Regie: Samuel Bayer
Kinostart: 20. Mai 2010
Sehr geehrter Herr Bayer,
es freut mich wahnsinnig zu sehen, dass sich die große Filmschmiede Hollywood nach all den unglaublich kreativen Filmideen der letzten Jahre dazu entschlossen hat, mal ein Remake eines alten Filmes zu drehen. Es freut mich noch viel mehr, dass dabei so viele taufrische neue Ideen eingebracht wurden, und damit wieder ordentlich Schwung in das bereits angestaubte Konzept des Originals gekommen ist.
Nee, das war ein Witz, Herr Bayer. Ich muss ihnen leider mitteilen, dass ich mit Ihrem Spielfilm-Debüt gar nicht zufrieden bin...
Ach, was habe ich mich doch als großer Fan des zynischen Boogeymans Freddy Krueger gefreut, als ich den ersten Trailer zur diesjährigen Neuauflage gesehen hab. Ein schicker, neuer und ziemlich düsterer Look mit tollen Effekten und Jackie Earle Haley [Watchmen (2009), Little Children (2006)] in der Hauptrolle des zynischen und noch fieser aussehenden Bösewichts. Oh, Mann, da geht doch jedem Horror- und Splatterfan das Herz auf. Und als solcher Fan hatte ich auch große Erwartungen an ihr Remake, Herr Bayer. Wohl etwas zu groß, wie sich schnell herausstellte.
Einige Kids aus der Elm Street leiden an fürchterlichen Albträumen, die so real sind, dass sie panische Angst davor haben, einzuschlafen. Sie alle träumen von dem gleichen Mann, der sie durch einen alten Heizungskeller jagt. Seine Haut ist beinahe bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, er trägt einen rot-grün gestreiften Pullover, einen verknitterten Hut und an seiner rechten Hand sitzt ein mit langen Messern bestückter Handschuh. Seine Name ist Freddy (Jackie Earle Haley), doch mehr wissen sie nicht über ihn. Als bald mehrere der Teenager schließlich auf schreckliche Art und Weise sterben, beginnt der Rest von ihnen die fürchterliche Wahrheit zu erkennen. Ihre Träume sind keine Ausgeburten ihrer überreizten Phantasie, sondern grausame, todernste Realität. Von da an tun sie alles, um nicht einzuschlafen. Doch bald fängt ihr überanstrengtes Gehirn an zu halluzinieren. Sie sind nicht mehr in der Lage zu sagen, was Traum und was Realität ist. Und so laufen sie ihrem Verderben unaufhaltsam in die Arme. Niemand kann ihnen helfen, niemand glaubt auch nur ein Wort von dem, was sie sagen, und in ihren Träumen kann sie ohnehin niemand beschützen. Einer nach dem anderen fällt Freddys blutigen Albträumen zum Opfer. Als nur noch Nancy (Rooney Mara) und Quentin (Kyle Gallner) übrig sind, versuchen sie herauszufinden, was es mit dem Ursprung ihrer Träume auf sich hat, und was ihre Eltern ihnen seit Jahren verschwiegen haben.
Mal ganz ehrlich: Es hätte Ihrem Film schon gut getan, wenn man statt des eher lauen Lüftchens wirklich frischen Wind in die Sache gebracht hätte. "Nightmare on Elm Street" war und ist ein Teenie-Splatter, okay. Aber so ein klein wenig Originalität wäre schon schön gewesen. Denn leider wurde der Plot des Films eins zu eins nach dem klassischen Teenie-Splatter-Handbuch konstruiert: ein cooler und ziemlich fieser Killer und ein Haufen nichtssagender, halbnackter Teenager, die man einen nach dem anderen zur Schlachtbank führt.
Zunächst mal hätten wir da das Einstiegsopfer. Ein wohl irgendwie gutaussehender Kerl (wahrscheinlich Footballstar), dem man schon nach den ersten zehn Sekunden ansieht, dass er so gut wie tot ist. Dann hätten wir da die heiße, leichtbekleidete Blondine. Dass die stirbt, ist sowieso klar. Als nächstes kommt ihr arroganter und irgendwie unsympathischer Ex-Freund. Klar, der muss sterben. Wenn dann nur noch zwei Teenies übrig sind, wird's schon spannender. Das letzte Mädchen kann sowieso nicht sterben. War noch nie so, wird nie so sein, aber der jammernde Tränensack, den sie da mit sich rumschleppt, ja, der könnte noch sterben. Und eigentlich hofft man es sogar, denn der geht einem wirklich ein wenig auf die Nerven.
