Ein interessanter Player unter den On-Kameramikrofonen oder auch Aufsteckmikrofone genannt, mischt die Karten neu. Was kann das neue M3 Mic Trak? Nur damit wir uns nicht missverstehen,- Mikrofone, die an der Kamera befestigt sind, sind nicht die erste Wahl für Profis. Sie sind ein Kompromiss, vor allem, wenn man alleine dreht und niemand sich um den Ton kümmern kann. Dann sind sie meistens leistungsfähiger, definierter und gerichteter als die eingebauten Kameramikrofone. Und genau diesen Einsatzzweck peilt Zoom mit seinem neuen Mikrofon an und liefert gleich einige Besonderheiten mit, die es für die Anwender interessant macht.
Für sich allein genommen, ist die Tonqualität des Mikrofons vergleichbar mit der anderer guter Kameramikrofone von Anbietern wie Rode, Sennheiser und Shure. Allerdings hat Zoom in dieses Gehäuse nicht nur eine sondern mehrere Mikrofonkapseln eingebaut, eine nach vorne gerichtete und eine zu den Seiten zeigende Acht, um damit MS Stereophonie zu ermöglichen. Was das genau ist, erklären wir in unserem Kapitel über MS Stereophonie,- vielleicht nur so viel,- es ermöglicht, den aktustischen Raum im Stereobild auch nachträglich noch zu verändern. Das ist für Atmos gut. Gleichzeitig kann man mit der nach vorne gerichteten Kapsel Stimmen etc. etwas besser aus den Umgebungsgeräuschen heraushören.
Profis nehmen Stimmen mit hochwertigen Richtmikrofonen an einer Tonangel und dicht an den Mündern der Personen und / oder mit angesteckten Lavaliermikrofonen auf, aber das steht auf einem anderen Blatt. Will man das M3 Mic Trak ohne Kamera verwenden und trotzdem in der Hand halten, könnten so praktische Handgriffe mit Blitzschuh-Anschluss wie der Blitzschuh-Griff für FG-40, der NEEWER NATO Seitengriff, der Nitze Side Handle oder der NEEWER Sling Griff. weiterhelfen.
32 Bit Digitalrecorder
Was das M3 Mic Trak so besonders macht, ist die Tatsache, dass es gleichzeitig ein digitaler Recorder ist, der mit 32 Bit Fließkomma auf Micro SD Karten aufnimmt, was bedeutet, das man nicht mehr bei der Aufnahme pegeln muss und es auch keine übersteuerten Aufnahmen mehr gibt. Man kann die Aufnahmen später per Software im Pegel optimieren und wandelt sie gleichzeitig in 24 Bit, das gängige digitale Format bei der Tonbearbeitung.
Das Mikrofon selbst ist relativ kompakt, auffällig ist lediglich ein rechteckiger Kasten am hinteren Ende, welcher als Batteriefach und Anschluss von Kopfhörern (einstellbar mit Lautstärkeregler) dient. Mit den vier erforderlichen AA Batterien wiegt das Mikrofon unter 150 Gramm, ohne Batterien nur knapp über 90 Gramm, das ist natürlich nur durch ein Plastikgehäuse möglich. Das Plastikgehäuse macht das Mikrofon auch sehr empfindlich gegen Griffgeräusche,- man sollte es nicht in der Hand halten bei der Aufnahme, eigentlich ist der mitgelieferte Shockmount verpflichtend. Ohne Metallgehäuse sind derartige Mikrofone leider auch schlecht abgeschirmt gegen HF Signale, also vieles von dem was so an Radio,- und Funkwellen durch die Luft wabert. Zoom hat da angeblich nachgebessert, das Problem soll wohl bei der ersten Baureihe mit den Seriennummern zwischen 0011 - 1010 aufgetreten sein.
Das Kästchen unter dem Mikrofonrichtrohr verhindert allerdings auch, dass man das Mikrofon in einem anderen Shockmount oder Korbwindschutz einsetzen könnte. Andererseits wird man, wenn man schon einen Korbwindschutz verwendet, der meist mehr als das Doppelte des M3 Mic Trak kostet, verwendet, auch ein höherwertiges Richtmikrofon wählen, welches noch eine viel bessere Richtwirkung und Rauschfreiheit bietet.
Es können im Gegensatz zu manch anderen älteren Zoom Recordern Speicherkarten von bis zu 1 TB verwendet werden. Das ist praktisch, denn die Datenmenge wird durch 32 Bit und die gleichzeitige Aufzeichnung von dekodiertem MS Signal und RAW größer. Der Vorteil dieser doppelten Aufzeichnung liegt darin, dass man auch ohne Nachbearbeitung bereits ein Stereosignal verwenden kann. Die Basisbreite kann man am Mikrofon zwischen 90 und 120 Grad umschalten. Falls einem das später doch nicht zusagt, kann man mit Hilfe der zweiten unkodierten Datei andere Basisbreiten an der Workstation einstellen.
