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Digital

Trotz klarer digitaler Übermacht fragt sich Mancher, ob das digitale Kino ein Segen oder ein unkalkulierbares Risiko für die Kinos bedeutet

 

Streit um Pixel = Streit ums Überleben

Inzwischen ist die Digitalisierung der Kinos längst Realität. Doch das war längere Zeit nicht so sicher. Die Welt der Kinobetreiber zerfiel 2012 noch in zwei Blöcke. Die einen, die weiterhin mit Filmkopien arbeiten wollten, die deren Qualität schätzten und kein Investment in teure Digitaltechnik tätigen wollten und die anderen, die mit Hilfe von Fördermitteln und Zuschüssen dieses digitale Risiko eingehen wollten oder sogar mussten. Wenn KInos überleben wollten, werden sie fast zur Umstellung gezwungen, weil die Majors damit drohten, in den nächsten Jahren Blockbuster nur noch in digitaler Form zu verteilen.

Für die Großverleiher ist es ohnehin ein mühsames Gewerbe, kleine Kinos zu disponieren, mit Kopien zu versorgen und abzurechnen. Sie hätten vermutlich nichts dagegen, wenn sich die Zahl der Kinos reduziert und vor allem Multiplexe quasi als Höchstform der Industrialisierung des Films die Massenware abspielen.

Dabei können die Verleiher den Start, die Häufigkeit und Zeitraum der Vorführungen direkt steuern und sogar, wie von den einschlägigen Lobbyisten gefordert, direkt ins Kassensystem der Kinobetreiber Einblick nehmen und die Leihgebühren vorzugsweise gleich per Lastschrift vom Kinobetreiber einziehen. (Schnittstellen zu den gängigsten Kassensystemen wie Bildstein, Compeso, ETIX, Event Software, Evonex oder Ticket werden bereits erarbeitet.)

Es gibt nicht wenige Kinobetreiber, denen diese Art von Ferngesteuertheit und Überwachung absolut gar nicht mit der unternehmerischen und künstlerischen Freiheit als Kinomacher zu vereinbaren ist. Erfahrungsgemäß sind dies besonders jene Kinobetreiber, die sich im Vergleich zu den Multiplexen, die beständigen Hunger nach Blockbustern haben und quasi am Tropf der Großverleiher hängen, eine gewisse Unabhängigkeit bewahrt haben.

 

Strategien kleiner Kinos

Früher hat man sie abfällig "Schuhschachtel-Kinos" genannt, heute bauen immer mehr von Ihnen ihren einen Kinosaal in zwei oder mehrere kleine Säle um. Die kleinen Kinos spüren es am deutlichsten- man geht nicht mehr so oft ins Kino. Für viele Kinos ist die Reduzierung der Plätze die wirtschaftliche Lösung ihrer Probleme. Sie spielen feine, besondere oder klassische Filme, Filme die man in den großen Kinos versäumt hat. Mehrheitlich zeigen sie Arthouse, mit 25-30 % aber auch Mainstream (Nachspiel).

Programmkinos spielen die Filme eben nicht als Erste, sie spielen nach, wenn die Hits in den großen Kinos durch sind. Oder sie spielen Filme, die sonst keiner zeigt. Es sind die Disponenten der Verleihe, die regelmäßig bei den Kinos anrufen und versuchen ihre neuesten Starts unterzubringen. Der Kinobetreiber muss dann entscheiden, welche der laufenden Filme er aus dem Programm raus nimmt, um den neuen Titel zu spielen.

Nicht immer sind diese Entscheidungen ganz frei getroffen, die Verleiher haben so ihre Methoden, Einfluss auf die Programmgestaltung zu nehmen. Wer den nächsten Blockbuster möglichst früh und zu besseren Konditionen nachspielen möchte, der muss vielleicht auch einmal etwas schlechtere Titel aus dem gleichen Verleih spielen oder die Programmierung den Wünschen der Verleiher anpassen.

Schwierig für kleine Kinos sind etwa die von den Verleihern verlangte Mindestgarantie, weil diese oft gar nicht durch die Zuschauerzahlen erreicht würde. Oft sind die Arthouse-Verleiher in dieser Hinsicht sogar teurer als Großverleihe, denen das Nachspiel der ohnehin noch vom zurückliegenden Start in Massen vorhandenen Kopien, ein angenehmes Zusatzgeschäft verspricht.

Ungewöhnliche Aktionen und Reihen helfen den kleinen Häusern ebenfalls weiter. Begleitete, kommentierte Vorführungen besonderer Filme, Diskussionsrunden, Kinderkino oder Seniorennachmittage sind durchaus erfolgreich. Wenn die kleinen Kinos in bezahlbare digitale Projektoren investieren, die mit 1- 1,2 K Auflösung arbeiten, sind sie weiterhin ohne gigantische Investitionen konkurrenzfähig und müssen sich nicht unnötig verschulden, um die Auflagen der Industrie und der von deren Lobbyisten halbinformierten Politik, umzusetzen.

 

Distribution

Filmprojektor

Klassischer Vorführraum mit zwei 35mm Projektoren, die abwechselnd je einen Akt von ca. 20 Minuten Länge spielen

 

Die Filme selbst werden per Datenleitungen, Satellit etc. an die Kinos überspielt und dort in Servern vorgehalten oder aber per Festplatte, die auf dem Postweg zum Kino gelangt, versendet. Die Freigabe der jeweiligen Filmdaten erfolgt durch sogenannte elektronische Schlüssel, die direkt vom Verleiher per email an den Server des Kinos gesendet werden.

