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Sensoren Stabilisierung 4000

Links im Bild der prinzipielle Aufbau der "Optical Image Stabilization" und rechts die Sensostabilisierung in der Kamera

 

Ich erinnere mich noch gut, wie uns als jungen Filmstudenten an der Münchner HFF in den 80er Jahren ein optischer Bildstabilisator von Arri präsentiert wurde, der fast so groß und schwer wie die 16 mm Kamera, vor deren Objektiv er gebaut wurde, war und zudem deutlich hörbare Brummtöne von sich gab. Da wurden irgendwelche Spiegelelemente Kreiselstabilisiert und das System wirkte, so innovativ es damals auch war, völlig unhandlich. Das nahm man bei Dokumentarfilmen lieber das Wackeln der Handkamera in Kauf. Damals kamen die ersten Steadicams auf und es war schnell klar, dass man damit viel bessere Ergebnisse erzielen konnte.

Bereits damals standen sich die zwei Philosophien gegenüber,- die optische Stabilisierung mit dem Monstervorsatz sowie die Stabilisierung des Filmbildes (heute des Sensors), allerdings indem man die ganze Kamera drumherum ebenfalls stabilisierte. Und auch heute fragt man sich, ob eigentlich immer die ganze Kamera (mit Gimbal oder Steadicam) aufwändig bewegt werden muss, um eigentlich nur die Bildebene zu stabilisieren. Wer heute mit kompakten Mirrorless oder Handheld-Kameras aus der Hand dreht, dem bieten sich heute grandiose Techniken, welche für ruhige oder zumindest beruhigte Ergebnisse sorgen.

Für ruhige Aufnahmen aus der Hand bietet sich eine Kombi aus Objektiv,- und Sensorstabilisierung an. Braucht es die oder genügt eine von beiden? Diese Frage ist etwas komplexer in der Beantwortung und hängt zudem auch noch von der Art der Stabilisierungen im Detail ab. So ist es beispielsweise ein großer Unterschied, ob in einem Objektiv nur eine Linse stabilisiert wird oder ob, wie etwa bei Sonys neuester SteadiShot Technik gleich die gesamte Linseneinheit. Doch gemach, wir schauen uns das im Einzelnen genauer an.

 

Bildstabilisator im Objektiv

In Objektiven mit optischem Bildstabilisator (OIS=Optical Image Stabilizer) befindet sich in der Regel eine beweglich gelagerte Linse, welche unruhige Bewegungen, Wackler etc. durch gezielte Gegenbewegungen neutralisiert. Dafür sind einerseits Sensoren erforderlich, die diese Bewegungen erfassen, als auch auf Befehle eines Prozessors im Objektiv schnell reagierende Stellmotore oder lautlose und schnelle Magnetantriebe, die entsprechende Gegenbewegungen dieser Linse vornehmen. Dieses Verschieben der einen Linse korrigiert zwar das Verwackeln aus, es führt aber gleichzeitig wegen der Dezentrierung der Linse dazu, dass die Abbildungsleistung nicht ganz optimal ist. Die dabei entstehenden Fehler fallen aber nicht so auf, weil die sich im Rahmen der ohnehin vorhandenen Bewegungsunschärfe begrenzen.

Inzwischen gibt es modernere und aufwändigere optische Stabilisierungen, welche die gesamte optische Linsengruppe und den Sensor gleichzeitig bewegen und dadurch die optischen Fehler nahezu auslöschen. Bei Sony nennt sich dieses Verfahren "Optischer SteadyShot" (OSS).

Es gibt übrigens nur erstaunlich wenige Objektive, die einen solchen optischen Stabilisator besitzen. Dies liegt höchstwahrscheinlich daran, dass diese Systeme die Objektive größer, schwerer und teurer machen und für die Fotografie meistens ein stabilisierter Kamerasensor ausreicht. Manchmal wird damit argumentiert, dieser sei ja gar nicht notwendig, der stabiliserte Bildsensor würde unruhige Hände ausreichend kompensieren. Doch ist das wirklich wahr? Manche Hersteller bieten optische Bildstabilisatoren nur in Festobjektiven mit längerer Brennweite an, bei Normal,- oder Weitwinkelbrennweiten sucht man diese vergeblich. Da ist ein Objektiv wie das Canon 35mm F2.0 IS USM eine erstaunliche Ausnahme. 

 

Stabilisierung Sony Zoom 4000

Im besten Fall lässt sich die Optische Bildstabiliserung am Objektivgehäuse abschalten, bei manchen Objektiven ist dies nur über die Software der Kamera möglich

 

Vorteile der optischen Bildstabilisatoren

  • Sie funktionieren auch an älteren Kameras, vorausgesetzt, sie besitzen einen äußeren Schalter zum aktivieren oder die Software der Kamera lässt ein ein,- und ausschalten bereits zu.
  • Sie sind für Videos vorteilhaft, weil es zu weniger Rolling-Shutter-Effekten kommt als bei Sensor-Stabilisierung.
  • Bei Teleobjektiven (lange Brennweite) können Sie Wackler optisch besser ausgleichen

 Nachteile

  • Die Objektive werden durch die Stabilisierungstechnik größer, schwerer und teurer
  • Extrem feine Erschütterungen können sie auf Grund einer gewissen Trägkeit schlechter ausgleichen

 

Sensorstabilisierung

Wer mit seiner Kamera aus der Hand Videos dreht, sollte unbedingt eine Kamera mit Sensor-Shift-Bildstabilisator ((IBIS – In-Body Image Stabilization) wählen. Hierbei ist der Sensor nicht starr in der Kamera verbaut, sondern beweglich gelagert und wird entsprechend der erkannten Wackler/Erschütterungen entsprechend gegenläufig bewegt. Während in den ersten Jahren dieser Technologie nur sehr kleine Sensoren stabilisiert werden konnten, ist es heute problemlos möglich, auch Full Frame Sensoren perfekt zu stabilisieren.