Innere Werte
Ein Funktionsdisplay gibt es nicht, lediglich eine LED zeigt an, wann das Mikrofon in Standby ist (grün),und wann die Aufnahme läuft (rot). Zusätzlich gibt es ein orangefarbenes Blinken, wenn die Batterieleistung am Ende ist. Leider befinden sich die LEDS auf der Oberseite des Mikrofons, die man wenn man in Augenhöhe mit einer Kamera dreht, einfach nicht sieht. Manches an Bedienfunktionen (z.B. Gain oder automatische Abschaltung) hat man in die Software verlegt, doch die wichtigsten Dinge sind über Tasten am Mikrofon erreichbar: Vorhanden sind Tasten für Aufnahme, Play/Pause (Kontrollmöglichkeit der jeweils letzten Aufnahme, Lowcut und Stereomodus, Außerdem gibt es natürlich eine Power Taste zum Ein,- und Ausschalten.
Das Mikrofon hat einen Mini-Klinkenausgang, den kann man über ein kurzes Kabel mit dem Mikrofoneingang der Kamera verbinden und den Ton in der Kamera aufnehmen. Das geht dann natürlich nicht in 32 Bit und man handelt sich möglicherweise durch die zumeist primitiveren Mikrofonvorverstärker in der Kamera zusätzliches Grundrauschen ein. Außerdem muss man gut pegeln, in der Kamera kann das Signal durchaus übersteuren. Aber man hat ja dann noch die internen 32 Bit Aufnahmen, die man in der Postproduktion parallel zum Kameraton legen kann. Von der Tonqualität her sind die Werte des Mikrofons in Ordnung, nicht sensationell, aber deutlich besser als jedes eingebaute Kameramikrofon. Es gibt noch eine zweite Mini-Klinkenbuchse, die für den Kopfhörer gedacht ist, dessen Lautstärke kann man über up down Tasten einstellen.
Ein Shockmount mit Blitzschuh, an dem sich übriges das einzige Metallteil befindet, sorgt dafür, dass weniger Körperschall übertragen wird. Er ist allerdings äußerst primitiv, einfach nur mittelfestes Plastik und fängt wirklich nur geringfügig Körperschall ab. Es ist schade, dass Zoom hier nicht eine Lösung mit Gummibändern gewählt hat, die man tatsächlich Shock-Mount nennen dürfte.So wird wirklich jede mechanische Berührung der Kamera gnadenlos auf das Mikrofon übertragen.
Ein Schaumwindschutz gehört ebenfalls zum Lieferumfang. Ein Fell, welches bei den meisten Außenaufnahmen zwingend erforderlich ist, muss zusätzlich erworben werden. Wer aber während der Aufnahme an seiner Kamera Knöpfe oder Drehräder betätigt, wird das trotzdem hören. Die Betriebsdauer mit vier AA Batterien beträgt ca. 12 Stunden, das ist mindestens ein Drehtag. Schade, dass hier keine eingebauten L-Ionen Akkus zum Einsatz kommen. Das hätte die Gehäusemaße nochmals reduziert und den Usern mehr Value geboten.
Auch für Streamer bietet das Mikrofon einen entsprechenden USB-C Ausgang. Wir hatten den Eindruck, dass die Kapsel mit der Acht ein höheres Grundrauschen liefert als die nach vorne gerichtete Kapsel, auch das ist keine ungewöhnliche Beobachtung bei MS Mikrofonen.
Feinheiten
Die Bedienung ist nicht immer wirklich intuitiv. So muss man wissen, dass man nicht einfach das M3 MicTrak nicht einfach per USB Kabel mit dem Computer verbinden und die aufgenommen Dateien in der zugehörigen App abspielen bzw. bearbeiten kann. Das geht nämlich nur, wenn man das Mikrofon ausgeschaltet hat und zunächst die Stereotaste (zweite von oben) sowie danach die Einschalt Taste (oberste Taste) drückt. Dann wird das Mikrofon in einen Datenübertragungsmodus versetzt. Die Dateien kann man dann in einen Ordner auf dem Rechner kopieren und sie dann in der App aus dem entsprechenden Ordner auf dem Rechner öffnen. Das Mikrofon muss man danach wie ein USB Gerät vom Rechner trennen, ausschalten um den Datenmodus zu beenden und dann kann man wieder damit aufnehmen.
Fazit
Die Software ist recht primitiv gestaltet, man kann das Stereobild und den Gain verändern. Schade ist, dass man nichts editieren kann. Es ist also nicht möglich, etwa nur eine bestimmte problematische Stelle einer längeren Aufnahme im Gain zu ändern, man muss immer das komplette File umrechnen. Das kann dauern und leider gibt es auch keine Fortschrittsanzeige, man weiß also nie, wie lange es dauern wird.
Der Preis von um die 230,- € ist fair. Die Bedienung ist super einfach, die Software für die Wandlung von 32 Bit in 24 Bit ist kostenlos, das Mikrofon ist eine spürbare Verbesserung gegenüber eingebauten Kameramikrofonen und das 32 Bit Recording ein effektiver Pluspunkt der schlecht gepegelte oder übersteuerte Aufnahmen verhindert. Vermutlich ist die Streuung der Mikrofonkapseln in ihrer Qualität auch größer und es sind auch keine echten Kondensatormikrofone sondern Electret Kapseln, für diesen Preis kann man nun mal nicht anderes herstellen. Das M3 MicTrak stellt einen gelungenen Kompromiss dar, es ist derzeit vermutlich das beste kompakte Kameramikrofon. Für professionellen Spielfilmton verwendet man höherwertige Mikrofone mit denen der Ton dann geangelt wird, sowie Lavaliers,- man darf gespannt sein, wann die dann mit eingebauten 32 Bit Recordern angeboten werden.