3D-Filme
Es war schon immer der Wunsch des Menschen, Abbilder möglichst dreidimensional wirken zu lassen. Ob es geschnitzte oder gemeißelte Skulpturen waren, die realer als Gemälde wirkten, oder die kurz nach der Erfindung der Fotografie bereits in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts verbreiteten Stereoskopen, doppelte Daquerrographien, stets versuchte man, die Wirklichkeit möglichst greifbar abzubilden.
Sehr früh schon wusste man um den leicht versetzten Sehwinkel von linkem und rechtem Auge, davon, dass unser Gehirn diese Informationen zur Bestimmung von Abständen benötigt. Jedes Auge betrachtet die Wirklichkeit aus einer leicht anderen Perspektive. Wer sich ein Auge zuhält, und Gegenstände vor sich im Raum greifen möchte, spürt sogleich, dass die Einschätzung von Distanzen in diesem zweidimensionalen Sehen schwieriger fällt.
Die Versuche, auch das Kino dreidimensional abzubilden, gehen weit zurück. Bereits in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es schwarzweiße 3D-Filme, die man mit Hilfe von farbigen Filtern in Brillen dreidimensional sehen konnte. Es war die Zeit, in der das Kino mehr und mehr Zuschauer an das Fernsehen verlor und man durch breitere Leinwände und eben 3D-Filme das Publikum wieder zurückerobern wollte.
Es ist kein Zufall, dass in Zeiten, wo die Kinobesucherzahlen schwinden, der Kampf gegen die DVD und BluRay wieder mit 3D-Know-how geführt werden soll. Allerdings hat sich der anfängliche Hype um das plastische Kinoerlebnis bereits wieder gelegt und man erwartet nicht mehr von jedem neuen Kinofilm, dass er aufwändig mit häufig recht sperriger Kameratechnik dreidimensional gedreht wird.
Die Anfänge
Doch zurück zu den Anfängen in den 50ern. Auf der Leinwand waren die Bilder zweier, im Augenabstand versetzt angeordneter Aufnahmen zu sehen, die jeweils Grün oder Orange gefärbt waren. Man spricht hier auch vom Anaglyph-Verfahren. Die Filterfolien, grün und rot in den Brillen ordneten die übereinandergelagerten Bilder im Film jeweils einem Auge zu und ermöglichten so räumliches Sehen. Nachteil ist, dass die Filme so nur in Schwarzweiß wiedergegeben werden können. Besonders eindrucksvoll ist es, wenn Objekte sich auf den Zuschauer zu bewegen, ansonsten ist das Sehvergnügen durchaus auch anstrengend.
Eine weitere Alternative stellen Polarisationsbrillen dar, die jedem Auge eine getrennte Bildinformation anbieten. Das Bild für das linke Auge wird etwa senkrecht polarisiert, das für das rechte waagerecht. Viele 3D-Filme der 50er Jahre wurden im Polarisationsverfahren gezeigt und lieferten hervorragende 3D-Qualität. Die Polarisationsfilter lassen Licht jeweils nur in einer Wellenrichtung durch. Entsprechende Spezialbrillen ordnen dann die unterschiedlichen Teilbilder den Augen zu, dieses Verfahren macht auch Farbfilmprojektion möglich. Die Filmprojektoren im Kino bleiben unverändert, lediglich ein 3D-Objektivvorsatz und eine metallisierte Leinwand (Silberleinwand) sind erforderlich. Bedauerlicherweise wurden die selben Filme dann später in den 70er und 80er Jahren nur noch im Rot/Grün-Filterverfahren gezeigt, wodurch sich der Eindruck einstellt, dass die 3D-Technik nicht allzu weit entwickelt war. Es gab ein gewisses Revival in den 80ern mit "Jaws 3D" oder "Amityville Horror 3D" oder dreidimensionalen Sexstreifen wie "Blonde Emmanuelle".
