29. DOK.fest
07. - 14. Mai 2014
Das DOK.Fest 2014 ist wieder ein wenig gewachsen und präsentiert ein breiteres Programm. Es präsentiert dieses Jahr 135 Filme aus 41 Ländern. Die diesjährigen, mittlerweile 14 Kategorien sind:
Dok-Guest Brasilien,
International,
Deutsch
Horizont
Panorama
Ego
Retrospektive
Münchner Premieren
Special
Best of Oscars
Music - Open Air
Filmschulfestival
Education on Tour
Gastland 2014
Der Gast dieses Jahr ist Brasilien mit einer Auswahl von 6 brasilianischen Filmen: City of Gods - Ten years after, Grey City, Hélio Oiticica, Im Schatten der Copacabana, Mata Mata und O Samba.
Eröffnungsfilm wird "See no Evil" von Regisseur Jos de Putter sein, der ein berührendes Porträt dreier Menschenaffen macht. Es stellt die grundsätzliche Frage nach der "condition humaine" und reflektiert substanziell unser Verhältnis zur Kreatur.
Am besten informiert man sich natürlich vor Ort, oder aber im Dock-Blog von Münchner Filmstudenten, der dieses Jahr schon zum fünften Male online geht.
Filmkritiken
Neuland, Schweiz 2013
"Neuland" ist ein Dokumentarfilm von Anna Thommen über eine Gruppe junger Menschen, die aus aller Herren Länder in die Schweiz gekommen sind, um dort ein neues Leben zu beginnen. Der Film spielt in Basel und begleitet sie ein Jahr lang in einer Integrationsschule, wie sie, unterstützt von Herr Zingg, einem klugen Lehrer, nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch viele Abläufe und Notwendigkeiten erlernen, um sich im Land und ihrer beruflichen Zukunft zurecht zu finden.
Der Film kommt sehr konventionell daher, hat nahezu Fernseh-Ästhetik, doch das tut ihm vermutlich sogar gut. Die neutrale Beobachtung der verschiedenen Akteure eröffnet dem Zuschauer nach und nach mehrere Schicksale. Etwa das von dem 19-jährigen Ehsanullah, einem Flüchtling aus Afghanistan, der 20.000 Dollar für seine Flucht zurückzahlen muss, sonst verlieren seine Eltern ihr Ackerland, was ihn letztlich dazu zwingt, die Schule aufzugeben. Oder jenes von Nazljie, der jungen Albanerin, die davon träumt, Lehrerin zu werden, die aber letztlich nicht die Möglichkeiten haben wird, noch acht Jahre lang Schule und Studium zu finanzieren, um diesen Traum verwirklichen zu können. Sie wird als Pflegeassistentin ihre Zukunft in der Schweiz meistern.
Der Film spielt vorwiegend in der Schule, hier und da auch in Praktikumsbetrieben oder in der Basler Fastnacht, nimmt sich ausreichend Zeit, Informationen zu geben und deren Auswirkungen aus den Gesichtern der betroffenen Jugendlichen abzulesen. Der Film lässt Lücken, die der Zuschauer mit seinen eigenen Vermutungen füllen kann. Er bohrt nicht, um den Jugendlichen vielleicht mehr zu entlocken als sie preisgeben möchten, erlaubt ihnen auch, zu schweigen und fügt so ein Gesamtbild zusammen, in dem jedem klar wird, welch schweres Schicksal die meisten dieser jungen Leute bereits mitgebracht haben, bevor sie nun auch noch mit den Behörden und den Notwendigkeiten des Überlebens zurecht kommen müssen.
Ein gelungener Dokumentarfilm aus der Schweiz, der sich lohnt, der berührt und einmal mehr Verborgenes sichtbar machen kann.
Gesehen von Mathias Allary
Cantos, von Charlie Petersmann, Schweiz 2013
Es geht um vier Menschen in Kuba, vier Überlebensstrategien. Wir folgen ihnen in den Alltag, wo sie versuchen, das Leben erträglich zu machen. Liliane, die einzige, die nicht anonym geblieben ist, ist Bloggerin und alleinerziehende Mutter und kämpft für die Menschenrechte und Meinungsfreiheit, so dass ihre Tochter in einer besseren Welt groß werden könnte.
Ein Bauer blickt zufrieden auf sein Leben in den kubanischen Bergen zurück - doch sein großer Traum wäre es, zu reisen. Wir folgen auch einem Jungen durch seine alltäglichen Versuche, Produkte schwarz zu verkaufen, und einem Mann, der durch die ganze Stadt läuft, um Schmerzmittel für seinen kranken Freund zu besorgen.
Dieser Dokumentarfilm ist sehr erstaunlich in seiner Weise Sachen zu zeigen: Konkrete Armut, Perspektivlosigkeit, Bemühungen und schwer erträglicher Alltag wurden auf eine sehr sensible und ästhetische Art gedreht. Aber nicht nur in Hinsicht auf die Kamera, sondern auch dank dieser vier Personen selbst: Sie sind alle vier überraschend gleichzeitig voller Poesie und Klarheit. Es ist ein Dokumentarfilm, der Lust macht, die Welt zu verändern.
