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Daten

Jurassic World

124 Min., Fantasy, USA 2015

REGIE: Colin Treverrow

DARSTELLER: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Ty Simpkins, Nick Robinson, Vincent D'Onofrio, Judy Greer, BD Wong, Omar Sy, Jake Johnson, Irrfan Khan, Katie McGrath, Lauren Lapkus

 

Regie: Colin Treverrow

Kinostart: 11. Juni 2015

 

Inhalt:

 

Vor vielen Jahren träumte Multimillionär Joe Hammond von einem einzigartigen Themenpark - dem 'Jurassic Park' -, der das Publikum mit genetisch nachgezüchteten Dinosauriern begeistern sollte. Doch das Projekt schlug fehl: Bei Überprüfung der Anlage gelang es den Riesenechsen, sich aus ihren Gefängnissen zu befreien und ein Massaker anzurichten. 22 Jahre später ist Hammonds Vision dennoch längst Wirklichkeit geworden: 'Jurassic World' ist ein monumentales Luxus-Resort für die ganze Familie. Da dem Publikum jedoch simple Dinosaurier mittlerweile nicht mehr ausreichen, erschafft man inzwischen auch gefährliche Gen-Manipulationen. Einer von ihnen gelingt eines Tages die Flucht. Parkleiterin Claire [Bryce Dallas Howard] ist alles daran gelegen, eine Panik zu vermeiden und holt den Militärexperten Owen [Chris Pratt] ins Rettungsteam. Doch da gibt es auch noch den skrupellosen Vic Hoskins [Vincent D'Onofrio], der in den Züchtungen in erster Linie effektive Kriegswaffen sieht und seine eigenen Pläne hat.

 

Kritik:

 

„Gibt es in Ihrem Dinosaurier-Park auch irgendwann mal einen Dinosaurier zu sehen?“ fragte Jeff Goldblum einst sarkastisch in Richtung Kamera, um akute Reptilien-Knappheit zu bekunden. Dieses Problem hat Chris Pratt in "Jurassic World" nun freilich nicht mehr.

 

"Jurassic Park" war 1993 eine Sensation. Nie zuvor sah man solch realistisch wirkende CGI-Kreationen auf der Leinwand. In Verbindung mit dem wohl niemals aussterbenden Dinosaurier-Hype, cleverem Marketing-Kalkül und Steven Spielbergs gekonnter Spannungs-Dramaturgie entstand so ein überwältigender Kassenerfolg, der sich völlig zurecht als Meilenstein in der Geschichte der visuellen Effekte rühmen darf. Dabei lag die eigentliche Attraktion des Monster-Märchens sogar in dem Umstand begründet, dass es de facto nur verhältnismäßig wenig Riesenechsen-Auftritte zu sehen gab und das Puls-Barometer daher in erster Linie durch freudige Erwartungshaltung nach oben getrieben wurde. Die Tatsache, dass die Computer-Trickserei trotz allem immer noch in den Kinderschuhen steckte und man somit gar nicht in der Lage war, ausufernde Pixel-Gewitter auf das Publikum loszulassen, gereichte "Jurassic World" in dramaturgischer Hinsicht somit also nur zum Vorteil. Das verdeutlichte bereits die vier Jahre später ebenfalls von Regisseur Spielberg auf den Weg gebrachte Fortsetzung, die nun in tricktechnischer Versiertheit ganze Horden mörderischer Bestien aus dem Rechner zauberte, dabei jedoch hauptsächlich Trübsal fabrizierte.

 

"Jurassic World", nach der 2001 entstandenen Restideen-Verwertung "Jurassic Park 3" der vierte Teil der Saga, macht aus der Not eine Tugend und verarbeitet das Dilemma des Fortschritts bereits im Dialog: In den 90ern war der Anblick eines lebenden Dinosauriers noch eine Sensation, so erklärt Bryce Dallas Howard als Parkleiterin Claire zu Beginn, mittlerweile allerdings sei es schlichtweg nichts Besonderes mehr. Amüsante Selbstreferenzen wie diese sind es, die das Drehbuch teilweise überraschend vielschichtig machen, hagelt es doch zudem auch augenzwinkernde Kritik am gemeinen Höher-, Weiter-, Schneller-Publikum, das immer spektakulärere Attraktionen braucht, um befriedigt nach Hause gehen zu können – ein ebenso schöner wie gelungener Seitenhieb auf Hollywood, seine Anhänger und die eigene Zwangslage, unbedingt etwas Neues und Größeres erschaffen zu müssen. Dem Anliegen wird dann auch fleißig Rechnung getragen. So dient der 'Weiße Hai', einst in einer weiteren legendären Spielberg-Produktion noch als ultimative Bedrohung Angst und Schrecken verbreitend, hier gerade mal noch als leckeres Appetithäppchen für den viel gewaltigeren Retorten-Dinosaurier.

 

Fans des Originals dürfen sich an mehreren Anspielungen und Verweisen erfreuen, tauchen doch etliche Utensilien und Motive wieder auf, sei es in Form von Fahrzeugen, Sichtgeräten oder T-Shirt-Logos. Wo sich "Jurassic Park" allerdings noch einen wissenschaftlichen Anstrich verpasste und auf den gruseligen Schauder der möglichen Machbarkeit setzte, versuchte man hier nicht mal im Ansatz, so etwas Ähnliches wie Plausibilität zu erzeugen: Das Zauberwort 'Gen-Manipulation' dient hier als profane Dauer-Erklärung für jede noch so abstruse Eigenschaft der selbstgezüchteten Wunder-Dinos, die sich zur Not auch in einen chamäleon-artigen Tarnmodus versetzen können (es aber seltsamerweise nicht tun, wenn es wirklich mal sinnvoll wäre). So clever das Skript auf der Meta-Ebene konstruiert wurde, so einfallslos ist es dann auch im Abarbeiten seiner einzelnen Stationen: Die Helden geraten in Bedrängnis, entkommen in letzter Sekunde, verschnaufen kurz und sondern Weisheiten ab, bevor das Spiel von Neuem beginnt. Das war zwar im Original kaum anders, doch bot dieses auch Figuren, denen man dabei folgen wollte. Obwohl Chris Pratt durchaus als Sympathieträger taugt und Bryce Dallas Howard in manchen Momenten ganz entzückend ist, solch schillernden Charakteren wie Ian „Jeff Goldblum“ Malcolm oder Alan „Sam Neill' Grant werden sie in keinem Augenblick gerecht.

