Wie visualisiert sich das Unfaßbare, bevor es geschieht?
Die Ereignisse von München haben einmal mehr Fragen aufgeworfen, von denen sich manche seit Jahrtausenden, andere erst seit wenigen Jahren stellen.
Über die Möglichkeit des Bösen, welches theoretisch in jedem Menschen schlummern kann, ist vieles philosophiert worden. Wenn es aber Jugendliche sind, wie in diesem Fall ein 18 jähriger Schüler, die blindwütig morden, dann liegt die Vermutung nahe, dass da auch Verzweiflung und psychische Schwierigkeiten eine Rolle gespielt haben müssen. Sicherlich kann man hier keine einfachen Erklärungen finden, die Ursachen für solche Taten sind sehr komplex.
Untaten aus Rache, tiefer seelischer Verletztheit oder psychischer Verstörung hat es auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben, doch die Ausprägung durch blind um sich schießende Mörder, ist relativ neu. Und die Häufung, mit der sie auftreten, hat auch eine neue Qualität erreicht, die es zuvor so nicht gab.
Der Münchner Täter , der unter anderem an Depressionen litt, soll sogar bewusst Jugendliche in ein McDonalds am Olympiazentrum gelockt haben, mit dem Versprechen, Ihnen Essen und Getränke auszugeben. Wie man inzwischen weiß muss er in der Schule regelmäßig Mobbingopfer geworden sein, doch damit kann man unterschiedlich umgehen, Mord ist da sicherlich der absurdeste und menschenverachtendste Weg. Er muss sich eine illegale Waffe besorgt haben und er muss vor allem das, was jedem Menschen innewohnt, nämlich eine moralische Hemmschwelle, andere Menschen zu verletzen oder zu töten, überwunden haben. Dass das überhaupt nicht einfach ist, wissen Polizeipsychologen und Profiler schon seit einem halben Jahrhundert. Seine Tat verübte er übrigens am Jahrestag des Massakers welches Anders Behring Breivik in Norwegen beging,- das dürfte kein Zufall sein.
Militärsimulatoren
Diese Hemmschwelle wurde in den 80er Jahren erstmals jungen Soldaten mit virtuellen Simulationen von Kriegseinsätzen abtrainiert. Damals waren dieses Systeme noch sehr teuer. Doch seit die Prozessoren und Grafikkarten der Rechner leistungsstärker und preiswerter wurden, gibt es die Trainingseinheiten für Straßen,- und Häuserkampf als Ballerspiele, auch Ego-Shooter genannt, überall zu kaufen.
Und jeder, der möchte, kann sich einen Teil seiner Hemmschwellen nun Zuhause abtrainieren. Möchten tun dies vor allem männliche Gamer, vorzugsweise Jugendliche, denen man nicht unterstellen sollte, sie wollten sich zu Killern ausbilden. Doch für den, der letzteres beabsichtigt, erfüllen jene von der Game-Industrie cool als "Spiele" kategorisierten Mordsimulationen exakt diesen Zweck. Warum sollten Spiele, welche erwachsene Berufssoldaten ihrer Skrupel und Moralgrenzen berauben soll, an Jugendlichen wirkungslos bleiben?
Zusammenhänge
Damit wir uns nicht falsch verstehen, Ego-Shooter sind nicht die Ursache für Tötungsfantasien und geplante Amokläufe, da stecken oft Kränkungen, Verletzungen oder psychische Krankheiten dahinter, doch sie helfen den Tätern, diese vorzubereiten. Und sie haben für einige Wenige eine Variante des Selbstmords hoffähig gemacht, die den einsamen Abschied aus dem Leben durch das gezielte "mit in den Tod reißen" ersetzt. Seltsam, dass Mädchen und junge Frauen eher weniger bis gar nicht unter den Usern von Ballerspielen zu finden sind und erst recht nicht unter den Amokschützen weltweit.
Immer die gleichen Hinweise
Der Münchner Täter hat sie gespielt, die IS-Attentäter von Paris haben sie gespielt, der norwegische Mörder nutzte den Ego-Shooter Call of Duty: Modern Warfare, nutzte Breivik zur Vorbereitung seiner Morde oder auch die Attentäter von Columbine spielten in Vorbereitung Doom 2: Hell on Earth, und übten das Töten. Ego Shooter sind nahezu untrennbar mit Amok,- und Terrormorden verbunden, was im Umkehrschluss natürlich nicht jeden Gamer zur potentiellen Gefahr werden lässt. Doch etwas scheint sich abzuzeichnen,- Ego Shooter machen etwas mit Menschen. Und jeder kann damit unterschiedlich gut umgehen.
Man kann viel darüber rätseln, welche Genugtuung Jemand daraus gewinnen möchte, mit der Tötung von Kindern und Jugendlichen irgendeine Art von krankhafter Anerkennung zu erlangen. Im Fall des Münchner Jugendlichen gelang nicht einmal das. Kurz vor seinem Selbstmord wurde er, auf einem Parkdeck stehend, in einem absurden Streit von einem Nachbarn als "Arschloch" beschimpft.
Shooten und forschen
Vielleicht sollte die Game-Industrie mal wieder ein Gefälligkeits-Gutachten finanzieren, in dem irgend ein Gelehrter bescheinigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen Ego-Shootern und all den Ausführungen von Terroranschlägen und Amokläufen gäbe. Schreibt bestimmt irgendwer. Dann können künftige Massenmörder in Ruhe weiterüben.