Weichzeichner-Filter haben keinen guten Ruf, aber können mitunter die Bildwirkung enorm verbessern. Gerne wurden sie verwendet, um Traumsequenzen visuell vom übrigen Material zu unterscheiden oder für historische Filmszenen, für kitschige Liebesszenen oder gar für erotische Filme.Man realisierte diesen Effekt des "soften" Bildes auf vielfältige Weise. Mit Vaseline beschmierte Glasseiben, über die Frontlinse gespannte Neonstrümpe oder auch eigens für den Zweck aufgerauhte Glasscheiben führten zu diesen weichen Bildern. Früher hat man auch gerne Planglasscheiben ganz fein mit Haarspray angesprüht und in die Filterschublade der Mattebox eingesetzt.
Was genau passiert beim Weichzeichnen? Nun vor allem wird der Kontrast gemindert. Die eigens produzierten Weichzeichner-Filter haben fein geschliffene Strukturen, manchmal kreisförmig, manchmal parallel oder auch sich überkreuzend. Manche Filter verhalten sich auch ungleichmäßig um etwa in der Mitte einen geringen und zu den Rändern stärkeren Weichzeichner Effekt zu erzeugen (Radial-Weichzeichner).
Überschärfe reduzieren
Heute werden derartig starke Effekte kaum noch verwendet. Auch solche Dinge wie der Sternfilter Effekt etc. sind selbst bei Hochzeitsaufnahmen weitgehend ausgestorben. Im 21. Jahrhundert geht es eher um andere Dinge, bei der Verwendung von Weichzeichnern. Man möchte damit der zu hohen Schärfewirkung von Objektiven oder digitaler Bildverarbeitung entgegenwirken. Gerade wenn Aufnahmen so präzise, so technisch und hart aussehen, dass es die filmische Illusionen beeinflusst, können sanfte Filter dem entgegenwirken.
Viele Kameraleute wollen einer „digitalen Schärfe“ entgegenwirken, sehnen sich nach einem Filmlook, der organisch und vertraut aussieht. Um dies zu erreichen, wählt man geeignete Objektive, durchdachte Beleuchtung, hohen Dynamikumfang, große Sensoren, hohe Farbtiefe, zeichnet in RAW auf.
Filter wie der unten erwähnte Black Pro Mist können zusätzlich die klinische Präzision einiger Linsen sowie der Kamerasensoren aufheben.
Hier sind minimale Einflussnahmen gewünscht und natürlich müssen die Filter sehr hochwertig sein, um die optische Qaulität der Objektive nicht zu beeinträchtigen. Eintsprechende Vorsatzfilter können die Schärfe minimal reduzieren.
Filter
Normale Weichzeichner-Filter haben, was das Licht angeht, eine starke seitliche Streuung, was schnell unnatürlich, im Extremfall milchig soft wirkt. Deshalb verwenden Kameraleute gerne spezielle Diffusionsfilter, wie die Black Pro Mist, bei denen ganz feine schwarze Partikel in das Filterglas eingearbeitet sind, welche die seitliche Streuung verringern und mehr Kontrast beibehalten.
Ein Pro Mist 1,8 verringert die Highlights und generell die Kontraste und sorgt so für pastellige Farbtöne . Er reduziert Falten und Hautunreinheiten mit minimalem Verlust an Gesamtbilddetails. Es gibt ihn auch mit einer leichten Farbkomponente als "Warm Pro Mist" (1 oder 2), der macht schönere Hauttöne.
Black Satin 1 Filter haben eine starke Wirkung auf Gesichter ohne dass die Lichter zu sehr aufgebläht werden. Sie reduzieren die optische Auflösung, verringern den Kontrast, geben dem Bild einen ganz leichten Seidenglanz und einen feinen Korneindruck ohne dass der Schärfeeindruck reduziert wird..
Wenn es etwas deutlicher ausfallen soll wählt man 1/4, das wirkt bei nächtlichen Aufnahmen mit Lichtquellen schon etwas überdeutlich sichtbar. Das kann sehr stylisch aussehen, wenn Lichter leicht mit einem schönen weichen Glanz um die Highlights herum überstrahlen, aber man muss das wollen.
1/8 ist feiner, nahezu unsichtbar. Die Bildwirkung und Intensität ändert sich übrigens auch mit der Brennweite.
Digitale Weichmacher
Natürlich gibt es diese Effekte auch in digitaler Form, was den Vorteil hat, dass man sich nicht bei der Aufnahme bereits festlegen muss und vielleicht nuancierter am kalibrierten Bildschirm entscheiden kann, wie stark die Filterwirkung sein soll. Tiffen beispielsweise hat eine Software entwickelt, um alle ihre Filter zu simulieren, einschließlich Diffusion, Pro Mist und Glimmer Glass.
