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Kinosaal Rot 4000
 
 

Filmstart: 19. Mai 2005

 

Regie: Cate Shortland

 

In Australien hat "Somersault" so gut wie alle Filmpreise abgeräumt, die es gibt. Und dagegen gibt es nicht viel einzuwenden. Denn auch wenn das Thema - Hurra: Erwachsenwerden - wieder einmal dasselbe ist, nimmt man doch dankbar zur Kenntnis, dass auch alte Geschichten immer wieder anders erzählt werden können.

Die 16-jährige Heidi (man glaubt gar nicht, wie süß dieser Name auf australisch klingen kann...) wohnt mit ihrer Mutter und deren Freund in einem kleinen Kaff. Auf der Suche nach Geborgenheit und Familie verwechselt sie Liebe mit Sex- und schafft es, selbst das bisschen Familie zu gefährden, das sie hat. Getrieben durch ihr schlechtes Gewissen reißt sie von zuhause aus und findet in einem Wintersportort eine neue Heimat. Die Motelbesitzerin Irene überlässt ihr das Appartement ihres Sohnes, der wegen Mord im Gefängnis sitzt, und als Aushilfe in einer Tankstelle findet Heidi Arbeit und eine Freundin. Auf ihren Streifzügen durch das Nachtleben trifft sie den Farmersohn Joe, der erst nach und nach merkt, dass Heidi ihm etwas bedeutet. Zum ersten Mal ist es Heidi ernst, sie weiß, was sie will; Joe ist mehr als nur eine Bekanntschaft. Joe jedoch, der unter Bindungsängsten leidet, kann sich nicht eingestehen, dass er sich verliebt hat. Als er sie von sich stößt, begeht Heidi wieder den alten Fehler. Sturzbetrunken nimmt sie gleich zwei Männer mit in ihre Wohnung. Als erst Joe auftaucht und Irene ihr am nächsten Morgen kündigt, ist die Katastrophe perfekt. Wieder hat sie das bisschen Geborgenheit zerstört, das sie erfahren hat. Doch etwas ist anders: Sie hat Freunde gefunden, Wärme erfahren. Und so lernt sie die wichtige Lektion, dass echte Liebe verzeiht- auch sich selbst.

In wunderschönen Bildern wird die australische Berglandschaft von der Kamera eingefangen. Die Natur mit ihrer ganzen Rauheit und Härte wird zum beeindruckenden Mitspieler. Neben der Naturkulisse ist es vor allem die Hauptdarstellerin, die diesen Film so sehenswert macht, denn nur wenige Schauspielerinnen hätten es auf so eindringliche, sensible Weise geschafft, dem verschlossenen Charakter der Heidi Ausdruck zu verleihen. Das Innenleben Heidis macht den Film aus, und es ist zu einem großen Teil Abbie Cornish zu verdanken, dass das nicht nicht nur nicht in die Hose geht, sondern sogar den besonderen Reiz von "Somersault" ausmacht.
Dieser Film ist nicht leicht genießbar, er geht an die Nieren, er berührt- und deshalb verzeiht man gerne auch ein paar Plattheiten in der Handlung, z.B. dass sowohl Heidi als auch Joe kurz eine rosarote Brille aufsetzen, um Abstand zur Realität zu nehmen. Auch die Darstellung der kindlichen Seite Heidis gerät etwas klischeehaft übertrieben (glockenhelle Klänge zum Tagebuch mit Glitzerbildern- gruselig, aber Gott sei Dank schnell vorbei).
Beeindruckend ist jedoch, wie ernsthaft die Geschichte dieser Selbstfindung erzählt wird. Weder sind zum Schluss alle Probleme geklärt, noch ist Heidi plötzlich ganz erwachsen. Und doch ist dieser tiefe innere Frieden, den sie erreicht hat, förmlich mit Händen zu greifen. "Somersault" hat wenig gemein mit typischen Coming of age- Filmen, wie es die Inhaltsangabe vielleicht suggeriert. Vielmehr  geht es um das emotionale Überleben eines Individuums in einer harten, bedrohlichen Umgebung, und die Art und Weise, wie dieses erzählt wird, ist höchst bemerkenswert.

 

Gesehen von Johannes Prokop

 

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