40 Jahre sind für ein Filmfestival schon eine ziemlich lange Zeit, das Festival feiert sich deshalb selbst und lädt alle Freunde, Fans und Jeden, der sich für Kino und Filme interessiert ein, mitzufeiern. Zugleich wird es die letzte Ausgabe der Festival-Chefin Diana Iljine, die seit 2011 Geschäftsführerin der Münchner Filmwochen GmbH, des Münchner Filmfests und des Internationalen Filmfestivals der Filmhochschulen war. Ihr Kollege, der künstlerische Leiter des Filmfest seit ein paar Jahren, Christoph Gröner, wird die nächsten zwei Jahre das Festival alleine leiten.
Wir stellen Euch das Programm der 40ten Ausgabe vor, schauen ein wenig zurück auf die letzten 40 Jahre, berichten von Veranstaltungen und werden für Euch wieder zahlreiche Interviews mit Gästen des Festivals führen.
Seit das frühere Festivalzentrum, das Kulturzentrum Gasteig nicht mehr zur Verfügung steht und absurderweise schon jahrelang praktisch ungenutzt leersteht und viel Geld verschlingt, ist das Amerikahaus das neue Festivalzentrum und die Isarphilharmonie ist Veranstaltungsort für die feierliche Eröffnung und mehr.
Das Programmangebot ist mit fast 150 Filmen wieder sehr breit gefächert und viele spannende Filme warten darauf, vom 23. Juni bis 1. Juli in den Kinos entdeckt zu werden. Wie man all das am Besten findet, zeigen wir Euch an dieser Stelle.
Dabei war der Start des ersten Filmfests 1983 mehr als holprig und hatte sogar einen ordentlichen Skandal als Hintergrund. Wir erinnern uns an vier Jahrzehnte Filmfest in unserem Rückblick.Es lohnt sich auf jeden Fall! Über diese Buttons könnt Ihr die verschiedenen Filmfest München -Themenbereiche öffnen und schließen:
Das Programm FFM 23
Das Filmfest München feiert Geburtstag.
1983, vor genau 40 Jahren wurde das Filmfest München zum ersten Mal veranstaltet. Am 23. Juni starten die ersten Vorstellungen und auch dieses Jahr gibt es wieder unzählige nationale und internationale Premieren zu sehen. Bis zum 1. Juli können insgesamt 147 Filme aus 61 Ländern und weitere Veranstaltungen, Gespräche und Podiumsdiskussionen besucht werden.
In den Wettbewerben CineMasters, CineVision und CineRebels werden dieses Jahr hochdotierte Preise an erfahrene Regisseure und Regieneulinge vergeben. Aber auch viele weitere Preise, wie zum Beispiel der „Förderpreis Neues Deutsches Kino“ für die besten Nachwuchsleistungen aus der gleichnamigen Reihe, der mit 70.000 Euro dotiert ist, werden dieses Jahr verliehen. Anlässlich des 40. Geburtstages bringt das Filmfest in der neuen Reihe „40 Jahre FFMUC“ noch einmal Filme aus den letzten 40 Jahren in die Säle und werfen generell einen Blick auf die Historie des Filmfest München.
Die Reihen
Wettbewerb CineMasters
Wettbewerb CineVision
Wettbewerb CineRebels
Spotlight
International Independents
Neues deutsches Kino
Neus deutsches Fernsehen
Kinderfilmfest
Hommage
Museum Brandhorst I Uranians
40 Jahre FFMUC
Wettbewerb und Preise FFM 2023
CineMasters
Auch dieses Jahr wurden wieder zahlreiche und teils hochdotierte Preise verliehen. In dem Wettbewerb CineMasters konkurrierten die besten aktuellen Spielfilme internationaler Regisseur:innen um den ARRI Award, dessen Gewinner mit einer Prämie von 50.000 gefördert wird.
