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Vaterland

 

Vaterland

Daten

Vaterland

D 2002

REGIE: Thomas Heise
KAMERA: Peter Badel
SCHNITT: Gudrun Steinbrück
TON: Uve Haussig

 

Regie: Thomas Heise

 

Kinostart: 20. November 2003

 

Thomas Heises „Vaterland" dokumentiert den Alltag der ca. 100 Seelen eines kleinen Dorfes in Sachsen-Anhalt. Es geht um Arbeitslosigkeit, die Dorfkneipe, Clubcola und um die Russen. Die Russen hatten ein ehemaliges Arbeitslager in eine kleine Militärbasis nebst Flugzeuglandebahn umfunktioniert und waren allen Erzählungen zufolge der unumstrittene Höhepunkt der Geschichte des Dorfes. Seit der Wiedervereinigung stehen die Baracken leer. Kein Wodka-Saufen mehr am Russensee. Ansonsten hatte die Wende keinerlei Einfluss auf dieses Dorf. Die Zukunft spielt keine Rolle, die Vergangenheit ist Alles. Wenn der Besitzer der Dorfschenke von Kriegserlebnissen erzählt, beschleicht einen das Gefühl, einem live sendenden Kriegsreporter (mit enorm verfremdenden Übertragungsschwierigkeiten) zu lauschen. Besonders gegenwärtig wird das Gefühl der zeitlichen Stagnation durch die Einspielung von VHS-Material, das Heise schon Ende der Achtziger Jahre im Dorf filmte. Die Zeitspanne von über zehn Jahren beeinflusste die Bürger des Dorfes weder physisch, noch psychisch.

Während der ersten Hälfte des Films war ich köstlich unterhalten. In einem Film mit derart skurrilen Interviews, hätte es mich nicht überrascht, wenn einer der überaus langsamen Schwenks über das Dorf auf John Cleese endete, der an seinem Schreibtisch im Bach sitzend das nächste Interview ankündigt. And now for something completely different. Dann jedoch beginnt unmerklich der Bewusstseinswechsel: man realisiert, dass dieser ganze Irrsinn wahrhaftig ist und auf einmal fällt das Schmunzeln schwer. Am Ende des Films möchte man diese Vergangenheitsfetischisten anbrüllen, sie mögen endlich die Augen aufmachen um sich die realexistierende Welt mal anzuschauen.

Mir gefiel „Vaterland" außerordentlich gut. Angenehm unobjektiv betont die Montage der Interviews die Skurrilität und die Einstellungen dauern immer genau die eine Sekunde zu lang, die bewirkt, dass man sich so richtig schön unwohl fühlt. Leider liegt hier auch die Schwachstelle des Films: auch ohne so manche Länge, wäre der Film dem Thema Zeit gerecht geworden und hätte der ab und an aufkommenden Langeweile vorgebeugt. Davon abgesehen verbeuge ich mich vor der Authentizität dieser Doku und freue mich auf weitere Werke Thomas Heises.

 

Gesehen von Daniel Vogelmann

 

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