Daten |
Harry Potter und der Gefangene von Azkaban 141 min., Fantasieabenteuer, USA 2004 REGIE: Alfonso Cuarón |
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Regie: Alfonso Cuarón
Kinostart: 03. Juni 2004
Es ist wieder so weit, ein neues Abenteuer aus der Welt der jungen Zauberschüler bahnt sich seinen Weg in die Kinos. Knapp 450 Seiten adäquat in etwas mehr als zwei Stunden unterzubringen ist schier unmöglich, verglichen mit dem Buch behandelt der Film die Story nur stichwortartig. Hier und da spürt man, dass mehr gedreht wurde, dann aber dem Schnitt zum Opfer gefallen ist. So gibt es diesmal nur ein sehr kurzes Quidditch Turnier zu besichtigen, dafür darf Harry aber auf einem perfekt animierten (Framestore CFC) Fabeltier, Seidenschnabel durch die Lüfte fliegen.
Harry flüchtet diesmal nach heftigem Streit mit Tante Marge (Pam Ferris), Onkel Vernons (Richard Griffith) Schwester, aus den Sommerferien bei den verhassten Dursleys und bereits auf der Flucht lassen diverse Zeitungsüberschriften keinen Zweifel, dass der aus dem Gefängnis Askaban ausgebrochene Sirius Black, Harry und seine Freunde ganz schön in Atem halten wird.
Die Dreharbeiten begannen im Februar 2003, nun nach 15 Monaten kommt das Werk in die Kinos. Die Filmhelden Harry (Daniel Radcliffe), Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson), aber auch ihre Gegenspieler sind sichtlich älter geworden und stecken mitten in der Pubertät. Doch für die Darstellung der mit dieser Lebensphase verbundenen Veränderungen bleibt kaum Zeit. Gleiches gilt für die Innenwelt der Hauptakteure, sie sind ständig dabei, auf Gefahren und Abenteuer zu reagieren.
So werden die alten Standeskonflikte mit Malfoy (Tom Felton) und seiner Bande in neuen Variationen fortgesetzt. Nichts Anderes erwartet das junge Publikum und zeigt sich erfreut, wenn Malfoy von Hermine mit einem Fausthieb zu Boden gestreckt wird.
Es sind die visuellen und akustischen Highlights, die den Film voran treiben, weniger das Schicksal und die Charakterzeichnung der Filmfiguren. Dabei sind die Farb- und Lichtstimmungen der Compositing- Effekte dank Industrial Light & Magic sehr gelungen. Die Kamera ist ständig in Bewegung, selbst in den wenigen ruhigeren Einstellungen fährt sie kaum merklich auf die Darsteller zu oder von ihnen zurück.
Die Tonebene tut mit aufwändigem Sound-Design ihr übriges und Kompositionsmeister John Williams (E.T.) liefert den passenden Emotionsteppich. Dieser dritte Harry Potter Film hat sich mit den Darstellern und dem neuen Regisseur, Alfonso Cuarón verändert, ist reifer, vielleicht auch ein wenig ernster geworden. Hier und da schimmert sogar die Rowlingsche Philosophie durch, etwa wenn die Zauberschüler bei Professor Lupin (David Thewlis) lernen, bedrohliche Fabelwesen dadurch abzuwehren, dass sie sich das Schrecklichste, wovor sie sich fürchten, in lächerlicher Situation vorstellen.
Der Film reizt die Grenzen der Altersfreigabe (12) reichlich aus, einige für Harry besonders bedrohliche Vorkommnisse mit eisigen Dementoren und anderen dunkel-magischen Geschöpfen lassen manch düstere Wehrwolf-Filme der letzten Jahrzehnte wie Sandmännchen-Folgen erscheinen. Doch die jeweils kurz darauf folgenden witzig-schrägen Szenen geben den düsteren Horrorbildern kaum eine Chance, sich im Unterbewusstsein der jüngeren Zuschauer, einzubrennen. Diese erwarten die Horroreffekte sogar ganz selbstverständlich, geben diese dem Film nicht zuletzt die notwendige dramaturgische Dynamik.
Figuren die bereits im Buch Holzschnittartig dargestellt sind, bekommen im Film noch weniger Tiefe, doch das geschieht ihnen recht, den Dursleys, Malfoys und Goyles. Auch für den neuen Dumbledore Darsteller (Michael Gambons) bleibt nicht viel Raum zur Entfaltung. Die wichtigsten Geschehnisse des Buches werden der Reihe nach abgehakt und visuell perfekt in Szene gesetzt. Vieles, was uns als Außenmotiv erscheint, etwa der dunkle Wald, ist im Studio gedreht und absolut gekonnt mit realen oder gestalteten Hintergründen kombiniert worden. Nahtlos der Wechsel zwischen realem Requisit, etwa dem mehrstöckigen Bus "der fahrende Ritter" und dessen digital manipulierten Abbildern. Sie machen, zusammen mit aufwändigen Auto-Stunts, eine atemberaubend schnelle Reise durch Londons Straßen möglich.
Beeindruckend die gefährlich peitschende Weide oder die heulende Hütte, bei der sich kaum merklich und dadurch erst recht beunruhigend, ständig Wände, Boden und Decke leicht bewegen. Zu den interessanten inhaltlichen Momenten gehört sicherlich die Zeitreise von Hermine und Harry, bei der sie sich selbst begegnen und in der zuvor gesehene Ungereimtheiten aus der geänderten Zeitdimension ihre Erklärung erhalten.
Für Potter Fans ist der Film ein spannender Abgleich mit den eigenen Fantasien, die man beim Lesen hatte, für alle übrigen Zuschauer vor allem ein unterhaltsamer Ausflug in eine Welt zuschnappender Kofferschlösser, bissiger Bücher und mittelalterlicher Moderne.
Gesehen von Mathias Allary