Das Weichzeichnen oder die leichte Unschärfe können kleine Wunder bewirken. Oftmals wirken Videoaufnahmen technisch etwas hart. Hier kann ein Unschärfe-Plugin Wunder wirken, allerdings muss man es sehr zurückhaltend einsetzen. Alle wichtigen Schnittprogramme bieten in ihren Effekteinstellungen auch Weichzeichner an, allerdings in geringer Auswahl und äußerst rudimentär. Bei Premiere Pro etwa gibt es gerade mal den Gaußschen Weichzeichner und die Richtungsunschärfe. Beide Tools sollte man sehr sorgfältig und sparsam einsetzen. Wenn man eine Unscharfeinstellung von 1 Pixel wählt, dann wird die Aufnahme kaum merklich, aber doch spürbar, etwas organischer.
Während der Gaußsche Weichzeichner, der auf der Wahrscheinlichkeitsverteilung, des deutschen Mathematikers Carl Friedrich Gauß basiert, eine gleichmäßige, Kontrastkanten reduzierende Unschärfe produziert, haben andere, wie der radiale Weichzeichner, der von einem festen Mittelpunkt aus, kreisförmig nach Außen immer weniger stark wirkt, bestimmte Richtungswirkungen. Selektive Weichzeichner erlauben, wie der Name schon sagt, eine gewisse Auswahl des Unschärfebereichs bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Kanten von Objekten. Das ist für das "Soften" von Gesichtern beispielsweise interessant. Nur selten wendet man Weichzeichner auf das gesamte Bildfeld an, meistens wählt man bestimmte Bereiche aus.
Raffinierte digitale Weichzeichner erlauben es auch, die Tiefenschärfe (=Schärfentiefe) abzumildern. Diese erzeugen eine Art Tiefenkarte des Motivs, erlauben es, die Schärfeebene einzustellen und simulieren dann für die übrigen Bereiche die Unschärfe welche bestimmte Brennweiten bzw. Blenden hervorrufen würden. Eine weitere Anwendung kann auch das Reduzieren von Bildrauschen sein.
Ein Problem bei der Burteilung der Einstellungen besteht darin, dass es sehr von der Betrachtungsgröße und dem Abstand abhängt, wie stark die Filterwirkung ist. Wer die Bearbeitung an einem 24 Zoll Bildschirm gemacht hat, wird bei der Projektion auf einer Kinoleinwand sein blaues Wunder erleben...
Aufwändige Berechnungen
Je komplexer der Auswirkungen eines physischen Filters in der Realität, desto schwieriger wird die Simulation per Software. Besonders schwierig wird es für die Software, wenn die Lichtquelle, deren Diffusion mit berechnet werden soll, sich außerhalb des Bildausschnitts befindet. Auch wenn diverse Phänomene der echten Glasfilter gut analysiert sind, ist deren digitale Nachbildung schwierig. Zu vielfältig die möglichen Reflexionen im Bild, zu breit die Palette an Zufälligem in der Wirklichkeit. Außerdem besteht in der digitalen Welt bei Bearbeitungen durchaus die Gefahr, dass beispielsweise Lichthöhe klippen,- so etwas kann bei einem echtlen Glasfilter nie vorkommen.
Manche dieser digitalen Filter arbeiten mit verschiedenen Layern, bei denen mit den Lichtern, verschiedenen Graden an Unschärfe und etwa dem Kontrast gearbeitet wird. Solange die Kamera oider die Objekte sich nicht zu sehr bewegen, funktionieren diese digitalen Filter am Besten, Bewegungen machen die Lichteinflüsse komplexer, da kann eine Aufnahme leicht künstlich wirken. Diverse Drittanbieter wie Magic Bullet Looks haben Weichzeichner-Plugins im Programm.
Digitale Maske
Es gibt auch eigene Software, die Filterhersteller wie Tiffen bieten digitale Varianten an, es gibt aber auch neue Hersteller mit ihren Plugins, zum Beispiel von Digitalfilmtools, „Beauty” von GenArts Sapphire Collection, „Magic Bullet Cosmo” von Red Giant, "Lens Care" von Frischluft,"Makeup Artist" von Scheffield Softworks oder die Digital Anarchy Beautybox. Letztere retuschiert dank Gesichtserkennung Haut in Videoeinstellungen automatisch, ist ein Plug-in welches in den größeren Videoprogrammen (Adobe After Effects, Adobe Premiere Pro, Apple Final Cut Pro und Sony Vegas) läuft. So kann man per Pipette die Hauttöne in das Plugin einspeisen, jeweils den hellsten und den dunkelsten Hautwert innerhalb des Videos. Das Plugin lässt sich der Hersteller allerdings teuer bezahlen. Wenn man sich das Geld sparen möchte, muss man für die Gesichter Masken anlegen, diese über die Bewegung hinweg mitführen und per Weichzeichner, Helligkeit / Kontrast und Lumetri Farbe in Premiere die gewünschten Verbesserungen vornehmen.
Vieles, was heute technisch möglich ist, macht die Gestaltung bzw. die nachträgliche Beeinflussung der Aufnahmen leichter. Simulationen von sehr komplexen Richtreflexionen können gelingen, müssen es aber nicht. Die so bearbeiteten Aufnahmen sehen vielleicht etwas anders aus, als sie mit einem physischen Filter ausgesehen hätten, ob die Zuschauer das spüren, sei dahingestellt. Und sicherlich werden diese Plugins und Programme mit der Zeit immer weiter verbessert.