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Theaterfreunde kennen den symphatischen und zurückhaltenden Autor Jon Fosse aus Norwegen, der nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt für Fourrore sorgt. Er wird inzwischen in über dreißig Sprachen übersetzt und gilt als der erfolgreichste norwegische Export seit Henrik Ibsen. Er vertritt ein Theater, das zurück zu den minimalistischen und literarischen Grundelementen des darstellerischen Bühnenspiels geht. Es sind Alltagsgeschichten, Paare, Beziehungen, gewöhnliche Menschen, die Fosse in seinen Stücken thematisiert. Vor allem die Dialoge entfalten die Magie des Elementaren, sie nisten sich ein im Kraftfeld der Beziehungen dieser Menschen und verhandeln in einer neuen, puren, hochkonzentrierten Form die fundamentalen Dinge des Lebens wie Wünsche, Liebe oder den Tod. Eigentlich ein ideales Fundament für das Kino, dachte sich auch der Regisseur Romuald Karmakar und verfimte das Fosse Stück "Playwright".

Der Lauf der Handlung ist schnell erklärt. Die jungen Eltern (Er und Sie) sind noch nicht allzu lange verheiratet. Besonders glücklich scheinen sie in ihrer kleinen Familie jedoch nicht zu sein. Er (Frank Giering) ist arbeitslos und weigert sich, das Haus zu verlassen. Sie (Anne Ratte-Polle) langweilt sich während dessen in der häuslichen Enge. Sprachlos, lieblos und reglos leben sie ihr tristes Einsiedlerdasein. Nie kommt jemand auf den Gedanken, die junge Familie besuchen - nur einmal, kurz, schauen die Eltern des jungen Mannes vorbei, um auch gleich wieder zu verschwinden. Die Quintessenz dreht sich um die elementare Frage - wie kann man dieser lähmenden Atmosphäre entkommen? Woher die Kraft nehmen, um das Schweigen und die Starre zu durchbrechen?

Karmakar hat den Fosse Text sehr genau in das Drehbuch übertragen. Er läßt sich auf die Nüchternheit der Dialoge ein und zellebriert damit einen Kaltstart für das verwunderte Publikum. Die Schauspieler sezieren förmlich ihre Dialogpartien. Es ist ein trockenes, langsames, grausames, munitiöses Sprechen, das genauso gut in die Beckett Stücke eingearbeitet werden könnte. Die Sprache dupliziert alles, die Handlungen, die Gegenstände, die Gedanken, die Gefühle. In der Folge wirkt das Gesamtwerk wie ein sprachlich zerstückelter Flickenteppich. Ständig kreist die Rede um die gleichen Wendungen, bei der selbst Frage und Antwort in keinem semantischen Sinnzusammenhang mehr stehen. "Man kann doch nicht die ganze Zeit rumsitzen...Geh doch mal einkaufen....Ich bin müde. Ich muss mal raus hier, du verstehst das doch." Fosse demonstriert mit dieser Künstlichkeit die unerträgliche Lithargie der Figuren. Vor allem die synthesefreie Dialektik denotiert die gemeinsame Wohnung als Elfenbeinturm des Stillstands innerhalb der gesellschaftlichen Dynamik. Das pulsierende Leben findet woanders, außerhalb der Enklave statt. Allein Sie hat wenigstens den Elan, aus dem tristen Nebeneinander zu flüchten und den Spaß des Lebens einzufangen. Karmakar unterlegt diese Szenen außerhalb der Wohnung stets mit Musik und entfaltet damit endlich ein künstlerisches Prinzip, das dem Medium Film auch gerecht wird. Leider blieb dies der einzige Kunstgriff im gesamten Film. Die übrigen neunzig Minuten waren eine schwere Geduldsprobe mit einer Mischung aus Eintönigkeit, sinnentleerter theatralischer Sprechweise und Trägheit. Irgendwann kam der Punkt, als es dem Publikum reichte und es den Schauspielern nichts mehr glaubte.

Man kann Romuald Karmakar nicht den Vorwurf machen, er hätte sich über die Regie keine Gedanken gemacht. Im Gegenteil, er sieht sich als Pionier einer neuen Sprache im deutschen Kino, die vor allem einen Gegensatz zu den amerikanischen Produktionen bilden soll. "Das Kino von Opa ist wieder da, nur mit Regisseuren meines Alters", so Karmakar bei der Pressekonferenz. Von dem Erbe Schlöndorffs und Fassbinders ist allerdings wenig zu sehen. Der Regisseur liefert über neunzig Minuten reines abgefilmtes Theater. Alle revolutionären Ambitionen in Ehren, Karmakar hat unterschätzt, dass insbesondere die Stücke Jon Fosses von der Präsenz des genialen Schauspielers leben. Kein anderes Medium kann im Spiel die Beziehungen zwischen den Menschen deutlicher zeigen, als das Theater. Vor allem Jon Fosses schwerwiegende und nüchterne Dialoge verlagen eine Lebendigkeit, die durch den physischen Schauspieler an der Rampe getragen wird. Eine Leinwand kann dies nie kompensieren. Dies ist kein Plädoyer für die strikte Trennung von Film und Theater, jedoch wurden Karmakar die Grenzen einer intermedialen Adaption aufgezeigt. Wenn dann, wie gegen Ende des Filmes, dann plötzlich auch noch filmisches Pathos bei den Figuren hinzukommt, braucht sich die Regie nicht über allgemeines Gelächter im Zuschauersaal zu wundern. Zu Recht - es ist das Resultat einer heterogenen Regiearbeit, die an die Unentschlossenheit der Figuren erschreckend nah heranreicht.

 

Gesehen von Bogdan Büchner

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