Für Schauspieler*Innen sind nicht nur Sedcards, sondern vor allem aktuelle Demo-Videos (Show-Reels) ein wichtiges Instrument um an neue Jobs zu kommen. Ist man bereits erfolgreich im Geschäft, kann man jeweils aus den letzten Produktionen Ausschnitte verwenden. Doch wer seltener dreht, muss sich oft selbst darum kümmern, aktuelle Aufnahmen von sich anbieten zu können. Wie entstehen solche Videos? Leider gibt es da auch eine ganze Reihe schwarzer Schafe, welche die Not von Schauspieler*Innen ausnutzen und ihnen für viel Geld oft nur mittelmäßige oder sogar schlechte Videos produzieren.
Hier gibt es höchst unterschiedliche Ansätze. Manche drehen diese Videos mit Freunden, andere beauftragen Firmen, wieder andere nutzen eigens dafür angebotene Weiterbildungen. Von den selbstgedrehten Handyvideos bis zu hochwertig und professionell gedrehten Filmszenen reicht die Palette. Wir waren bei den Drehs vom Theaterwerk München dabei, die seit vielen Jahren innerhalb ihrer Weiterbildung "Acting for Film" mit den Teilnehmer*Innen jeweils zwei Filmszenen hochwertig vorbereiten und professionell produzieren.
Bei den Schauspiel-Demos gibt es unterschiedlichste Ansätze und man sollte sich sehr genau überlegen, welche Aufgabe die Videos erfüllen sollen. Dabei gibt es sicherlich unterschiedliche Ansichten, doch ein paar Dinge sollte man vermeiden. Man sollte bei den Videos stets professionell erscheinen, uneitel, natürlich nicht bedürftig, einen Schauspiel-Job zu bekommen. Man darf durchaus überraschen, sollte aber zugleich auch im Auge haben, wo man gerne hin möchte, wo man sich sieht. Ob es der Krimi, die Reihe, die Serie, das Drama, die Tragödie oder auch die Komödie ist.
Die Sprache
Zunächst einmal sollte man wissen für welchen Markt man das Video produziert. Im Allgemeinen ist es der heimische Markt, also im deutschsprachigen Raum sind das Deutschland, Österreich und die Schweiz. Das wieder legt die Sprache, in der das Video gedreht sein sollte, eindeutig fest. Nun gibt es immer wieder Schauspieler*Innen, die davon träumen, auch gleich in Hollywood Karriere zu machen und die deshalb ihr Demovideo lieber auf Englisch drehen wollen. Das kann man machen,- aber für den Sprung in den amerikanische Markt braucht es etwas anderes, als ein englisch gesprochenes Video. Man muss im eigenen Markt erst einmal erfolgreich sein, damit man in den USA irgendwem auffällt. Schauspieler wie Daniel Brühl waren erst einmal in Deutschland erfolgreich ("Goodbye Lenin") bevor sie irgendwann international drehen konnten. Zugleich signalisiert ein englisch gesprochenes Video den Agent*Innen, Caster*Innen und Regisseur*Innen möglicherweise, dass die darin agierenden Schauspieler*Innen nicht wissen, wo sie stehen. Deshalb würden wir stets zu Demovideos in der Muttersprache raten.
Authentizität
Manche Demovideos arbeiten mit Zusammenschnitten aus kommerziellen Kinofilmen. Da werden dann Originaldialogszenen so neu montiert, dass beispielsweise George Clooney mit den nachgedrehten, von der Darstellerin des Demovideos gespielten Gegenschüssen verknüpft werden. So cool das in der Theorie auch klingt, eine Demoszene mit George Clooney zu haben,- selbst wenn es gelingt, diese von der visuellen Anmutung und Ausleuchtung halbwegs an den Hollywood-Look anzupassen,- letztlich wirkt es dennoch peinlich. Weil man als Schauspieler*In signalisiert, wo man gerne wäre, aber nicht ist. Deshalb sollten auch die Demovideos Bodenhaftung haben, sollten glaubwürdig und natürlich wirken.
Seine Möglichkeiten zeigen
Die Szenen auf einem solchen Demovideo sollten unterschiedliche Gemütszustände und vielleicht auch verschiedene Genres zeigen. Die Szenen sollten klug geschrieben und bitte nicht von bereits existierenden Filmen geklaut sein. Denn vielleicht will man sie ja irgendwo online stellen (Agentur, YouTube etc.) und dann sollte man auch über die Rechte an dem Drehbuch verfügen. Das heißt nicht, dass man sich nicht durch ein Vorbild inspirieren lassen darf,- man kann die Tonalität, kann den Stil übernehmen, aber man muss seine Szene trotzdem neu und anders schreiben. Darin liegt ja zugleich die Chance, etwas zu schreiben, was einem sozusagen auf den Leib geschneidert ist.
Visuelle Anmutung
Klar gibt es inzwischen unzählige Castings, die über Zoom oder Skype laufen, doch wenn es irgendwie möglich ist, sollte man von diesem weitwinkligen Handylook wegkommen, hin zu mehr cineastischen Umsetzungen. Das bedeutet,- wenn möglich mit Super 35/APS-C oder noch besser Full-Frame Kameras drehen, hochwertige, lichtstarke Objektive verwenden und professionelles Licht setzen. Natürlich machen sich auch Kamerafahrten gut, aber das ist nicht so zwingend notwendig. Wenn die Bilder hochwertig sind, kann man vom Stativ oder auch aus der Hand gefilmt, absolut überzeugende Aufnahmen machen. Bei den Drehs zu den Theaterwerk-Videos sorgen DOP Julian Wolf und AC Leon Vossberg für tolles Licht und hochwertige Aufnahmen im Kinolook.
Regie
Ja, es kann durchaus gelingen, dass man es auch ohne Regie hinbekommt, doch eigentlich ist es auch für Demovideos wichtig, dass Jemand einen coached, das eigene Spiel reflektiert und sich vor allem auch um die optimale Auflösung, das Staging, das Timing und den Ausdruck kümmert. Und das kann man einfach besser, wenn man von Außen die Szene beobachtet. Wenn es also irgendwie möglich ist, sollte man versuchen, bei den Aufnahmen für die Demovideos eine Regie dabei zu haben. Im Fall des Theaterwerks München etwa, waren mit Holger Borggreve und Wilhelm Engelhardt zwei erfahrene Regisseure dabei, welche die Szenen begleiteten.
Tonqualität
Auch der Ton sollte erstklassig und nicht irgendwie hallig über ein Raummikro aufgenommen sein, schließlich gehört die eigene Stimme maßgeblich zu der Persönlichkeit dazu, die man mit seinem Video präsentieren möchte. Das bedeutet, mit hochwertigen Richtmikrofonen den Ton angeln und parallel dazu mit Lavaliermikros und Funkstrecken zur Sicherheit mit aufzeichnen. Der Ton sollte frei von irgendwelchen Störgeräuschen sein,- weder Baustellenlärm noch Flugzeuggeräusche sollten im Hintergrund zu hören sein.