Die Nagra war das Standard- Aufzeichnungsgerät für analoge Filmton- Aufnahmen. Auch wenn inzwischen digital aufgezeichnet wird, ist es interessant zu sehen, dass viele aktuelle Geräte sich an der Bedienphilosophie dieser Urväter der Location-Tonaufnahme orientieren. Übrigens sollen angeblich in den USA noch einige "Freaks" oder Liebhaber dieser Maschine immer noch (Hobby-) Filme mit ihr rekorden. Für alle Nostalgiker oder Fans der Nagra beschreiben wir hier die wichtigsten Funktionen.
Die Tonbandspulen, die man in der Nagra verwenden kann, haben 13cm Durchmesser. Das Bandmaterial sollte wegen der hohen Magnetisierungsströme, die in der Nagra verwendet werden, eine Rückseitenbeschichtung haben. Sonst kann es zu ungewünschten Durchkopierern kommen. Das bedeutet, ein lautes Tonereignis wie ein Schuss oder eine Autotür kopiert sich beim Aufwickeln des Bandes in die darunter-, und darüberliegenden Wicklungen durch. Beim Abhören ist dann der Schuss zuerst leise (1. Durchkopierer innere Wicklung), dann laut (Aufnahme) und dann wieder leise (2. Durchkopierer, äußere Wicklung) zu hören.
Die am weitesten verbreitete Nagra (IV) verfügt in der Vollausstattung über zwei Mikrofoneingänge und einen Line-Eingang, den man durch Zubehör (externer Vorverstärker) zu einem weiteren Mikrofoneingang machen kann. Man hat also ein eingebautes Mischpult und ist damit für viele Aufnahmesituationen bestens gerüstet.
Aussteuerung
Die Drehregler (Potentiometer) auf der Frontseite sind mit MIKE 1, LINE und MIKE 2 beschriftet. Mit ihnen kann man den Pegel der einzelnen Mikrofonquellen einstellen. Mit einem der kleinen Drehschalter können zudem gewisse Grundfilterungen (Kuhschwanz-Filter) eingestellt werden. Das kann bei tieffrequenten Störungen sehr hilfreich sein.
Das Nagra-typische runde Aussteuerungsinstrument(Modulometer) erlaubt es, deutlich zu erkennen, wie hoch der Gesamtpegel ist. Der Zeigerausschlag sollte die 0 dB Marke der obersten Skala nicht überschreiten, das heißt nicht in den dicken Bereich des schwarzen Bogens geraten.Darüber hinaus kann man im Anzeigeinstrument auch den Zustand der Akkus oder Batterien, den Pegel des Pilottons oder etwa die Übereinstimmung mit einer Synchronreferenz (Quarzpilot) ablesen.
Zum Abgleich mit anderen Studiogeräten zeichnet man am Anfang jedes Bandes ca 10 Sekunden lang einen Messton (Drehschalter links unten auf Ref.) auf, der von dem eingebauten Tongenerator erzeugt wird. Man pegelt diesen auf -10dB (Anzeige / Regler) aus und spricht ins Mikrofon den Wert auf. So kann der Tontechniker, der das Band z.B. auf Perfo oder in einen non- linearen Schnittplatz überspielt, erfahren, welchen Pegel das gesamte Band haben muss und seine Geräte ganz bequem darauf abgleichen.
Aufnahme
Je nach Ausführung bietet die Nagra zur Stromversorgung professioneller Kondensator- Mikrofone entweder 12 Volt Tonader-, oder 48 Volt Phantomspeisung an. Wie bereits erwähnt, kann man bis zu 3 Mikrofone anschließen. Ganz wichtig für die Tonarbeit am Set ist natürlich auch der Kopfhörerausgang. Mit seiner Hilfe kann Tonmann/frau weitgehend ohne Nebengeräusche, die Tonqualität seiner Aufnahmen beurteilen.Das Band wird auf der Oberseite eingelegt, dann schließt man den Nagradeckel mit einem Drehverschluss und kann das Gerät dann mit Tragegurt oder in Ledertasche über die Schulter hängend, betreiben. Mit dem Zentralen Wahlschalter, rechts neben den Pegelreglern kann man wahlweise Wiedergabe, Test oder Aufnahme betätigen.Zwei Schauzeichen rechts vom zentralen Wahlschalter zeigen das Vorhandensein eines Pilot-, oder Quarzsignals (wichtig für die Synchronität mit der Filmkamera), sowie die einwandfreie Motorsteuerung an.
Die kleinen Kippschalter links vom zentralen Wahlschalter sind zur Auswahl von Vorder-, und Hinterbandkontrolle, und zur Festlegung der Stromversorgung (Netzteil oder Batterien). Mit einer Akkuladung kann man problemlos ein, zwei Drehtage überstehen.Die Nagra ist äußerst robust und hat im Gegensatz zu DAT- Rekordern keine hohe Empfindlichkeit gegen hohe Luftfeuchtigkeit oder Kälte.Ein 13 cm - Band reicht für 20 Minuten Aufzeichnungszeit. Die Bänder sind durch Rändelmuttern auf den Achsen gesichert, damit man das Gerät in jeder Lage (selbst auf dem Kopf stehend) betreiben kann. Info:Vor etwa einem halben Jahrhundert entwickelte der polnische Physikstudent Stefan Kudelski das erste transportable, batteriebetriebene Tonbandgerät der Welt. Zu diesem Zeitpunkt war es üblich, riesige Tonbandtruhen in LKWs zum Drehort zu bringen und das Mikrofonsignal vom Set über lange Kabel zum Tonwagen zu führen. 1957 brachte Kudelski seine Nagra III in der Schweiz heraus. Obwohl das Gerät für damalige Verhältnisse nur lächerliche 5 Kilo wog, lieferte es die gleiche Tonqualität wie die großen Geräte.