Zugegeben, die Liebe für den Film und das Kino scheint in Frankreich und insbesondere in Paris am größten zu sein und 400 Kinos in einer einzigen Stadt, das ist doch eine Ansage. Dass Zürich das zumindest bezogen auf die Einwohnerzahl toppen kann, liegt an den etwas über 400.000 Einwohnern Zürichs, die mit den 35 Kinos der Schweizer Großstadt rein rechnerisch eine höhere Dichte erreicht als Paris, wo immerhin fast 13 Millionen Einwohner sich diese 400 Kinos teilen müssen. So liegt Paris sehr knapp hinter Zürich, was die Dichte an Kinos angeht.
Sie heißen "Blue Cinema Corso", "Arthouse Le Paris", "Arthouse Piccadilly", "Arena Cinemas Sihlcity", "Filmpodium", "Filmstelle", "Xenix", "Houdini", "RiffRaff", "Abaton", oder "KOSMOS" um nur einige zu nennen.
Und dass diese Stadt so eine hohe Kinodichte hat, ist nicht nur der Kinobegeisterung ihrer Bewohner sondern auch ihrer langen Kinogeschichte zu verdanken.
Frühe Kinostadt
Bereits 1907 wurde an der Waisenhausgasse in Zürich das "Kinematographen-Theater" und 1912 das "Palace" Kino im Caspar-Escherhaus von dem in Hattingen, Baden-Würtemberg geborenen Jean Speck eröffnet. Das Palace bot bereits 450 Zuschauern Platz, 1913 gründete er das "Orient" (450 Plätze) und 1929 das "Picadilly". Speck war so Kino begeistert, dass er 1913 sogar einen Filmverleih begründete, die Projektions Helvetia A. G. Speck betrieb übrigens vorher ein Panoptikum in Zürich, wo er allerlei "exotische Kuriositäten" wie Akrobaten und Ringkämpfer auftreten ließ und dort auch bereits 1899 erste kurze Filmstreifen zeigte,- was einmal mehr die Nähe des Kinos zu Jahrmärkten und Variétés belegt. Kein Wunder also, dass viele frühe Filme, wie etwa von den Skladanowski Brüdern eigentlich abgefilmte "exotische Kuriositäten", wie etwa boxende Kängurus zeigten.
Speck war nicht allein, 1907 wurde auch das Kino "Radium" von Carl Simon-Sommer im Erdgeschoss eines mittelalterlichen Gebäudes an der Mühlegasse 5 (Niederdorf/Altstadt) gegründet. Es hatte 150 Sitzplätze und wurde übrigens erst 2008, nach einer letzten Phase als Sexkino, geschlossen. 1908 wurde dann das "Eden" mit 230 Plätzen, 1910 die "Lichbühne" mit 480 Plätzen, 1911 das "Olypmia" mit 190 Plätzen, 1913 das "Roland" mit 260 Plätzen, 1913 das "Volkstheater" mit 330 Plätzen, 1920 wurde das "Bellvue" mit 600 Plätzen und 1932 das heutige "Metropol" unter dem Namen "Roxi" mit 400 Plätzen eröffnet. Allein diese Beispiele zeigen, wie das Kino boomte und wie sich das neue Medium in rasanter Geschwindigkeit in der Stadt ausgebreitet hat. Die Kinos wechselten häufiger ihre Besitzer. Darüber hinaus gab es auch vereinzelte Film-Events, wie die Gala-Vorführung von "Quo Vadis" (Regie: Enrico Guazzoni, 1913) vor 1200 ZuschauerInnen in der Tonhalle in Zürich.
Die frühen Kinos hießen noch Kinematographentheater und zeigten nicht etwa Filme, sondern "laufende Bilder" als Non-Stop Programme. Die Zuschauer zahlten Eintritt, schauten so lange, bis sich das Programm wiederholte und gingen wieder. Oder sie schauten die Streifen ein zweites Mal an.
Weite Kinolandschaft
10542 Sitzplätze haben die Kinosäle in Zürich zusammen. In keiner anderen Stadt können so viele Filme auf so engem Raum angeschaut werden, wie in Zürich. Etwa 3 Millionen Zuschauer nehmen das Angebot in einem Corona- freien Jahr normalerweise wahr. Dabei ist das Preisniveau für den Kinoeintritt mit 15 bis 20 Franken vergleichsweise sehr hoch. Die Deutschschweiz liegt allerdings bei den Tickets auch deutlich höher als etwa die Westschweiz oder die italienisch Schweiz, wo die Eintritte zwei bis drei Franken weniger kosten.
Viele Filme werden in Originalfassung gezeigt, oft ist das teurer (Untertitel), als die synchronisierten Versionen aus Deutschland oder Österreich zu beziehen,- aber natürlich ein großer Vorteil für Kinofans. Auch architektonisch und technisch sind einige der Kinos ihrer Zeit weit voraus. Kein Wunder, dass Samsung ausgerechnet in Zürich, mit dem Silhcity das erste europäische Kino, was statt Leinwandprojektion riesige nahtlose Displays verwendet, ausgestattet hat. Einige Kinos wie etwa das Riff-Raff besitzen auch eine eigene Bar oder wie das Commercio direkt beim Bahnhof Stadelhofen, sogar ein eigenes Restaurant. Wer dort ein Kinoticket kauft, erhält die Speisen im Restaurant günstiger oder einen "Kino-Teller".
Mit den Kinos Abaton, Corso und dem Metropol stehen auch richtige Kino-Paläste mit großen Leinwänden zur Verfügung. Und wer es etwas luxoriöser liebt, findet im Abaton im West-End modernste Projektions,- und Tontechnik auf einer Riesenleinwand und sogar großzügige Logenplätze.
Das Angebot ist so breit gefächert, dass eigentlich Jeder in Zürich sein Lieblingskino entdecken kann.