Virgin of Lust
Regie: Aturo Ripstein
Was ich haben will, das krieg ich nicht und was ich kriegen kann das gefällt mir nicht (Fehlfarben).
Im nachhinein bereue ich, dass ich nicht früher den Kinosaal verlassen habe. Doch die Angst vielleicht das beste vom Film zu verpassen, ließ mich ausharren. Und so fiel ich die nächsten 2 1/2 Stunden in einer Phase zwischen Halb- und Tiefschlaf, aus der ich des öfteren unsanft von türmenden, über Sitzreihen springenden Zuschauern gerissen wurde. Der Wunsch etwas haben zu wollen, was ich nicht bekam und bis zum bitteren Ende dafür zu warten, konnte ich zumindest mit dem Protagonisten Ignacio, einem Kellner im Cafe Orfelia im Mexiko Stadt der 40er Jahre teilen. Ignacio begehrt die Prostituierte Lola, ihre Liebe wiederum gehört einzig und allein dem
Wrestling-Kämpfer Gardenia, der allerdings partout kein Interesse mehr an Lola zeigen will. Die alkoholkranke und opiumsüchtige Lola zergeht abwechselnd in Traurigkeit und Selbstmitleid und in einem besonders großzügigen Moment gestattet sie dem liebeskranken Ignacio ihre Füße zu küssen und ihr bei Erzählungen aus ihrem Leben zu lauschen.
In das sadomasochistische Spiel der beiden wird zeitweise der bereits erwähnte Wrestler einbezogen. Doch um hier irgendwelchen Missverständnissen vorzubeugen, Sex haben die beiden nie. Hier bleibt die Zuschauererwartung genauso unerfüllt wie Ignacios Wunschträume. Lola kompensiert lediglich ihren Schmerz indem sie Ignacio leiden läßt. Mehr geschieht nicht zwischen den beiden. So dreht sich die Geschichte pausenlos im Kreis wie eine Spirale bis der Zuschauer vom anschauen müde geworden ist und wieder in einen gelangweilten Dämmerzustand verfällt.
Nett ist der Versuch in die Geschichte den spanischen Bürgerkrieg und die Herrschaft Francisco Francos einzuflechten. Doch so richtig mag es Regisseur Arturo Ripstein nicht gelingen. Und als wären Ignacios Qualen nicht schon schlimm genug, so wird dieses Motiv auch noch ein wenig in Richtung Zuschauerraum ausgeweitet, indem Ripstein seine Protagonisten und einige Gäste des Cafes singen lässt. Natürlich über Franco, man muß ja einen Bezug zur Zeit schaffen. Positiv fallen lediglich die warmen Farben der Bilder ins Auge, die zugleich eine geheimnisvolle Atmosphäre schaffen. Schade nur, dass sie mehr versprechen als der Film halten kann.
Gesehen von Birgit Bagdahn
Vitus
Daten |
Vitus 122 Min., CH 2006 REGIE: Fredi M. Murer DARSTELLER: Bruno Ganz, Fabrizio Borsani, Teo Gheorghiu, Julika Jenkins, Urs Jucker |
Links zum Film |
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Regie: Fredi M. Murer
Kinostart: 21. Dezember 2006
Mit "Der Untergang" wurde Bruno Ganz dem deutschen Kulturgut einverleibt; mit "Vitus" wird man wieder daran erinnert, dass die Schweizer nicht nur Kräuterbonbons, sondern auch den Schauspieler für sich reklamieren dürfen. Hier gibt er den wortkargen, herzensguten Großvater aus den Schweizer Bergen, der nie nach Erfolg und Anerkennung strebte und dafür die Sprache des Herzens spricht. So viel Nettigkeit kann schnell zu viel werden, und in der Tat wirkt die Figur des Großvaters (auch in der Besetzungsliste ist nur vom prototypischen "Großvater" die Rede), als hätten die drei Autoren einfach ihre positiven Kindheitserinnerungen in einen großen Topf geworfen.
Sei's drum, schließlich folgt der Film in erster Linie dem Enkel Vitus, einem hochbegabten Wunderkind. Während der Vater aufgrund seiner Erfindungsgabe der Firmenleitung entgegenstrebt, kümmert sich die Mutter um die musikalische Karriere des Sprösslings. Denn, das wird den beiden von allen Seiten klar gemacht: so eine Begabung muss früh gefördert werden. Dass damit ein sechsjähriges Kind überfordert ist verwundert nicht, und so boykottiert Vitus sämtliche Versuche, aus ihm den neuen Wunderpianisten zu machen. Als letzten Ausweg stürzt er sich vom Balkon. Im Krankenhaus sind die Eltern entsetzt: durch den Unfall scheint Vitus' Begabung verschwunden zu sein, er ist eben plötzlich "normal". Nur der Großvater kommt hinter das Geheimnis, und bevor Vitus bereit ist, zu seiner Begabung zu stehen, helfen die beiden nicht nur dem Berufsleben des Vaters auf die Sprünge, sondern erfüllen sich auch den Kindheitstraum vom Fliegen.
"Vitus" war mit 180.000 Besuchern ein Sensationserfolg in der Schweiz und ist einer der wenigen Schweizer Filme, die den Sprung über die Grenze schaffen (-> Filmland Schweiz). Gründe, warum der Film hier kein Erfolg werden könnte, gibt es eigentlich nicht, zumal "Vitus" nicht nur im untertitelten Original, sondern auch in deutscher Synchronfassung ins Kino kommt. Sollten Sie die Möglichkeit haben, die Originalfassung zu sehen, sollten Sie das unbedingt tun - der deutsche Trailer lässt nämlich Böses ahnen...
Insgesamt ist "Vitus" ein Film für die ganze Familie, schließlich geht es um eine typische(Über-) Durchschnittsfamilie mit Vater, Mutter, Kind und Großvater, in dem die menschlichen Schwächen und Probleme aller Beteiligten verhandelt werden. Da der Film kurz vor Weihnachten ins Kino kommt, verwundert es nicht wirklich, dass es zu einem für alle positiven Happy Ending kommt. Na dann: viel Vergnügen bei der familiären Adventsbesinnung in Dolby Digital.
Gesehen von Johannes Prokop