Aktuelle Wiedergabe-Verfahren:
Die farbigen Filterbrillen sind die Vorläufer heutiger Shutterbrillen, die elektronisch präzise mit dem Projektor synchronisiert sind
Die farbigen Filterbrillen sind die Vorläufer heutiger Shutterbrillen, die elektronisch präzise mit dem Projektor synchronisiert sind. Dieses frühe 3D-Verfahren setzt auf unterschiedliche Farbauszüge und bietet dem Zuschauer zwei überlagerte farbige Monochrombilder an (also eigentlich Schwarzweiß, nur statt Schwarz wird Grün oder Rot verwendet), welche beim Betrachter durch eine Brille mit Farbfiltern (Grün und Rot) auf das linke und rechte Auge verteilt und in ein Schwarzweißbild umgewandelt werden (das rote Brillenglas macht das rote Bild unsichtbar und wandelt das grüne zu einem Schwarzweißbild, das grüne Brillenglas löscht das grüne Bild aus und wandelt das rote in ein Schwarzweißbild).
Aktive Stereo-Projektion
Dieses Verfahren benötigt aufwendige synchronisierbare Brillen, welche im Zusammenspiel mit einer hohen Bildwiederholfrequenz (>100 Hz) jeweils einzelne Zeilen sichtbar oder unsichtbar machen kann. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Shutter-Brillen. Die aktuellen Brillen arbeiten mit Shuttern, die elektronisch abwechselnd jeweils das linke oder das rechte Auge freigeben oder verschließen. Der Filmprojektor liefert die doppelte Anzahl von Filmbildern, jeweils abwechselnd mal die für das linke, mal die für das rechte Auge vorgesehenen Aufnahmen. Bei diesem Verfahren werden die Filme in keiner Weise in ihrer Farbigkeit oder Abbildung beeinflusst, deshalb wird dieses Verfahren etwa in den IMAX-3D-Vorführungen verwendet. Auf Weltausstellungen oder in Museen werden ebenfalls gerne dreidimensionale Welten installiert.
Forscher des Fraunhofer-Instituts (IMK) in St. Augustin haben eine gewölbte Projektionswand - den so genannten I-Cone - entwickelt. Vier Projektoren projizieren Bilder die Betrachter realisieren diese durch spezielle Shutter-Brillen, die abwechselnd Bilder mal dem linken, mal dem rechten Auge zuführen.
Passive Stereo-Projektion
Dieses Verfahren ähnelt der Anaglyphen Projektion, jedoch arbeiten die Filter in der Brille nicht mit Farben, sondern mit Polfiltern, welche gegeneinander verdreht, jeweils nur Bildinformationen mit einer Ausrichtung dem jeweiligen Auge zuführen. Gleichzeitig muss nur noch das Bild abwechselnd mit um 90 Grad versetzter Polarisierung projiziert werden. Vorteil: Man kann Filme farbig projizieren. Nachteil: Helligkeitsverlust.
Autostereoskopische Darstellung/Projektion
Hierbei handelt es sich um Rasterverfahren, mit denen in der früheren Sowjetunion experimentiert wurde: Leinwände, auf denen jeweils leicht angewinkelte Flächen in Reihe nebeneinander angeordnet waren und die dafür sorgten, dass die verschiedenen Bildinformationen jeweils getrennt den Augen zugeführt wurden. Ähnliches gibt es heute bei Flachbildschirmen, die trennen das Bild für den Betrachter ohne Zuhilfenahme irgendeiner Brille (Spatial View).
Overlays
Eine Variante, welche aus jedem Flachbildschirm ein 3D-Display macht, sind sogenannte 3D-Overlays. Das ist eine Kunststoffoptik, die durch ein Linsenraster die Bildinformationen des Displays auf beide Augen verteilt. Dieses Verfahren verlangt eine genaue Positionierung vor dem Bildschirm und ist daher vor allem für einen Anwender geeignet (Single User). Solche Verfahren nutzen auch manchmal zur Optimierung des Effektes Eye-Tracking Systeme (z. B. Webcam des Displays), um das Bild auf die Position des Betrachters einzustellen. Wenn man dieses System für mehrere Zuschauer auslegt, werden entsprechend mehr unterschiedliche Raster angelegt, um aus unterschiedlichen Blickwinkeln den 3D-Effekt anzubieten.
