Daten |
96 Min., Russland, USA 2016 Kinostart: 14.04.2016 REGIE: Ilya Naishuller DARSTELLER: Sharlto Copley, Danila Kozlovsky, Haley Bennett, Tim Roth, etc. Foto: capelight pictures |
Inhalt
Henry erwacht in einem Labor aus einem Koma. Er kann sich an seine Vergangenheit nicht mehr erinnern. Er hatte einen Unfall und mehrere seiner Körperteile wurden duch Implantate ersetzt. Ihm gegenüber steht Estelle (Haley Bennett), die sich als seine Frau vorstellt und ihn mit Hilfe modernster Medizin wieder ins Leben zurückgerufen hat.
Doch ihre glückliche Wiedervereinigung ist nur von kurzer Dauer. Denn Bösewicht Akan (Danila Kozlovsky) hat eigene Interessen an der Cybog-Technologie in Henry. Er möchte seine eigene Armee reanimierter Cybor-Soldaten erschaffen und entführt daraufhin Estelle. Henry schafft es gerade noch zu entkommen und macht sich nun auf, Estelle aus Akans Klauen zu befreien.
Mit ihm der mysteriöse Jimmy (ein grandioser Sharlto Copley), der dabei in verschiedene Avatare schlüpft um Henry auf seiner Mission zu unterstützen.
Hintergrund
Als der russische Regisseur Ilya Naishuller 2013 ein Musikvideo zu dem Song "Bad Motherfucker" der russischen Indie-Band "Biting Ellbows" veröffentlichte konnte er sich nicht vorstellen wie sehr das aus der Ego-Perspektive gedrehte Video international für Furore sorgen würde. Unter anderem lobte der Regisseur Darren Aronofsky den interessanten visuellen Stil des Videos und Samuel L. Jackson lobte es mit den Worten "This is some buck wild shit!" Der russische Produzent Timur Bekmambetov (Wanted) kontaktierte daraufhin Naishuller und bot ihm an einen Spielfilm im selben Stil zu drehen. So entand die russisch-amerikanische Koproduktion "Hardcore".
Gefilmt wurde "Hardcore" mit GoPro Hero 3 Action-Cams, die mit Hilfe einer Maske vor dem Gesicht von Henrys Schauspieler angebracht wurden.
Dank seiner unverwechselbaren, visuellen Erzählweise sorgte der Film auf internationalen Festivals, wie zB South by Southwest (SXSW) und dem Toronto Internationall Film Festival (TIFF) für regelrechte Begeisterungsstürme.
Man konnte sogar den Oscar-nominierten Schauspieler Tim Roth zu einem kleinen Gastauftritt überreden.
Kritik
Hardcore orientiert sich an allerlei Genregrößen des modernen Videospieles und schafft es diese auch durchaus gekonnt visuell auf die Leinwand zu übertragen. So gibt es Bossfights, Railshooter-Einlagen, Stealth-Passagen inklusive dem Fassadenklettern, wie man es zB aus der Hitman Serie kennt und natürlich eine geballte Portion Action aus der Ego-Perspektive.
Fans werden eine Menge Clichés aus anderen Videospielen wiedererkennen. Der Bösewicht besitzt eine ganze Armee aus austauschbaren, russischen Schergen die dem Helden im Grunde nur als Kanonenfutter dienen, Estelle, als "Damsel In Distress", deren Rettung aus den Klauen des Bösewichts als Motivation für den Helden dient findet man zB. in Klassikern wie den "Super Mario" oder "The Legend of Zelda" Spielen und Henry als stummer Protagonist, der die Rolle der Identifikationsfigur für den Zuschauer übernimmt.
Die Ästhetik des Films ist wirklich einzigartig. Zwar gab es die gefilmte Ego-Perspektive als Szenen schon in anderen Filmen, zB. in der Spike Jonze Verfilmung von Charlie Kaufmans "Being John Malkovich" oder in Gaspar Noés "Enter the Void", einige Leser werden vielleicht auch den komplett aus der Ego-Perspektive, mit einer Steadicam gedrehten Film "Russian Ark" des Regisseurs Alexander Sokurov kennen. Allerdings gab es noch keine nennenswerten Actionfilme in dieser Perspektive. Der Film schafft eine kleine Revolution und wird vielleicht eine ganze Reihe neuer Produktionen beeinflussen, wie es schon "The Blair Witch Project" 1999 für den Found Footage Film tat.
Die Spezialeffekte sind für das niedrige Budget von ca. 2 Millionen wirklich überzeugend und wissen zu beindrucken. Es gibt diverse Explosionen, ein Motorrad durchdringt einen Transportvan. Vor Allem wenn es daran geht Bösewichte gekonnt umzubringen wird das oft extrem realistisch und brutal dargestellt. Ein Messer durchdringt eine Kehle, ein Herz wird aus einer Brust gerissen, nichts für schwache Gemüter. Sieht aber gut aus.
Leider bringt der Film mit seinen Anleihen an diverse Genregrößen, wie Call of Duty oder Battlefield, auch deren Schwächen mit. Die Story wirkt flach und zusammenhangslos, an einigen Stellen, wie zB. dem Endkampf geradezu langweilig. Der Bösewicht und seine Pläne der Weltübernahme können gar nicht clichéhafter sein, natürlich war es Teil seines Plans, dass Henry ihm entkommt, benutzt er ihn doch die ganze Zeit nur für seine eigenen Pläne. Auch die restlichen Charaktere wirken flach.
Einzig Sharlto Copley als Henrys Mentor Jimmy weiß zu überzeugen. Er spielt seine Rolle mit einer Leichtigkeit, seine Dialoge sind humorvoll, sein gesamtes Charakterkonzept wirkt unterhaltsam und frisch.
Zusammenfassung
"Hardcore" bringt frischen Wind in das Genre und ist eine gelungene Übertragung von Videospielen auf die Filmleinwand. Leider bringt er auch einige Genreschwächen dieser Videospiele mit, die vor Allem für eine voraussehbare Story und ein schwaches Ende sorgen. Alles in Allem ist der Film sehr unterhaltsam, mehr aber auch nicht.
Der Film ist ein klassisches Beispiel für Ästhetik vor Inhalt.
Interessant wird die Rolle des Films für die zukünftige Entwicklung visueller Darstellungsformen sein.
Freunde von Actionfilmen, Videospielen sowie ungewöhnlichen Erzählweisen werden mit dem Film bestens bedient.
Gesehen von Alexander Palten