Anfangs waren es Elektromotore welche die Sensoren bewegten, inzwischen kommen in praktisch allen hochwertigen Kameras magnetische Systeme zum Einsatz. Über die Jahre kamen immer mehr Achsen hinzu, über welche die Sensoren bewegt, also korrigiert werden können. Dazu gehören Bewegungen links/rechts, oben/unten und auch über die Diagonalen hinweg und der Sensor kann nicht nur verschoben, sondern sogar leicht gedreht werden. Tatsächlich ist ein stabilisierter Sensor in der Lage, weitaus mehr und andere Korrekturen vorzunehmen, als der optische Stabilisator im Objektiv. 

Kamerahersteller sprechen hier von bis zu fünf Achsen, ob das so stimmt, ist teilweise individuelle Auslegung. Sicher aber sind dies die Achse 1 und 2 für Drehungen links und rechts sowie oben und unten. Diese Gegenbewegungen fangen die allermeisten Verwackler auf. Ebenfalls wichtig sind Hohenverschiebungen der Kamera, welche durch Achse 3 und 4 - Verschieben des Sensors rechts/links und oben/unten ausgeglichen werden. Die fünfte Achse meint die Rotation des Kameragehäuses welche durch entsprechende Rotation des Sensors aufgefangen wird.

Übrigens sind die Herausforderungen der Stabilisierung für so eine Sensorstabilisierung sehr davon Abhängig, welche Brennweite verwendet wird. Für kürzere Brennweiten, also Weitwinkelobjektive muss der Sensor viel weniger bewegt werden, als für längere Brennweiten also Teleobjektive. Gerade bei Teleobjektiven wird es für die Sensorstabiliserung richtig schwer, manchmal auch zu schwer, dann kommen sie an ihre Grenzen. Da kann es durchaus sein, dass der optische Bildstabilisator im Objektiv mehr Korrekturmöglichkeiten bietet.

Außerdem kann es zu Artefakten kommen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass sich der Kamerasensor stets optimal in der Mitte des Bildkreises, den das Objektiv ausleuchtet befindet. Durch die Stabilisierung des Sensors wird dieser durchaus auch etwas aus dieser Mitte heraus verschoben, wodurch das Bild ab und an auch in den weniger perfekt abgebildeten Bereich gelangt. Hier können also Unschärfen in den Randbereichen des Bildes zunehmen.

Vorteile Sensorstabilisierung

  • Man kann damit auch Aufnahmen mit älteren oder nicht stabilisierten Objektiven stabilisieren
  • Das Verfahren eignet sich besser für Macro, Weitwinkel- und Standardobjektive, es kann kleine Wackelbewegungen bzw. Erschütterungen optimal ausgleichen.
  • Die Objektive sind kleiner und leichter, weil in ihnen keine Stabilisierung untergebracht werden muss. Die ist in der Kamera.

Nachteile

  • Die Kameras werden minimal größer weil die Technik mehr Platz benötigt
  • Für längere Brennweiten sind sie nicht so effektiv

 

Gemeinsam stark

Sind die Stabilisierungsverfahren quasi Konkurrenten oder können sie vielleicht sogar gemeinsam mehr bewirken? Objektiv,- und Sensorstabilisierung weisen jeweils ihre eigenen Vor- und Nachteile auf, deshalb sollte man diese kennen und ggf. berücksichtigen.

Unter ungünstigen Kombinationen kann es passieren, dass die jeweiligen Bewegungssensoren von Objektiv und Bildsensor mehr gegeneinander, als miteinander arbeiten. Das sollte man unbedingt ausprobieren bevor man damit in einen Dreh geht. Moderne Systeme stehen im Idealfall aber gar nicht in Konkurrenz zueinander, sondern können sich perfekt ergänzen. Die Stabilisierungen werden dann nicht einfach verdoppelt, sondern die werden sinnvoll auf die beiden Stabilisationssysteme verteilt. Das optimiert das Egebnis und erhöht die Effektivität.

Doch es kommt sehr darauf an, um welche Systeme es sich handelt. Da dabei ja zwei intelligente Systeme zum Einsatz kommen, müssen die beteiligten Microprozessoren sich zwingend verständigen können. Deshalb unser dringender Rat- wenn man Objektiv,- und Sensorstabilisierung gleichzeitig nutzen möchte, sollten Objektiv und Kamera vom gleichen Hersteller und aus der gleichen Gerätegeneration stammen. Diese Hybridysteme können gemeinsam und dank koordinierter Microprozessor-Steuerung die besten Ergebnisse erzielen.

Die meisten großen Kamerahersteller bieten solche kombinierten Systeme an, Canon, Nikon, Panasonic und Sony nutzen beide Verfahren in Kombination, um damit die optimale Stabilisierung zu erzielen. Auf diese Weise kann man sich in vielen Fällen einen externen Gimbal oder eine Steadicam sparen.

Unser Tipp: Wenn man geeignete stabiliserte Objektive mit Kameras, die eine hochwertige Sensorstabilisierung besitzen, miteinander kombiniert, erhält man die perfekte Lösung ohne zusätzliche externe Stabilisierungsgeräte. Dafür müssen diese technisch auf höchstem Niveu sein und vor allem perfekt zusammenarbeiten.

 

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