Man mag es kaum glauben, doch auch High Definition hat eine Geschichte. Formate wie HDCAM (Sony auf Basis von Digi-Beta Bändern), HDCAM SR, DVCPRO HD sowie die nicht am Markt durchgesetzen D9-HD (JVC), Panasonic mit HD-D5 arbeiteten mit niedriger Datenkompression. Sie glänzten mit 4:2:2 als Standard oder 4:4:4 und bis zu 12 digitalen Audiokanälen für High-End-Produktionen. Bis auf HD-D5, HDCAM SR sowie AVCPRO Intra (10 Bit) haben die vorgenannten Profiformate bisher alle 8-Bit Wortbreite.
Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass etwa das ausgestorbene HD-Format D6 als einziges bandgestütztes HD-Format von Thomson sogar unkomprimiert arbeitete. Das können sonst nur HD-Kameras, die per HDMI oder doppeltem SDI auf externe Festplattenspeicher aufzeichnen.
Keine wirklich neue Idee
HD ist gar nicht so neu, wie die meisten glauben. Bereits Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahre gab es HD-Systeme etwa von Sony oder auch von BTS in Darmstadt. Es waren analoge HDTV-Systeme, Kameras, Bildmischer und Rekorder, die sich aber nicht gut verkauften. 1989 etwa kooperierte Wim Wenders bereits mit Sony und drehte Passagen seines Films "Bis zum Ende der Welt" (1991) mit HDTV-Kameras und 1920 x 1080 Pixeln. Seitdem ist viel Zeit ins Land gegangen und die Digitalisierung hat die Signalverarbeitung verändert. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass digitale Signalübertragung, wenn man sie nicht komprimiert, mehr Bandbreite benötigt, als die analoge Signalübertragung.
HDV-kompaktes Wunderkind
Seit etwa 2004 aber ist das scheinbar Unwahrscheinliche, dass man noch mehr Bildinformationen auf die ohnehin schon grenzwertigen DV- bzw. Mini-DV Kassetten aufzeichnen kann, real geworden. Was bisher den teuren Profigeräten vorbehalten blieb, drängt nun mit Macht auf den Markt der anspruchsvollen Consumer- und Low-Budget-Professionals. Die Unterschiede sind allerdings riesig und nicht alles, was sich HD nennt, verdient diese Bezeichnung wirklich. Grund genug, einmal etwas genauer hinzuschauen.
Auf der Basis des bewährten DV-Videosystems wurde der neue Standard HDV von mehreren japanischen Kameraherstellern 2003 verabschiedet und 2004 auch in Form erster Geräte umgesetzt. Dabei bleiben Spieldauer der Kassetten und auch die Übertragungsgeschwindigkeit der Daten (Firewire) weitgehend unverändert.
Während der erste, nur in den USA angebotene Camcorder, der hoch auflösend auf DV aufzeichnet, der GR HD1 von JVC, als 1-Chip-Gerät wegen technischer Schwächen noch nicht überzeugte, konnte Sony mit der 3-Chip-Kamera HDR-FX1 High-Definition in 1080i endlich bezahlbar zu machen.
Im Juli 2005 hat Sony auch eine 1-Chip-HDV-Kamera auf den Markt gebracht, die HDR-HC1E. Aufgenommen werden konnte entweder mit 1440 x 1080 Pixeln (HDV) oder 720 x 576 Pixeln (PAL). Die Kamera besaß einen 14-Bit-HD-DXP-Analog/Digital-Wandler, aufgezeichnet wurde allerdings nur in 8 Bit. Während die Sony HD nur interlaced also in Halbbildern aufzeichnen kann, arbeitete etwa die JVC GY-HD 100 grundsätzlich mit 720p/25 oder /30 und erlaubte mittels des eingebauten Konverters, daraus in Echtzeit die HD-Formate 1080i/50 bzw. /60 zu generieren. Zudem erlaubte die JVC es, die digitalen Daten statt auf Band auch auf externe Festplatten aufzuzeichnen. Ein Wechselbajonett und Timecode ergänzten den professionellen Anspruch.
DVCPro HD
Eigentlich ein Husarenstück, was Panasonic da hingelegt hatte: die zunächst reine Public-Relation-Nummer um Konkurrent Sony nicht gänzlich das Feld zu überlassen. Eine Präsentation auf der NAB 2005 sorgte dafür, dass Informationen über eine Kamera, die es noch gar nicht gab, ein Jahr lang durch die Foren geisterte (siehe externe Links im blauen Kasten), doch real verfügbar war die Kamera in NTSC erst Ende 2005 und die PAL-Version wurde ab April 2006, also ein Jahr nach der Ankündigung, ausgeliefert.