Diesjähriger Gewinner dieser Kategorie ist „Les filles d’Olfa“. (Regie: Kaouther Ben Hania)
Folgende Filme nahmen am CineMasters Wettbewerb teil:
BROTHER, Kanda 2022 – von Clement Virgo
CLUB ZERO, Österreich, Deutschland, Katar, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Dänemark 2023 – von Jessica Hausner
EUREKA, Frankreich, Argentinien, Deutschland, Protugal, Mexiko 2023 - von Lisandro Alonso
FALLENDE BLÄTTER (KOULLEET LEHDET), Finnland 2023 - von Aki Kaurismäki
UNE FEMME RESPECTABLE, Kanada 2023 – von Bernard Émond
LES FILLES D‘OLFA, Frankreich, Deutschland, Tunesien 2023 – von Kaouther Ben Hania
GOD’S CREATURES, Vereinigtes Königreich, Irland 2022 – von Saela Davis, Anna Rose Holmer
KIDNAPPED (RAPITO), Italien 2023 – von Marco Bellocchio
LOVE LIFE, Japan, Frankreich 2022 – von Koji Fukada
MONSTER (KAIBUTSU), Japan 2023 – von Hirokazu Kore-eda
PERDIDOS EN LA NOCHE, Mexiko 2023 – von Amat Escalante
LOS REYES DEL MUNDO, Kolumbien, Norwegen, Luxemburg, Mexiko, Frankreich 2022 – von Laura Mora
CineVision
Auch für neuere Regisseur:innen blieb die Spannung hoch. Eine dreiköpfige, unabhängige Jury verlieh den CineVision Award, welcher mit 15.000 € dotiert ist.
Gewonnen hat den Preis der Film „Crowrã“. (Regie: João Salaviza und Renée Nader Messora)
Folgende Filme nahmen am CineVision Wettbewerb teil:
ANIMALIA (PARMI NOUS), Frankreich, Marokko, Katar 2023 – von Sofia Alaoui
BANEL E ADAMA, Senegal 2023 – von Ramata-Toulaye Sy
LOS COLONOS, Chile, Argentinien, Frankreich, Dänemark, Vereinigtes Königreich, Taiwan 2023 – von Felipe Gálvez Haberle
CROWRÃ, Brasilien 2023 – von João Salaviza, Reneé Nader Messora
A CUP OF COFFEE AND NEW SHOES ON (NJË FILXHAN KAFE DHE KËPUCË TË REJA VESHUR), Albanien, Portugal, Griechenland, Kosovo 2022 – von Gentian Koçi
EARTH MAMA, USA 2023 – von Savanah Leaf
THE FEELING THAT THE TIME FOR DOING SOMETHING HAS PASSED, USA 2023 – von Joanna Arnow
THE INSPECTION, USA 2022 – von Elegance Bratton
PRETTY RED DRESS, Vereinigtes Königreich 2022 – von Dionne Edwards
PRINCESS, Italien 2022 - von Roberto De Paolis
SWEET SUE, Vereinigtes Königreich 2022 – von Leo Leigh
UNRULY (USTYRLIG), Dänemark 2023 – von Malou Reymann
CineRebels
Bereits erkennbar durch seinen Namen, wurde der CineRebels Award an die beste Regieleistung von Produktionen mit rebellischen und experimentellen Ansätzen verliehen.
Gewonnen in dieser Kategorie hat dieses Jahr „Augure“ von Regisseur Baloji.
Folgende Filme nehmen am CineRebels Wettbewerb teil:
AUGURE, Belgien, Dominikanische Republik, Frankreich, Niederlande, Deutschland, Süd Afrika 2023 – von Baloji
BAND, Island 2022 – von Álfrún Örnólfsdóttir
BRUJERÍA, Chile, Mexico, Deutschland 2023 – von Christopher Murray
DIVINITY, USA 2023 – von Eddie Alcazar
MAMI VATA, Nigeria 2023 – von C.J. ‚Fiery‘ Obasi
ORSO, Frankreich 2022 – von Bruno Mercier
PORNOMELANCOLIA, Argentinien, Brasilien, Frankreich 2022 – von Manuel Abramovich
QUEENDOM, Russland 2022 – von Agniia Galdanova
ROTTING IN THE SUN, USA 2022 – von Sebastián Silva
SMOKE SAUNA SISTERHOOD, Estland, Frankreich, Island 2023 – von Anna Hints
TIGER STRIPES, Malaysia 2023 – von Amanda Nell Eu
UKI, Deutschland, USA 2023 – von Shu Lea Cheang
Weitere Preise
Der CineMerit Award, der seit 1997 vergeben wird, ehrt auch dieses Jahr wieder internationale Filmschaffende für ihre Verdienste. Dieses Jahr wurde dieser Award an die Schauspielerin Barbara Sukowa verliehen.
