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137 Min., USA 2016 REGIE: Kenneth Lonergan DARSTELLER: Casey Affleck, Michelle Williams, Kyle Chandler, Lucas Hedges |
Kinostart: 19. Januar 2017
Es geht um einen unglücklichen Mann, Lee Chandler, der als Hausmeister in Boston lebt und regelmäßig Schlägereien provoziert um zusammengeschlagen zu werden. Als er einen Anruf erhält, dass sein Bruder einen Herzinfarkt erlitten hat, kehrt er in seinen Heimatort am Meer zurück. Dort eröffnet der Film ein Puzzle aus Gegenwart und Rückblicken, welches die Tragödie mehrerer Menschen enthüllt.
Diese Rückblicke, die man zunächst gar nicht als solche identifiziert und die den Zuschauer eher verwirren, sind vermischt mit den Ereignissen, die auf den angekündigten Herztod von Chandlers Bruder in dem Arbeiterstädchen am Meer folgen. Chandler ist als Vormund des sechzehnjährigen Sohnes seines Bruders eingesetzt, der frech und trotzig sein jugendliches Leben fortsetzt ohne den Tod des Vaters an sich heranlassen zu wollen.
Chandler trägt einen unendlichen Schmerz in sich, dessen Ursache sich nach und nach dem Zuschauer erschließt. Er möchte lieber tot sein, als zu leben.
Doch der notwendige Umgang mit seinem Neffen Patrick, all die Dinge, die er rund um den Todesfall regeln muss und auch die erneute, zwangsläufige Konfrontation mit den Orten, an denen die Tragödie seines Lebens stattfand, ein altes Boot, was repariert werden muss, holen ihn irgendwie zaghaft, aber dennoch spürbar ins Leben zurück. Der Film erzählt trotz der melancholischen Grundstimmung immer wieder auch kleine humorvolle Momente, die einmal mehr bewusst machen, wie nah Weinen und Lachen oft beieinander liegen. Manchester by the sea erzählt ohne kitschiges Happy-End, sondern mit realistischen Innensichten eines Menschen.
In dem Film sind brilliante Schauspieler zu sehen, in der Hauptrolle Casey Affleck als Lee Chandler, Michelle Williams spielt seine Ex-Frau Randi. Unglaublich stark die wenigen Szenen, in denen er seiner Ex-Frau begegnet, die Sprachlosigkeit zweier Menschen angesichts ihrer Liebe und des unüberwindlichen Schicksals welches Lee durch eine Unachtsamkeit ausgelöst hat.
Formal ist der Film klassisch erzählt, in ruhigen langen Einstellungen, die hin und wieder die Natur auch als Spiegel der menschlichen Seelen mit erzählen. Mit einem Minimalismus nähert sich der Regisseur seinen nicht selten einfach sprachlosen Protagonisten. Die einzige Szene, die aus der erzählerischen Souveränität leicht herausfällt ist die Begegnung den jungen Patrick mit seiner alkoholkranken Mutter, die ist etwas überinszeniert, aber das macht gar nichts, bei all den anderen überzeugenden Momenten. Am Ende sitzen Chandler und sein Neffe auf dem Boot und angeln, keine Erlösung aber ein Hoffnungsschimmer.
Kein einfacher, aber ein starker und überzeugender Film, in dem Blicke mehr sagen als Worte und in dem es um das geht, was Kino am besten erzählen kann,- die Gefühle und Schicksale von Menschen.
Gesehen von Mathias Allary