Service zu überlassen, findet sich online auf der Sound-Devices Seite sogar eine bebilderte Anleitung.
Zunächst einmal sollte man darüber nachdenken, ob man statt wieder eine Festplatte einzubauen, nicht gleich aus SSD umrüstet. Doch so einfach ist das gar nicht. Einmal kennt die Firmware nicht unbegrenzte Speichergrößen, hier sollte man also innerhalb des Rahmens bleiben, den Sound Devices auch selbst genutzt hat.
Grundsätzlich sind die verbauten Festplatten viel empfindlicher gegen Temperaturunterschiede, Erschütterungen oder Feuchtigkeit. Auch längeres Nichtbenutzen des Recorders kann dazu führen, dass die Schreib/Leseköpfe auf der Magnetspeicherscheibe festkleben. Es spricht also vieles für eine SSD. Einen Geschwindigkeitsgewinn gibt es nicht gegenüber der Festplatte, auch nicht beim Überspielen per Firewire. Hier ist die Firewire-Schnittstelle und nicht das Speichermedium der limitierende Faktor.
Schnittstellen-Ärger
Wie komplex das Ganze wird, kommt ein wenig darauf an, von wann die Geräte stammen. Wurden sie vor 2010 gebaut, kann es mühsam werden, damals wurden nämlich nicht Festplatten nach dem heutigen Standard, also SATA verwendet, sondern IDE, so genannte PATA Festplatten. Und da die schon lange veraltet sind, kommt man recht schwer an diese dran. Nun gibt es entweder sehr teuer einen Adapter von Sound Devices der die Übersetzungsarbeit leistet oder für kleines Geld von No Name Herstellern ebensolche Adapter. (IDE zu SATA Festplatte, SATA zu IDE 44 Pin Adapter 2,5 Zoll)
So ein Adapter kostet etwa 20,- €, allerdings benötigt er auch einiges an Platz. Da müssen schließlich nicht nur die verschiedenen Steckersysteme, sondern auch einiges an Elektronik untergebracht werden. Je nach Bauform kriegt man das gute Stück gar nicht in das Gehäuse des 744T hinein.
Leider sind die Erfolge, welche Sound-Device User mit dem Umbau so hatten, durchwachsen. Bei Manchen lief es problemlos, bei anderen wurde die neue SSD schlicht nicht erkannt. Angeblich sind die Samsung SSDs recht kompatibel, doch so ganz sicher ist auch das nicht.
Austausch mit PATA SSD
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte versuchen, noch eine von den mit PATA Schnittstelle gebauten SSDs zu ergattern, Stand 2022 gibt es die, wenn auch völlig überteuert, noch am Markt. Für 128 GB muss man zwischen 140,- und 190,- Euro anlegen. Wie lange es noch SSDs mit dieser veralteten Schnittstelle geben wird, steht in den Sternen. Die in unserem Beispiel verwendete No Name SSD aus China wurde nach dem Umbau beim Einschalten sofort erkannt. Der 744T fragte im Display, ob er die Festplatte formatieren soll. Das wird bestätigt und fortan arbeitet der Recorder mit 128 GB SSD Speicher. So kann man aber seinen hochwertigen Sound-Recorder weitere Jahre zuverlässig weiterverwenden. Wer sich erhofft, mit einem geringeren Stromverbrauch rechnen zu können, wird wahrscheinlich enttäuscht, die SSDs schlucken ähnlich viel Strom wie Festplatten. Vielleicht ist die Wärmeentwicklung geringer und natürlich sind sie viel unempfindlicher bei Erschütterungen.
Mechanisches
Bevor man das Gerät öffnet, sollte man die Hände an einem Heizkörper oder einer Wasserleitung erst einmal entladen. Sonst besteht die Gefahr, dass man interne Bauteile durch statische Aufladung zerstört. Beim Sound Devices 744T öffnet man die Unterseite. Man legt den Recorder also auf den Kopf. Die Schrauben sind als Kreuzschlitz ausgeführt, fünf lange Schrauben die auf die Oberseite des Gerätes führen und zwei kurze Schrauben, die die Schutzbügel vorne zur Befestigung nutzen.
Vorsicht beim Abheben des Bodens, daran befestigt ist ein Akku für die interne Uhr des Recorders, welcher mit einem Kabel mit der Hauptplatine verbunden ist. Dann sieht man bereits die Festplatte. Sie ist durch zwei Schaumstoffringe gegen Erschütterungen geschützt. Diese Ringe zieht man zunächst ab.
Den PATA Stecker an der alten Festplatte kann man erst abziehen, wenn man die beiden weißen Plastikschrauben, welche die dünne Folie mit der Festplatte verbinden, gelöst hat. Hierfür sind ebenfalls Kreuzschlitzschraubenzieher erforderlich. Danach aber kann man die Festplatte vorsichtig abziehen.
Entgegen der Beschreibung von Sound Devices muss man nicht zwingend das Folienkabel vom Geräteanschluss entfernen. Wenn man vorsichtig ist, darf der ruhig dranbleiben, während man die Festplatte wechselt.
Wenn man die SSD anstecken will, wird einem auffallen, dass an der SSD mehr Pins sind als an der Platine. An der Pinreihe der SSD gibt es aber eine kleine Lücke. Bitte die vier Pins neben der Lücke nicht verwenden. Man kann den richtigen Anschluss auch daran erkennen, dass die Folie und die Öffnungen zum Verschrauben der Plastikschrauben wieder genau passen.
Schaumstoffringe wieder drüberstülpen und den Deckel wieder festschrauben. Dabei darauf achten, dass die kleinen Laschen der Frontplatte und der Rückplatte sauber in den Öffnungen des Deckesl versenkt werden, sonst entstehen unschöne Lücken beim Zusammenschrauben.
Dauer der ganzen Aktion,- etwa 25 Minuten.
Wie man den Timecode-Akku selbst auswechselt, beschreiben wir übrigens hier. Dort findet Ihr auch eine ausführlichere Anleitung zum Öffnen und Schließen des Gerätes.
Software
Man mag es kaum glauben, aber Sound Devices hat für den T744 sogar 2019 ein weiteres Firmware Update herausgebracht. Nach erfolgreichem Umbau auf SSD wäre das sicher eine gute Ergänzung der Verjüngungskur:
https://www.sounddevices.com/replacing-the-internal-hard-drive-in-722-and-744t-recorders/
https://www.sounddevices.com/product/744t/