Mit dem „Förderpreis Neues Deutsches Kino“ werden die besten Nachwuchsleistungen aus der gleichnamigen Reihe ausgezeichnet. Die diesjährigen Gewinner dieses Preises sind:
Silvie Michel (Regie "MORE THAN STRANGERS"),
Uschi Feldges (Produktion "LEERE NETZE"),
Merle Grimm (Drehbuch "CLASHING DIFFERENCES") und
Dor Aloni (Schauspiel "SÜDSEE")
Weitere Preise auf dem 40. FILMFEST München sind:
-FIPRESCI Preis
„Fossil“ (Regie: Henning Beckhoff)
-Bernd Burgemeister Fernsehpreis
„Wir haben einen Deal“ (Regie: Pia Strietmann, Produzenten: Christian Becker und Martin Richter, Rat Pack Filmproduktion GmbH für das ZDF)
-Bayern 2 und SZ Publikumspreis
„Fallende Blätter“ (Regie: Aki Kaurismäki)
-CineKindl Award
„Nelly Rapp – Der dunkle Wald“ (Regie: Johan Rosell)
-Kinderfilmfest-Publikumspreis
„Neue Geschichten vom Pumuckl“ (Regie: Marcus H. Rosenmüller)
-Fritz-Gerlich-Preis
„Unruly“ (Regie: Malou Reymann)
-One Future Preis
„Siccità“ (Regie: Paolo Virzi)
Kritiken FFM 2023
Filmkritik „The Persian Version“
Regie: Maryam Keshavarz
Jahr und Ursprungsland: USA, 2023
Länge: 107 Minuten
„The Persian Version“ (2023) der diesjährige Eröffnungsfilm des Münchner Filmfests, ist eine semi-autobiografische Produktion von Maryam Keshavarz. Verpackt in einer Tragikomödie befasst sich der Film damit, wie die iranisch-amerikanische Hauptprotagonistin Leila (Layla Mohammadi) versucht, ihre beiden oft konträr zueinanderstehenden Kulturen für sich miteinander zu vereinbaren. Während Leila versucht, ihr Beziehungsleben eher bedeckt zu halten als ihre Familie wegen einer Hertztransplantation ihres Vaters in New York zusammenkommt, greift der Film die Beziehung zwischen ihr und ihrer Mutter Shireen (Niousha Noor) auf, welche zwar von Schwierigkeiten geprägt ist, aber dennoch einige Parallelen aufweist.
Auf verschiedenen Zeitebenen, mit vielen anerzählten Figuren und sehr viel Musik ist der Film zugleich auch eine Hommage an die Liebe zwischen Mutter und Tochter. Nach und nach begreift die Tochter immer mehr, weshalb ihre Mutter so ist, wie sie ist.
Als Film, der die Geschichte einer iranisch-amerikanischen Protagonistin erzählt, ist „The Persian Version“ ein Film, in dem sich viele Menschen wiederfinden und verstanden fühlen können. Er zeigt die Schwierigkeiten und Vorurteile, denen viele Menschen mit Migrationshintergrund gegenüberstehen auf, gewährt einen Einblick in Aspekte der iranischen Kultur, und stellt sich so Stereotypen auf gekonnte Weise entgegen.
Auch bietet „The Persian Version“ ein gutes Beispiel von Casual Representation, indem die Tatsache, dass die Protagonistin bisexuell ist, nicht als „besonders“ herausgestellt wird oder gar als Hauptplot der Geschichte gezeichnet ist, sondern stattdessen als selbstverständlich und normal vermittelt wird.
Auf diese Weise trägt „The Persian Version“ aktiv zu einer größeren sozialen Akzeptanz queerer Menschen bei, etwas, was man sich von vielen anderen Produktionen durchaus wünschen würde.
Gesehen von Merle Bauer
Hier unser Interview mit der Regisseurin des Films:
Das Interview führten Merle Bauer und Yannick Walter
FFM-Events-2023
Die Liste der Veranstaltungen beim Internationalen Münchner Filmfest ist lang, man kann eigentlich nur eine kleine Auswahl wahrnehmen, deshalb ist unser kleiner Überblick wie immer nur ein winziger Ausschnitt.
Eröffnungsveranstaltung
Das diesjährige Filmfestival wurde nun zum zweiten Mal in der Isarphilharmonie, der neuen Konzerthalle der Stadt München mit dem Film „The Persian Version“ in Anwesenheit der Regisseurin Maryam Keshavarz und den zwei Hauptdarstellerinnen Layla Mohammadi und Niousha Noor, eröffnet.