Die AG-HVX200-Kamera wartete mit Features auf, die bisher nur den Schwergewichten der HD-Szene, der Varicam, der Viper und der Cine Alta (alles Kameras zu Preisen zwischen 65.000 und 95.000 Euro), vorbehalten waren. Diese Kamera kostete unter 6000 Euro und erfüllte viel von dem, was wir an den Konkurrenzgeräten so schmerzlich vermissten:
Die Kamera ermöglichte in High Definition variable Bildfrequenzen zwischen 4 und 60 Bildern in der Sekunde (das bedeutet echte Zeitlupe!) bei 720p. Die normalen Bildfrequenzen von 24, 25 oder 30 Bildern ermöglichte die Kamera in 720p Vollbildauflösung.
Die Optik kommt von Leica ein DICOMAR und war damit ein Garant für hohe Qualität. Es hatte einen Brennweitenbereich von 4.2mm bis 55mm, also 13fachen Zoom und eine Lichtstärke von 1:1,6. Das Tonsystem war hervorragend, XLR-Buchsen und Phantomspeisung waren Standard. Da 1080p mit 100 Mbps (das ist eine viermal höhere Datenrate als bei HDV) nicht auf die Mini-DV-Kassette passte, konnte man auf das eingebaute Band-Laufwerk nur in Standard Definition sowie in DVCPro 50 aufzeichnen. Die DVCPro 50 Option erlaubte eine deutlich bessere Farbaufzeichnung für Standard-Definition, nämlich 4:2:2 - ein großer Vorzug.
Für die hohe Vollbildauflösung wird entweder auf P2-Memory-Cards (die anfangs mit ca. 600 Euro für 8 GB und 900 für 16 GB allerdings sündhaft teuer waren, inzwischen aber nur einen Bruchteil kosten) aufgezeichnet oder über eine 1394-Schnittstelle, die auch Streaming Firewire erlaubt, auf externe Festplatte. Empfohlen werden FireStore-Platten, allerdings soll es genauso gut möglich sein auf geeignete (Notebook-Platten) aufzuzeichnen, vorausgesetzt man regelt das Problem der Stromversorgung für die Platte durch einen separaten Akku.
Die Kamera wirkt wie eine etwas größere Variante der erfolgreichen DVX100 und bietet jede Menge Profi-Features. Man kann auf Festplatte gleichzeitig sogar vier Audiospuren mit aufzeichnen, hat eine direktere Schärfering und Zoomring-Übertragung. Das Klapp-Display überrascht beim ersten Anblick durch ein 4:3-Format. Wenn man dann aber das 16:9-Bild darauf sieht und in dem schwarzen Bereich darüber und darunter alle technischen Informationen eingeblendet, begreift man den tieferen Sinn.
Zaubertrick Kompression
Der Trick, durch den so viel mehr Bildinformation als 4:3 Video auf die kleinen Mini-DV-Kassetten passt, ist wie so oft in der digitalen Welt Datenkompression. Man arbeitet mit MPEG 2 Codec und der schon von Mini DV bekannten reduzierten Farbauflösung von 4:2:0. Der Traum von einer weltweit endlich einheitlichen Norm, was die Bildfrequenz angeht, ist wieder einmal vergebens. Zwar kann man die Kameras für PAL und NTSC gleichzeitig verwenden, indem man umschaltet, aber es bleiben 30 bzw. 25 Bilder als Unterschied.
Die Wortbreite (Quantisierung) liegt bei 8 Bit (Luminanz und Chrominanz) und liegt damit in der Größenordnung von hochwertigen professionellen Kameras. Dennoch ist die Farbinformation gegenüber den Profi-HD-Formaten deutlich reduziert, das spürt man vor allem bei Farbkorrektur und Differenzierung der Helligkeitswerte. Da bietet HDV obwohl es ja ein höherwertiges Format zu sein scheint, nicht mehr als Standard DV (Ausnahme: DVCPro 50).
Und eines sollte uns stets bewusst sein: Datenkompression a la MPEG-2 ist verlustbehaftet. Die verlorenen Bildinformationen werden aber sehr geschickt verborgen, sodass wir sie nicht so sehr vermissen. Wer hier höhere Qualität suchte, dem war DVCPRO HD empfohlen, wie es von Panasonic angeboten wurde.
Inzwischen stehen deutlich bessere Kameras mit höherwertigen Codecs zur Verfügung, 4K, 6K oder 8K Auflösungen sind längst möglich. Die ersten Prosumer HD Kameras haben erst den Weg dorthin geebnet.