Mit in diese Art der Wiedergabe gehören auch neue Head-Mounted Displays, also kleine TFTs, die in Brillen eingebaut sind und damit jedem Auge ein getrenntes Bild zuführen können (Cinemizer von Zeiss). Noch ist die Auflösung bescheiden (640x480), doch das Ergebnis bereits durchaus ansprechend.
3D ohne Brille
Mitte April 2005 hat Toshiba hat einen Flachbildschirm vorgestellt, der 3D-Bilder darstellt, ohne dass man eine Spezialbrille aufsetzen muss. Mit Hilfe von Mikrolinsen und Software ist es möglich, in einem breiten Sichtfeld dreidimensionale Bilder betrachten zu können. Im Gegensatz zu bisherigen Systemen kann auch der Betrachtungsabstand verändert werden. Das neue System erzeugt Lichtsignale ähnlich denen eines realen Objektes. Wird gedreht, müssen die Objektive der beiden Aufnahmekameras genau in dem Abstand unserer Augen nebeneinander angeordnet werden.
Wer mit Video oder Film in 3D dreht, muss die Kameras miteinander synchronisieren. Bei Video kann das z. B. über Blackburst oder LANC-Protokoll geschehen. Das Material kann im Fall von Video in eine Workstation eingelesen und digital korrigiert werden. Auf diese Weise können eventuelle Höhenunterschiede und ungewünschter Versatz korrigiert werden.
Viele Standards, sichtbare Schwächen
Noch gibt es diverse technische Ansätze, die häufig nicht miteinander kompatibel sind. Die Digitalisierung des Kinos kommt dem 3D-Film sehr zugute. Klassische Filmkopien, die nach und nach durch Schrammen, Staub und sonstige Abnutzung die Illusion von Dreidimensionalität reduzieren, sind da im Nachteil. Insbesondere die IMAX-Kinos (125 weltweit in 3D), die eine Vorreiterrolle im 3D-Geschäft haben, zeigen nach wie vor Filmkopien. Dafür spricht die dem digitalen Bild noch weit überlegene Bildqualität, dagegen sprechen aber eben der Verschleiß und die hohen Kosten für die Kopien. Jede IMAX-Kopie kostet etwa 30000 Euro - mit eine Erklärung, weshalb IMAX sich nur schwer hält.
Die digitale Produktion, bei der auch leichter die abwechselnden Bildinformationen mit der Shutter-Brille synchronisiert werden können, bietet hier spürbare Vorteile. Die Filme werden vom Server im Kino abgespielt und werden mit 48 Bildern in der Sekunde, also doppelt soviel wie beim konventionellen Kinofilm, je 24 fürs linke und 24 fürs rechte Auge, abgespielt. Die Kopie muss gar nicht erst hergestellt werden, die Daten werden an das Kino überspielt. Die meisten Verfahren, die mit Polarisation arbeiten haben zudem den Nachteil (der aber gerne verschwiegen wird), dass sie die Helligkeit der Projektion durch die eingesetzten Polfilter mehr als halbieren, die Brillanz der Projektion leidet also spürbar.
Digitales 3D-Kino
Filmemacher wie George Lucas, James Cameron, Robert Zemeckis, Robert Rodriguez oder Randall Kleiser unterstützen die Entwicklung des digitalen 3D-Kinos und produzieren Filme für dieses Verfahren. Interessanterweise müssen dafür nicht zwingend Filme neu gedreht werden. Es gibt auch computergestützte Verfahren, 2D-Filme nachträglich dreidimensional werden zu lassen. Dafür rechnet der Computer zusätzlich zum normalen Filmbild, welches dem linken Auge zugeführt wird, einen Versatz aus, der dann dem rechten Auge zugeleitet wird.
Fraglich ist, ob die neuen alten Verfahren dem Kino genügend Vorsprung geben werden. Wer sagt denn, dass nicht heimisches 3D-Vergnügen am Fernseher oder PC den Zuschauern genügen oder sie vom 3D-Kino auf Grund mancher Nebeneffekte (Kopfweh etc.) doch nicht so begeistert sind? Dann wird es Zeit für die Kinoindustrie, ernsthaft über Riech- und Tastkino nachzudenken...