FILM in AUSTRIA
FILM in AUSTRIA hat am Nachmittag des 25. Juni in den Garten des Amerikahauses zu einer Happy Hour im Rahmen der Beergarden Convention eingeladen. Bei sommerlichen Temperaturen suchte Jeder Schutz im Schatten. Nina-Anica Keidies von der Austrian Business Agency begrüßte die Gäste und lud dazu ein, in Österreich Filme zu drehen. In ungezwungener Atmosphäre gab es reichlich Gelegenheit auch mit Österreichischen Filmemacher*Innen ins Gespräch zu kommen.
Arte Empfang
Der Empfang findet traditionell im Institut Francais in der Kaulbachstraße statt und erfüllt, wie jedes Jahr, alle Erwartungen an ein gastliche, ungezwunge Atmosphäre und gute Gespräche. Die Leiterin der Hauptabteilung Spielfilm/Fernsehfilm bei Arte (seit 2021), Claudia Tronnier, hieß die Gäste willkommen und nannte eine umfangreiche Liste an Produktionen, die von oder mit arte produziert,- auf dem Münchner Filmfest gezeigt werden. Eine tolle Geste war, dass sie ihren Vorgänger, Andreas Schreitmüller, der ebenfalls beim Empfang anwesend war, zu sich bat und ihm noch einmal für seine Arbeit dankte. Durch Corona hatte es nie ein öffentliches Event gegeben, bei dem Gelegenheit dazu gewesen wäre.
Der arte Empfang ist ein absoluter Lieblingsempfang am Rande des Münchner Filmfests, trifft man doch dort auf so viele Kolleg*Innen, die man oft genug, ein ganzes Jahr lang nicht gesehen hatte.
FFF Empfang
Der FFF Empfang in der Reitschule München Schwabing am Donnerstag Vormittag. Wer in München irgenwie im Filmbusiness ist, ist gekommen. Im Garten bei freundlichen Sommertemperaturen und Pferdestallgeruch kann man vorzüglich reden, Kontakte pflegen und vergleichen, wie gut oder auch schlecht (gefärbte Haare) all die Anderen gealtert sind. Der Dresscode ist sehr entspannt- von Jacketträgern über T-Shirt Fans bis zu kurzen Männerhosen ist alles dabei.
Autor*, Produzent*, Regisseur* Redakteur* Filmfunktionär* und Schauspieler*Innen, sie alle sind gekommen zum Empfang der zweitgrößten Filmförderung Deutschlands.Tatsächlich geht in Bayern im Film fast nichts ohne diese Förderung.
Natürlich werden, so das eingespielte Ritual, von FFF Geschäftsführerin Dorothee Erpenstein wieder die Erfolge des vergangenen Jahres genannt. Filme an denen der FFF beteiligt war, wie etwa "Alles ruhig an der Westfront" (Regie: Edward Berger) oder auch "Sissi und ich" (Regie: Frauke Finsterwalder). Allein auf dem Münchner Filmfest sind 13 FFF geförderte Produktionen in den Reihen "Neues Deutsches Kino", "Neues Deutsches Fernsehen", "Spotlight" , "Kinderfilmfest" und "40 Jahre Filmfest" am Start, eine hervorragende Bilanz.
Diesmal gab es gar keine reservierten Promitische wie so oft, mit den wie es im Kino so schön heißt, "üblichen Verdächtigen". Eine absolute Überraschung war das Büffett- normalerweise eher bayerisch fleischlastig geprägt, waren diesmal alle Gerichte vegetarisch, manche sogar vegan. Bravo. Endlich.
40 Jahre FFM
40 Jahre Filmfest sind schon eine kleine Ewigkeit...
Geschichtliches
40 Jahre Filmfest München, das fühlte sich im Jahr 2023 nach einer kleinen Ewigkeit an. Dabei war der Start durchaus holprig und von Streitigkeiten, Intrigen und einem handfesten Skandal begleitet. Die Idee eines eigenen Filmfestivals in der heimlichen Filmhauptstadt München geisterte in vielen Köpfen herum. Bereits 1977 gab es ein erstes "Münchner Filmtreffen" im ARRI-Kino in der Türkenstraße. Man zeigte Filme des jungen Deutschen Films, ein Begriff der aus der Oberhausener Generation stammte und dachte über eine Fortsetzung und Erweiterung nach.