Gesehen von Juliette Reichenbach
Hélio Oiticica, von Cesar Oiticica Filho Brasilien 2012
Hélio Oiticica war einer der bedeutendsten brasilianischen Künstler des 20. Jh. Hier schenkt uns Cesar Oiticica Filho, sein Neffe, ein Kaleidoskop über das kreative Schaffen und das Leben des Künstler in Rio, New York, oder London.
Cesar Oiticica Filho schafft hier etwas Besonderes: Er bringt den Zuschauer dazu, auf eine andere Weise auf den Bildschirm zu schauen, nämlich dank einer engen Verbindung zwischen Musik (ganz unterschiedliche Musik Richtungen) und Bildern (auf einen sehr hektischen Rhythmus, welcher dem Film eine ganz unerwartete Seite gibt) und während eines großen Teils des Filmes hört man gleichzeitig im Hintergrund das Interview, oder einfach Bemerkungen von Oiticica. Seine bemerkenswert monotone Art zu Reden trägt dazu bei, die Seltsamkeit der Stimmung zu unterstreichen.
Es ist auch sehr spannend, man spürt eine Steigerung in dem Film, weil das Leben Oiticicas reich an Wendepunkten war. Man wird in die Oiticica Spirale mitgerissen.
Gesehen von Juliette Reichenbach
Die Preisträger 2014:
Der VIKTOR DOK.international 2014, gestiftet von SKY (dotiert mit 10.000 EUR), ging an den Film SEE NO EVIL von Jos de Putter, durch die Jurys Melissa Lindgren, Veton Nurkollari und Ulla Simonen. Nominiert waren mehrere Filme der Festival-Reihe DOK.international.
Der VIKTOR DOK.deutsch 2014, gestiftet vom Bayerischen Rundfunk (dotiert mit 5.000 EUR), ging an den Film NIRGENDLAND von Helen Simon, durch die Jurys Irène Challand, Walter Greifenstein und Petra L. Schmitz. Nominiert waren mehrere Filme der Festival-Reihe DOK.deutsch.
Der VIKTOR DOK.horizonte 2014, gestiftet von ARTE (dotiert mit 3.000 EUR)., ging an den Film CANTOS von Charlie Petersmann, durch die Jurys Prof. Dr. Frank Heidemann, Hana Kulhánková und Ewa Szablowska. Nominiert waren mehrere Filme der Festival-Reihe DOK.horizonte.
Der FFF-Förderpreis Dokumentarfilm 2014, gestiftet vom FilmFernsehFonds Bayern (dotiert mit 5.000 EUR), ging an den Film IM SCHATTEN DER COPACABANA von Denize Galiao, durch die Jurys Klaus Blanc, Rainer Gansera und Ina Rossow. Nominiert waren reihenübergreifend mehrere bayerische Nachwuchsregisseure.
Der Preis SOS-Kinderdörfer weltweit 2014, gestiftet von BOA Videofilm GmbH (dotiert mit 3.000 EUR), ging an den Film NEULAND von Anna Thommen, durch die Jurys Prof. Dr. Heribert Prantl, Dr. Katja Wildermuth, Margret Köhler, Daniel Sponsel, Dr. Wilfried Vyslozil, Christine Kehrer und Sebastian Spaleck.
Der OmU-Preis der Untertitel-Werkstatt Münster 2014 (Wert 2.500 EUR), ging an den Film DAS LEBEN NACH DEM TOD AM MEER von Martin Rieck. Nominiert waren die Filme der Reihe DOK.deutsch.
Preise DOK.forum:
Der megaherz filmschool award 2014, 1. Platz im filmschool.forum, Dotiert mit 3.000 EUR und gestiftet von megaherz, ging an den Film SCOUTS AT THE CROSSROADS von Sjoerd Niekamp, durch die Jurys Melanie Jilg, Susanne Meures, Christoph Miera, Laurentia Genske, Vera Drude und Laura Reichwald. Eine Special Mention bekam der Film IK von Jona Honer.
Der ARRI pitch award 2014, 1. Platz für das beste Nachwuchskonzept, Beistellungen in Höhe von 5.000 Euro und gestiftet von ARRI, ging an den Pitch LEO LÖWE von Benedikt Schwarzer, durch die Jurys Petra Felber BR, Jutta Krug WDR, Fidelis Mager megaherz, Türkan Schirmer ZDF / ARTE, Anita Hugi SRF, Milena Bonse ZDF, Monika Schäfer ARTE / NDR ,Franz Grabner ORF und Ralph Wieser Mischief Films.
Deutscher Dokumentarfilmmusikpreis 2014, gestiftet vom Förder- und Hilfsfonds des Deutschen Komponistenverbandes, dotiert mit 2.500 EUR, ging an Ulrike Haage für die Filmmusik zu MERET OPPENHEIM.
Förderpreis Filmjournalismus 2014, gestiftet vom FilmFernsehFonds Bayern, dotiert mit 1.000 EUR, ging an Julian Dörr für eine Reportage über einen Münchner Tatort.