Doch noch ist es nicht so weit, noch wehren sich Kinobetreiber gegen die vollständige Steuerung und Kontrolle durch die Verleihkonzerne. Im Grunde haben sie gar nichts gegen die Digitalisierung, sie fragen sich nur, wie sie diese finanzieren sollen und weshalb ausgerechnet diejenigen, die durch Digital Cinema am meisten Geld einsparen, nämlich die Verleiher (sie brauchen nicht mehr hunderte oder tausende Kopien ziehen lassen von denen jede 1-2000 Euro kostet) sich nicht an den Investitionen beteiligen wollen.

Im Grunde könnte ein freies digitales Kino ohne massive Eingriffsmöglichkeiten durch die Verleiher, den kleinen Kinos durchaus Pluspunkte verschaffen. Sie könnten mehr unterschiedliche Titel anbieten, die sie zu wechselnden Zeiten vorführen. Die Programmierung wird damit flexibler und dynamischer, die Zuschauer fragen die jeweiligen Zeiten telefonisch oder über die Webseite des Kinos ab.

Dabei wären sie in der Lage, sehr genau an die örtlichen Gegebenheiten, Besucherstrukturen etc. einzugehen und zusätzlich auch andere Inhalte in das Projektionssystem einzuspeisen. Das können etwa Nachwuchsfilme sein, lokale Projekte auch von Schulen oder irgendwelchen Vereinen. Natürlich sind auch Sportereignisse, Konzerte, Theaterübertragungen etc. mögliche Angebote.

Ja selbst Familienevents wären denkbar und könnten so zur finanziellen Stabilisierung der fragilen Finanzierungsmodelle kleiner Kinos beitragen. Voraussetzung sind dafür Dekoder, die andere digitale Inhalte als die vom Verleih angebotenen, in das D-Cinema Format konvertieren können.

Natürlich kann sich nicht jedes Kino einen Techniker leisten, der sich mit der komplizierten Digitaltechnik auskennt. Deshalb sind Server und Projektoren meistens per Internet mit den Servicefirmen verbunden, die auf diese Weise bei möglichen Problemen schnell und aus der Ferne reagieren können.

 

Streit um das letzte Pixel

Als ob es nicht schon schwer genug ist, bei rückläufigen Zuschauerzahlen kleine Kinos zu erhalten, streiten sich die verschiedenen Kinophilosophien auch um die notwendige Auflösung speziell für kleinere Säle. Um welche Auflösungen geht es eigentlich bei der aktuellen Diskussion?

 

1,2 K

Nein, kein D-Cinema Standard, aber eine hochwertige bezahlbare Projektion für kleine und mittlere Leinwände! Für kleine Kinos wäre es in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchaus sinnvoll, wenn diese mit preiswerten 1,2 oder 1,4 K Projektoren (derzeit ab 5000 Euro zu haben)  zunächst einmal mit moderaten Kosten in die digitale Projektion einsteigen könnten. Die angedachten staatlichen Förderhilfen sehen aber die Bindung an eine 2 K Auflösung vor, eine deutliche Benachteiligung kleiner Kinos, welche die auf sie entfallenden anteiligen Kosten (Eigenanteil) kaum wieder einspielen können.

 

2 K (2048 X 1080 Pixel)

2K Auflösung ist im Grunde genommen projiziertes HD (1920 X 1080 Pixel), es hat etwa ein Viertel der Auflösung von 4K anzubieten. Während hierzulande insbesondere die Festlegung auf 2K Projektoren (statt preiswerter 1,2 K) viele kleine Kinos ins Schwierigkeiten bringen könnte, wird in den USA schon vereinzelt auf 4 K Systeme umgerüstet. Auch dies ist ganz im Sinne der Majors, die gerne weniger Kinos mit mehr Zuschauern kontrollieren möchten.

Die digitalen Filmdaten lassen sich problemlos mit unterschiedlichen Auflösungen abspielen. Sie liegen in hoher Auflösung (meistens 2K) und geringer Kompression vor. Eine Filmdatei hat je nach Länge des Films, etwa 50 GB.

 

4K (4096 X 2160 Pixel)

4K ist Bestandteil der DCI Spezifikationen und nähert sich, was die Auflösung angeht, dem 35 mm Film an. Momentan, wo es dank der reservierten Haltung deutscher Fernsehanstalten, noch kaum Zuschauer gibt, die HD aus eigener Anschauung kennen, ist projiziertes HD also tatsächlich ein Aha-Erlebnis. Argumentation der Techniker ist es, auch zukünftig im Kino höhere Qualität als in den Wohnzimmern anbieten zu können. Außerdem sieht man bei 2 K zumindest nahe der Leinwand die Pixel der Projektion, bei 4 K sind diese weitgehend nicht mehr zu erkennen.

Hochwertige Digital-Cinema Projektoren setzen technisch betrachtet, Panels ein, bei denen die Abstände zwischen den Pixeln möglichst gering sind. Interessanterweise gibt es beim Übertragen von Film auf digitale Träger oft das Phänomen, dass man das Filmkorn und dessen organische Bewegung in der Filmemulsion nicht mehr sehen kann. Für Freunde des klassischen Filmlooks ein spürbarer Mangel. Erhöht sich die Auflösung aber auf 4 K ist auch bei diesen digitalen Projektionen von ursprünglich auf Film gedrehten Inhalten, wieder das Filmkorn sichtbar.

4 K ist inzwischen verstärkt ein Thema, je mehr bezahlbare 4K Kameras auf den Markt drängen. Ob es die Alexa von Arri oder die deutlich preiswertere Red oder die BlackMagic Cinema ist, immer häufiger werden Filme in dieser Auflösung gedreht und es macht Sinn, diese wenn möglich auch in der mühsam erzielten hohen Qualität auch zu zeigen.

 

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