 

Dass die obligatorischen Kinder im diesem Falle mal keine besserwisserischen Nervensägen sind, darf hingegen schon fast als ein Novum innerhalb der Reihe bezeichnet werden. Abgesehen davon, dass sie sich aus eigenem Antrieb sinnlos in Gefahr begeben und somit selbst Schuld daran sind, dass sie die meiste Zeit mutterseelenallein als potentieller Dino-Happen die Beine in die Hand nehmen müssen, sind die beiden Jungs doch sehr angenehme Zeitgenossen, denen man das Gelingen ihrer Flucht auch tatsächlich wünscht. Dass man ihren Handlungsstrang dazu nutze, einmal mehr in typisch amerikanischer Haudrauf-Manier die Bedeutung von Familie und Zusammenhalt zu idealisieren, ist hingegen weitaus weniger erbaulich und treibt zudem arg seltsame Blüten. So bricht einer der Brüder aus heiterem Himmel in Tränen aus, da die Eltern mit Scheidungsplänen kokettieren. Dieser Moment wirkt schon allein deshalb so absurd, weil man als Zuschauer davon zu diesem Zeitpunkt das allererste Mal hört und es einem zudem auch völlig gleichgültig ist, hatte besagtes Elternpaar bis dahin doch gerade mal ein paar Minuten Leinwand-Präsenz. Da der derselbe Bengel sich nur kurz zuvor noch quietschvergnügt gab (und es auch im Anschluss wieder tut) und sich das Thema am Ende quasi sang- und klanglos wieder in Rauch auflöst, wirkt es fast, als habe man eilig noch ein paar Szenen nachgedreht, um zusätzlich eine pädagogische Botschaft mit auf den Weg geben zu können.

 

Dem Kinde nicht unähnlich unterliegt allerdings auch ganz "Jurassic World" so einigen Stimmungsschwankungen; das vorherrschende Klima wechselt oftmals etwas planlos zwischen heiter, heftig und bedrohlich. Im einen Augenblick befindet man sich noch in panischer Sorge um die vermissten Schützlinge, im nächsten trauert man bar jeder Konsequenz um ein paar dahinsiechende Brontosaurier. Zudem bereitete es merklich Schwierigkeiten, die gegenständliche Katastrophe, die immerhin vielen Menschen das Leben kostet, so darzustellen, dass sie immer noch als Familien-Unterhaltung zu gebrauchen ist. Die Attacken der riesigen Reptilien treffen daher überwiegend negativ gezeichnete Figuren oder bleiben ohne sichtbare Folgen, entweder, weil verschämt weggeblendet oder die Situation der Komik geopfert wird. Auch inhaltlich vermisst man ein wenig eine klare Linie; viele Ideen werden angerissen, aber ungenügend zu Ende geführt. Wenn man den Kreaturen mit schwerem Geschütz und Artillerie zu Leibe rückt, dann verspricht das eine großartige Action-Sequenz, ein paar Minuten später jedoch ist bereits alles schon wieder ohne bleibende Eindrücke vorbei. Zu allem Überfluss wirkt auch der Plan des Oberschurken Hoskins [Vincent D'Onofrio] nicht wirklich zufriedenstellend ausgearbeitet und will nicht mal im Rahmen dieser realitätsfernen Fantasiewelt einen rechten Sinn ergeben.

 

Der im Titel etwas prahlerisch behaupteten Expansion von 'Park' auf 'Welt' wird "Jurassic World" letztendlich weder in lokaler, noch in qualitativer Hinsicht gerecht. Dass an der banalen Story sage und schreibe gleich vier Autoren herumdoktorten, ist im Prinzip ein schlagender Beweis dafür, dass sich seit 1993 zwar die Technik weiterentwickelt hat, die Fantasie der Drehbuch-Schreiber hingegen weniger. Gleichwohl handelt es sich dennoch um eine passable Weiterführung des Themas, was vor allem daran liegt, dass es dem Team um Regisseur Colin Treverrow trotz ihres hanebüchenen Inhalts gelungen ist, Geist und Gestalt des Originals bestmöglich zu imitieren. Wenn John Williams Ohrwurm-Fanfare erklingt und die Kamera über das ausschweifende Gelände fliegt, hat man das Gefühl, zwischen Teil 1 und 4 sei quasi gar keine Zeit vergangen – obwohl man an vertrauten Gesichtern lediglich BD Wong als Dr. Wu hinüberretten konnte.

 

Überraschungen erlebt man hier freilich eher selten - auch, wenn nicht jede Sympathiefigur das Spektakel auch wirklich überlebt. Dafür serviert das Finale dann noch mal eine versöhnliche Portion Dino-Action, um Defizite aus der Mitte vergessen zu machen. "Jurassic World" ist gewiss kein Meilenstein mehr, aber blitzsauber produziertes Unterhaltungs-Kino, das seine beiden misslungenen Vorgänger mit Leichtigkeit in die Tasche steckt.

 

gesehen von Boris Bertram

 

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