München wollte schon immer leuchten und das galt auch und insbesondere in Zusammenhang mit Film und Kino. Bereits Ende der Siebziger Jahre gab es kulturpolitische Bestrebungen, in München ein Festival zu etablieren, was vom äußeren Anschein mit Cannes oder Berlin mithalten sollte. Glamour und Größe gehörten zu den Attributen auf dem Wunschzettel, der von Politik und Tourismusinteressen geprägt war.
Zur Umsetzung dieses großen Vorhabens gründete man 1979 die "Münchner Filmwochen GmbH". Gesellschafter wurden die üblichen "Verdächtigen", die Landeshauptstadt München, der Freistaat Bayern, der Bayerische Rundfunk und die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO). Diese verschiedenen Gesellschafter verfolgten höchst unterschiedliche Absichten, was ein solches Festival sein solle, es wurde viel diskutiert und gestritten.
Oberbürgermeister Erich Kiesel machte Alfred Wurm, einen Organisator von Modemessen zum Geschäftsführer. Zur Finanzierung der ganzen Veranstaltung entzog man einfach, ohne mit den Betroffenen zu sprechen, den bisher von der Stadt geförderten verschiedenen Filmgruppen die durch das Münchner Kulturreferat vergebenen Budgets und steckte sie kurzerhand in die Filmwochen GmbH. Dazu muss man wissen, dass es damals wie heute in München zahlreiche Vereine und Gruppierungen gab und gibt, welche die Filmkultur in vielen Facetten pflegen.
Das rigorose Vorgehen führte natürlich zu massiven Protesten der betroffenen Münchner Filmgruppen, doch sie wurden gänzlich ignoriert. Oberbürgermeister Kiesl organisierte für den 25. Januar 1979 eine aufwändige Veranstaltung, für die eigens Geraldine Chaplin eingeflogen wurde und präsentierte Alfred Wurm als Geschäftsführer der "Münchner Filmwochen GmbH", wie das Unternehmen übrigens noch heute heißt, allerdings unter anderen Vorzeichen.
Aus Protest gegen Kiesels Pläne fuhren Filmemacher wie Schlöndorff, Herzog, Kluge, Fassbinder und viele Andere im Mai 1979 nach Hamburg, um dort das „Filmfest der Filmemacher“ zu feiern. Vor allem der deutsche Film stand im Mittelpunkt und das Filmfest sollte so weit wie möglich von roten teppichen und Glamour entfernt sein. Im Folgejahr zog das Filmfest der Filmemacher weiter nach Düsseldorf.
Kiesel, Wurm und eine größere Entourage, zu der auch AZ Kolumnist Michael Graeter gehörte, genehmigten sich mit einem Budget von einer halben Million DM "Informationsreisen" nach Cannes und in die USA. Als die Machenschaften rund um die Festivalgründung bekannt wurden, befanden sich Alfred Wurm und Oberbürgermeister Erich Kiesl verdientermaßen mitten in einem politischen Skandal. Vorwürfe und Intrigen rund um die frühe Filmwochen GmbH wären gewiss einen eigenen Film wert gewesen. Man warf ihnen grobe Verschwendung von Steuergeldern zur angeblichen Vorbereitung des Münchner Filmfestes vor. 1980 trat Wurm von seinem Posten zurück und der Weg für einen gänzlich anderen Ansatz wurde frei.
Man bemühte sich, die Filmemacher einzubinden und 1983 fand erstmals tatsächlich ein Münchner Filmfest unter der Leitung von Eberhard Hauff, selbst Regisseur und Bruder des Regisseurs Reinhard Hauff statt. Er leitete das Festival daraufhin bis 2003. Das war ein Balanceakt, weil Hauff einerseits den zumeist links orientierten Deutschen Filmemacher*Innen einen Gegenentwurf zu den Glamourplänen von Kiesel & Co präsentieren musste, andererseits aber genau diese Hoffnungen von Seiten der Stadt und des Freistaates bedienen musste.
In diesem ersten Jahr war das Festivalzentrum im Künstlerhaus am Lenbachplatz angesiedelt. Doch bereits 1985 zog man um in das neue Kulturzentrum der Stadt, den Gasteig an der Rosenheimer Straße, welches bis 2019 Festivalzentrum geblieben ist. Die Deutsche Reihe wurde viele Jahre kuratiert von Ulrich Maass, die Reihe "American Indies betreute Ulla Rapp und das internationale Programm, sowie lateinamerikanische, asiatische und osteuropäische Filme von Klaus Eder, Robert Fischer und Uschi Reich.
