Filtern vor der Linse...
Zu den Werkzeugen der kreativen Bildgestaltung in Video und Film gehören die Filter. Sie sind transparente oder lichtdurchlässige optische Elemente und beeinflussen das auf die Optik eintreffende Licht in vielfältiger Weise. Je nach Art können sie auf Kontrast, Schärfe, Farbe und Intensität Einfluss nehmen und in professionellen Kamerakompendien auch miteinander kombiniert werden. Daneben gibt es zahllose Filter, die künstliche, verfremdende Effekte erzeugen, weshalb man auch von „Effektfiltern“ spricht.
Im einfachsten Fall sind die Filter rund und besitzen Schraubgewinde auf beiden Seiten, mit denen man sie vor der Frontlinse eines Objektivs einschrauben kann. Das andere Gewinde erlaubt es, weitere Filter an dem Filter zu befestigen. Wenn man ein starkes Weitwinkelobjektiv verwendet, dann ist es wichtig, dass der Filter samt Fassung recht dünn ist, damit er nicht vignetiert,- also am Bildrand sichtbar wird.
Die meisten Filtergewinde haben eine so genannte 0,75 mm Steigung. Häufige Größen sind: M43, M 49, M55, M58, M 62, M 67, M 72, M 77, M 82. Das M bedeutet, dass es sich um metrische Maßangaben handelt, der Zahlenwert steht für den Außendurchmesser des Gewindes in Millimetern.
Wie bei allen gestalterischen Elementen eines Filmes sollte man sie nie beliebig, wahllos verwenden. Eine klare Vorstellung davon, welche optische Wirkung, welchen „Look“ ein Film haben soll, ist die erste Voraussetzung herauszufinden, welche Filter diesen Look möglicherweise erzielen oder unterstützen.
Und man sollte auf die Qualität und Vergütung der Filter achten,- es macht wenig Sinn, hochwertige Objektive durch minderwertige Filter in ihrer Qualität zu mindern. Das heißt nicht, dass man stets die teuersten Filter verwenden sollte,- die großen Objektivhersteller bieten zum Teil deutlich überteuerte Produkte an, weil ihr Firmenlogo auf den Filter aufgedruckt ist,- doch die billigsten Filter sind selten hochwertig. Hersteller wie Tiffen, B&W, Hoya oder Gobe garantieren in der Regel ein professionelles Qualitätsniveau.
Einbahnstraße?
Um die Aufnahmen nicht unnötig in eine optische Einbahnstraße zu lenken, sollte man nur die Veränderungen durch Filter vornehmen, die sich nicht bei der digitalen Farbkorrektur eleganter erzielen lassen. Denn ist die Aufnahme durch zu extreme oder fehlerhafte Filterwahl erst einmal verdorben, kann man sie meist nur schwer nachträglich wieder neutralisieren. Inzwischen bieten auch diverse Filterhersteller Software-Filter an, mit denen auf hochwertigen digitalen Bildbearbeitungssystemen (Cineon, Da Vinci, Baselight etc.) die optischen Filter exakt digital nachgebildet werden können. Diese Lösungen benötigen aber eher einen größeren Geldbeutel.
Filterfaktor
Abgesehen davon zieht die Benutzung fast jedes Filters einen Verlust an Licht nach sich. Bei hellen Außenaufnahmen kann man diesen leicht verkraften, manchmal ist er sogar erwünscht (etwa bei einem ND Filter, um eine größere Blende zu haben). Wenn man aber zu wenig Licht zur Verfügung hat, dann kann es sehr schmerzlich sein, sich durch unnötige Filter Belichtungsprobleme einzuhandeln. Denn das geschluckte Licht muss durch Öffnen der Blende oder längere Belichtungszeit ausgeglichen werden. Wie viel Licht ein Filter „verbraucht“, gibt der Filterfaktor an. Dieser stellt einen Multiplikationsfaktor des Wertes dar, der ohne Filter gemessen wurde.
Hat ein Filter den Faktor 2, so bedeutet dies, dass mit Filter doppelt so viel Licht auf den Film gelangen muss wie ohne Filter, um eine korrekte Belichtung zu bekommen. Da bei jedem Objektiv von Blendenstufe zu Blendenstufe die Lichtmenge verdoppelt wird, bedeutet dies, dass die Blende um einen Wert geöffnet werden muss. Mit Einschränkungen kann man diesen Faktor auch mit einem Belichtungsmesser (Achtung: ohne Kalotte verwenden!) oder einem Spotmeter (Filter direkt vor Spotmeter halten) festgestellt werden. Man misst dann einfach den Wert mit und ohne Filter und erkennt an der Differenz, wie viel Licht er schluckt.
