Regie: Udi Aloni / Panorama / 08.02.2003
Dieser Film ist nicht auf die herkömmliche Art und Weise zu rezensieren, da man ihm so nicht gerecht werden könnte. Vielmehr war die Vorführung, die ich besuchte, ein Erlebnis, dessen Tragweite weit über die Bilder auf der Leinwand hinausging. Ich komme natürlich dennoch nicht um eine Beschreibung des Films herum:
Der Film ist eine Dokumentation über einen in New York lebenden Israeli, der versuchen möchte seinen theologisch-politischen Hintergrund mit Hilfe seiner in Israel für Menschenrechte kämpfender Mutter zu verstehen. Er beschließt in sein Herkunftsland zu reisen und begleitet dort seine Mutter bei öffentlichen Reden, führt lange Gespräche und sinkt immer tiefer in den Konflikt zwischen Israel und Palästina.
Unmissverständlich stellt sich der Film auf die Seite der missverstandenen Palästinenser, gegen die israelische Besatzungspolitik. In regelmäßig wiederkehrenden Interludien wird der auf Video gedrehte Film von clipartiggeschnittenen Musiksequenzen unterbrochen (wobei sich israelische Traditionsklänge und palästinensischer Sprechgesang abwechseln).
Ich fand den Film furchtbar. Da sich die Aussagen der Interviewten inhaltlich andauernd im Kreis drehen und sich darüber hinaus ohnehin alle einig sind, ist der Film passagenweise gähnend langweilig. Die überaus stümperhaft in Szene gesetzten Musikclips versuchen hier entgegenzuwirken, scheitern jedoch an ihrer unprofessionellen Umsetzung. Für mich war spätestens nach einer halben Stunde klar, dass ich den Film zerreißen werde.
Doch dann war der Film zu Ende, das Licht im Kinosaal ging an und der Regisseur trat vor das Publikum um Fragen zu beantworten. Zwei Dinge wurden mir auf einmal schlagartig klar: 1. Der Regisseur ist der Protagonist des Films und 2. Um mich herum sitzen nicht wenige Israeli. Eine überaus bewegende Diskussion folgte, in der das Publikum teilweise auf Englisch, teilweise auf Hebräisch Fragen stellte und viele sichtlich berührt waren von den Inhalten des gerade gesehenen Films. Eine Reihe vor mir saß eine junge Frau, die während der gesamten Debatte die Hände vor ihr Gesicht faltete und jedes Wort Udi Alonis aufzusaugen schien; der Kinosaal verwandelte sich in ein Forum der Diskussion und der Emotion. Da erst erkannte ich die Tragweite des Films: Aloni gelang es, die Menschen zu bewegen und zum Nachdenken anzuregen und dies sollte meines Erachtens Ziel eines jeden Films sein, ob fiktiv oder dokumentarisch. Also ist der Film, obwohl er furchtbar ist, gelungen.
Gesehen von Daniel Vogelmann