2004 übernahm dann Andreas Ströhl, der eigentlich vom Goethe Institut kam, die Festivalleitung, bis 2011 als dann Diana Iljine die Leitung übernahm. Wie schon von Beginn an waren die Entscheidungen, wer die Leitung des Filmfest übernehmen wird, stets von den verschiedenen Interessensgruppen und der Münchner und der Bayerischen Politik mitgeprägt. Die genaue Ausrichtung des Festivals wurde regelmäßig diskutiert und pendelte stets irgendwo zwischen der Idee, den Münchnern tolle Filme präsentieren zu können und dem Vorhaben, die bayerische Landeshauptstadt mit glamourösem Starzauber zu überziehen und den Filmstandort maximal zu bewerben.
Eigene Erinnerungen
Als Autor dieses Artikels (Prof. Mathias Allary) waren meine eigenen Begegnungen mit dem Münchner Filmfest durchwegs erfreulich und inspirierend. Bereits 1986, ein Jahr nach meinem Abschluss an der HFF München, zeigte ich in der "Deutschen Reihe" meinen Kurzfilm "Keinerlei Besorgnis", einen der wenigen deutschen Spielfilme zum Reaktorunglück in Tschernobyl und 1989 dann meinen ersten abendfüllenden Spielfilm "Franta" mit Nicole Ansari, Jan Kurbjuweit und Ben Hecker in den Hauptrollen.
Ich erinnere mich noch sehr genau an die Premiere des Films im Münchner Rio Palast am Rosenheimer Platz. Schauspieler*Innen, Teammmitglieder, die Redakteurin Susan Schulte (SWF), wir alle saßen im großen Saal des Rio, verteilt auf den ganzen Saal. Ich saß ganz vorne, lauschte auf jede Reaktion und hatte 89 MInuten lang Herzklopfen vor Aufregung. Dann war der Film zu Ende, die Lichter gingen an im Saal und es herrschte eine gefühlte Ewigkeit lang Stille. Ich dachte, der Film sei durchgefallen, wir am Film Beteiligten, schauten uns ängstlich an. Doch dann plötzlich setzte ein tosender Applaus ein, der nicht mehr enden wollte. Das Filmfest selbst wusste offensichtlich gar nicht, was für eine Zufallsentdeckung es da gemacht hatte. So schrieb etwa der Filmkritiker Wolfgang Brenner: "Daß es nach Fassbinder dieses Kino nicht mehr gegeben hat, ist schlimm genug, es muß nicht auch noch der Skandal hinzukommen, daß es bei seinem zufälligen Aufflackern übersehen wird. Wenn sich das Filmfest München doch gelohnt hat – dann vor allem wegen diesem Film". Damals besuchten noch viele Programmer anderer Festivals das Münchner Filmfest (heute ist das anders) und so begann "Franta" eine jahrelange erfolgreiche Reise zu den großen Filmfestivals in der Welt, darunter Toronto, Montreal, Edinburg, Cork, São Paulo u.v.a.
In den Folgejahren war das Filmfest stets der ideale Ort für Begegnungen mit Kolleg*Innen aus der Filmbranche, Ort um neue Projekte anzustoßen und einfach auch ein Stückweit Familientreffen. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Seit 1999 begleitet das Movie-College das Münchner Filmfest, anfänglich in Wort und Bild, seit 2002 auch mit Videointerviews. Viele Jahre lang war das Movie-College Medienpartner des Filmfests und hat unter anderem die Reihe "A Film by" (Kurzsstatements der beteiligten Regisseur*Innen) auf der Webseite des Filmfests mitproduziert.
Ein wichtiger Schachzug um internationale Prominente aus dem Film nach München zu holen, war der Cine Merit Award, mit dem das Festival Filmgrößen auszeichnet. Auf diese Weise konnten über die Jahre Stars wie Stanley Donen, Audrey Hepburn (Laudatorin für Donen), Susan Sarandon, Jules Dassin, Francesco Rosi, Marin Karmitz, Miloš Forman, Jacqueline Bisset, Manoel de Oliveira, Barbara Hershey u.v.a an die Isar geholt werden.
Was wären Filmfestivals ohne Stargäste? Durch verschiedenste Reihen und Retrospektiven gelang es ebenfalls, prominente Größen aus dem internationalen Filmgeschäft nach München zu holen. Zu den Gästen gehörten Quentin Tarantino, Robert De Niro, Robert Rodriguez, Salma Hayek, Otar Iosseliani, Spike Lee oder Jean-Luc Godard.