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Beliers 4000

Regie: Eric Lartigau

Stars: Louane Emera, Francois Damiens, Karin Viard


Filmstart: 5. März 2015

Eine andere Welt – die Welt der Gehörlosen – wird einem in diesem Film so feinfühlig und ohne Tabus nähergebracht, dass man Lust bekommt, gar nicht mehr zu sprechen und gleichzeitig laut zu singen. Lebensfreude auf vielen Ebenen.

Irgendwo in der französischen Provinz lebt die Familie Béliers auf einem Bauernhof. Auf dem Wochenmarkt im Ort betreiben sie einen Käsestand. Manche Kunden wundern sich noch, warum die Familie zwar nett lächelt, aber nur die Tochter auf Bestellungen reagiert und diese dann ihren Eltern in Gebärdensprache übersetzt. Alle in der Familie sind gehörlos – außer Paula (Louane Emera). Somit ist sie das Bindungsglied zwischen ihrer Familie und dem Rest der Welt. Eine große Aufgabe für ein Mädchen mitten in der Pubertät und auch ein Grund für seine verantwortungsvolle, selbstständige Persönlichkeit. Paula regelt geschäftliche Dinge, wie den Einkauf von Heu für die Kühe, und begleitet ihre Eltern als Dolmetscherin zum Arzt. Offen und zwanglos werden Themen wie Sexualität „besprochen“, welche Paula dann übersetzen muss. Innerhalb der Familie kann man die Gehörlosigkeit keineswegs als Behinderung bezeichnen, für sie ist es die Normalität. Erstaunlicherweise wird sogar mehr kommuniziert, als in vielen anderen Familien. Vater Rodolphe (Francois Damiens) ist eher zurückhaltend, während seine Frau Gigi (Karin Viard) aufbrausend und teilweise kokett auftritt. Trotz seiner stillen Art steckt er voll Liebe für seine Frau und seine Kinder und voll Ehrgeiz. Zum Beispiel entschließt er sich kurzerhand als Bürgermeister zu kandidieren, da der amtierende Entscheidungen trifft, mit denen die Béliers nichts anfangen können. „Je vous entends. – Ich höre euch.“, lautet sein Wahlspruch. Gigi ist so ungefähr das Gegenteil einer klassischen Bäuerin und offensichtlich auf ihr Aussehen bedacht. Ab und an wirkt sie gekünstelt, doch die Beziehung zwischen den beiden ist leidenschaftlich und liebevoll.
In Paulas ohnehin schon recht gefülltes Leben tritt eine weitere Aufgabe, als ihr Musiklehrer in ihrer Stimme einen „ungeschliffenen Diamanten“ entdeckt und sie daraufhin zur Bewerbung an einer Gesangsschule in Paris führen will. Jeden Abend muss sie zusätzlich zur Schule und ihren Pflichten am Bauernhof zur Gesangsprobe erscheinen. Sie steht vor schweren Entscheidungen und Fragen. Wie werden ihre Eltern und ihr Bruder zurechtkommen, wenn sie in Paris aufgenommen wird? Und wie werden sie reagieren, wenn sie erfahren, dass gerade Gesang die Leidenschaft ihrer Tochter geworden ist?

Sechs Monate hatten die Schauspieler Zeit in täglichen, vierstündigen Unterrichtstunden die Gebärdensprache zu erlernen. Natürlich ist es eine Herausforderung in einer komplett anderen Art der Kommunikation zu schauspielern. Die Gesten-Dialoge mussten auswendig gelernt werden, damit sich auch auf die Mimik konzentriert werden konnte. Francois Damiens und Karin Viard ist dies überzeugend gelungen. Für Hauptdarstellerin Louane Emera war „Verstehen Sie die Béliers?“ die erste Erfahrung im Filmgeschäft. Aufmerksam wurde Regisseur Éric Lartigau, als sie 2013 an der französischen Version von „The Voice“ teilnahm. Nachdem sie unter anderem Lieder von John Lennon, Carla Bruni und Aerosmith interpretiert hatte, schied sie im Halbfinale aus. Schauspielern kann sie jedenfalls auch und nach diesem glanzvollen Debüt, kann es gut sein, dass man noch mehr von ihr sehen wird.
Der Film steckt voller Energie und vermag es, unverstellt das Leben von Gehörlosen darzustellen. Ob Selbstständigkeit gegen das Füreinander da sein spricht und ob ein Abschied immer schmerzhaft sein muss, wird in diesem Film beleuchtet, immer mit der richtigen Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit. Auch wenn gegen Ende vielleicht etwas zu oft auf die Tränendrüse gepresst wird, ist ein sehr schön anzusehender Film gelungen. Eins steht auf alle Fälle fest, man sollte den Film nicht nach dem grauenvollen und unpassenden Filmplakat beurteilen.

Der Film startet am 5. März 2015 in den deutschen Kinos.


Gesehen von Roman Neider-Olufs

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