Freddy Krueger ist sowieso unsterblich und unheimlich cool, was ihn auch gleichzeitig zu einem der sympathischsten Figuren im Film macht. Altbewährt und (leider) unverändert. Zwar bekam der Bösewicht ein etwas realistischeres und fieseres Design und ist ein wenig düsterer als sein Vorgänger, aber im Grunde genommen ist es der gleiche Freddy Krueger wie eh und je. Jackie Earle Haley hätte aus seiner Rolle sicher wesentlich mehr machen können, Robert Englunds Version des grausamen Kindermörders ist aber wohl zu beliebt, als dass man es gewagt hätte, allzu viel daran zu verändern. Eigentlich sehr schade.
Der Plot und die Beziehungen der Charaktere sind leicht (aber wirklich nur leicht) verändert. Und ein guter Ansatz, den ich persönlich dem Film hoch angerechnet hätte, wurde leider auch nicht konsequent durchgezogen. Eine Zeit lang bestand nämlich die Möglichkeit, dass Fred Krueger vor seinem Tod ein gutmütiger, zartbesaiteter Mann war. Aber am Ende stellt sich dann eben doch heraus, dass er schon immer von Grund auf böse war. Gähn...
Das Schlimmste an diesem Film ist aber leider sein Versuch, unheimlich und schockierend zu sein. Wie schon der Regisseur bei der eher mäßigen Neufassung des 'Wolfman' setzen auch Sie, Herr Bayer, bei ihrem Spielfilm-Debüt voll und ganz auf den altbewährten Schockeffekt. Noch mal zur Erinnerung: Erst ist alles ganz leise, man weiß, dass gleich irgendwas passiert, aber dann passiert es eben nicht, und dann wenn man glaubt, es kann schon nichts mehr passieren, BÄM!, passiert's eben doch. Schon nach den ersten paar Minuten des Films wird dieser Effekt eingesetzt - und auch bis zum Schluss konsequent durchgezogen, und zwar alle paar Minuten. Das ist erbärmlich vorhersehbar und einfach nur langweilig! Auch Freddys Albträume sind leider nicht sehr originell gestaltet, dabei war Mr. Krueger früher eindeutig nicht so ein phantasieloser Socken. Hie und da gibt es zwar auch eine nette Hommage an das Original von 1984 (z. B. Freddys Klingenhandschuh, der aus dem Badewasser emporsteigt), was aber eben auch nichts Neues oder Originelles mehr ist. Gerade in Freddys Traumwelt hätte man doch sehr kreativ sein können. Und hat uns nicht die "Saw"-Reihe gezeigt, dass es doch so unvorstellbar viele kreative Möglichkeiten gibt, jemanden um die Ecke zu bringen?
Kurzum, hier hat sich so gut wie nichts getan. Die Effekte und der Look des Films sind besser als früher, aber mehr ist auch nicht dran. Was bleibt noch zu sagen? Die Erwartungen von uns Fans waren hoch und wurden eher nicht erfüllt. "Remake" passt zu diesem Film wie die Faust aufs Auge. Sehr, sehr viel ist noch genau wie damals. Man hat, wie so oft, viel Zeit und Mühe in dieses Projekt investiert, aber sich letztendlich einfach zu wenig getraut. Aus dem Megahit, den man sich vom ersten Trailer des Films erhofft hat, ist ein weiterer zu altbewährter Horrorfilm geworden, den man bald wieder vergessen haben wird. Ein neues Remake eines Horrorklassikers aus dem Hause 'Platinum Dunes' [Michael Bay's "Texas Chainsaw Massacre" (2003), "Friday the 13th" (2009)], das wieder einmal nicht überzeugen kann. Für Freunde des Splatterfilms gibt es zwar genügend Blut, durchschnittene Kehlen und fiese Fleischwunden, und Fans des Originals werden hier wohl auch ganz gut unterhalten, aber es dürfte Niemanden geben, den dieser Film aus den Socken haut. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich übrigens eher die originale englische Sprachausgabe geben, denn die deutsche Version ist leider hie und da unfreiwillig komisch geraten. So heißt Freddy Krueger (den man ja bekanntlich "Kruger" ausspricht) hier doch allen Ernstes Freddy Krüger, was jedem echten "Nightmare on Elm Street"-Fan die Galle hochkommen lassen sollte. Und wenn dieser Freddy Krüger dann mal fluchen muss und er ein "Verfi# noch mal!" vom Stapel lässt, denkt man an kleine pubertierende Sechstklässler, die versuchen, durch unflätige Wörter cool zu wirken. Das gibt dem Ganzen auch noch eine lächerliche Note, die es definitiv nicht mehr gebraucht hätte.
Tut mir sehr leid, Herr Bayer, aber Ihr groß angekündigtes Spielfilmdebüt ist leider zu 95 % nur 08/15. Das war dann wohl nix, bitte versuchen sie etwas Anderes.
Mark Zaschka