Filterarten
Beginnen wir mit den harmloseren Filtern, jenen, die nur leicht in die Bildwirkung eingreifen.
Filmmaterial und Videosensoren weisen meistens eine höhere Empfindlichkeit für UV-Licht auf, als es das menschliche Auge tut. Das kann unter bestimmten Umständen zu einer veränderten Farbwiedergabe führen. Speziell in Schneegebieten, Höhenlagen, aber auch am Meer kann es zu einer verstärkten Blauwiedergabe und Dunst bei entfernteren Objekten führen. UV-Filter nehmen die UV-Anteile heraus und führen damit zu einer natürlicheren Farbwiedergabe. Häufig sind es die UV-Filter, auch Skylight-Filter, welche permanent als Schutz hochwertiger Objektive vor der Frontlinse von Fotoobjektiven angebracht sind. Da die meisten Fotokameras einen automatischen Weißabgleich haben, werden kleinere Farbänderungen, welche von UV Filtern zwangsläufig verursacht werden, neutralisiert.
Für den professionellen Einsatz bei Dreharbeiten verwendet man die Objektive jedoch normalerweise pur, ohne permanent aufgeschraubten Filter, um Farbverschiebungen zu vermeiden. Denn das Herausfiltern von Blauanteilen mag ja am Meer und im Hochgebirge sinnvoll sein, an einem normalen Filmset aber, will man den leichten Rosa-Stich, den die UV-Filter in Situationen ohne hohen UV-Anteil im Licht mit sich bringen, nicht.
Graufilter (auch: ND-Filter)
Bei zu viel Licht (hochempfindliches Material bei strahlend hellem Sonnenlicht) oder um eine geringere Schärfentiefe zu erzielen, sind Graufilter oder auch ND-Filter genannt, das Mittel der Wahl. Sie steuern lediglich die Helligkeit, berühren aber das Farbspektrum überhaupt nicht. Indirekt nehmen sie durch die veränderte Schärfentiefe bei veränderter Objektivblende sehr wohl ästhetisch Einfluss auf das Bild.
Es gibt sie in unterschiedlichen Dichten. Ein ND-0,6-Filter reduziert die Helligkeit um zwei Blenden, ein ND 0,3 um eine Blende. Um die Anzahl der verwendeten Filter zu reduzieren, gibt es ihn auch kombiniert mit anderen Filterarten, insbesondere in Kombination mit Konversionsfiltern (z. B. 85N3).
Polfilter
Polfilter sind geeignet, den Farbkontrast zu verbessern und, was sie noch viel interessanter macht, Reflektionen auf Glas oder anderen glatten Oberflächen verschwinden zu lassen. Der Farbkontrast wird verbessert, indem der Polfilter so genanntes Streulicht, welches überall von Objekten reflektiert wird, herausfiltert. Das bewirkt reinere, gesättigtere Farben. Polfilter müssen individuell für jedes Motiv neu eingestellt werden. Dies geschieht, indem man sie dreht, bis die Position mit dem gewünschten Effekt gefunden ist. Auch Polfilter schlucken Licht, ein bis zwei Blenden etwa, die ausgeglichen werden müssen.
Unerwünschte Reflektionen lassen sich ebenfalls mit Polfiltern entfernen. Haben Sie schon mal versucht, bei hell leuchtendem Himmel Ihre Schauspieler im Auto durch die Frontscheibe zu filmen? Hinter hellem Himmel und Wolken sieht man schemenhaft seine Darsteller. Ein Polfilter kann die Situation auf einfache Weise retten. Dazu ist ein bestimmter Winkel – ca. 33 Grad zur reflektierenden Oberfläche – sinnvoll. Dreht mal den (Circular) Polfilter, so lässt sich leicht eine Position finden, bei der die Reflektionen ganz oder zumindest teilweise verschwinden.
Der Umgang mit Filtern eröffnet erstaunliche Gestaltungsmöglichkeiten und löst viele Lichtprobleme auf ganz unspektakuläre Weise. Da die Filter in unmittelbarer Nähe des Objektivs angebracht werden, sollte man hochwertige Glasfilter verwenden und diese genau so sorgsam (Fingerabdrücke und Staub vermeiden!) behandeln wie die Objektive selbst.