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Million Dollar Baby

Daten

Million Dollar Baby

132 min., USA 2004

REGIE: Clint Eastwood
DREHBUCH: Paul Haggis nach Storys von F.X. Toole

KAMERA: Tom Stern

SCHNITT: Joel Cox, A.C.E.

MUSIK: Clint Eastwood, Lennie Niehaus
DARSTELLER: Clint Eastwood, Hilary Swank, Morgan Freeman

 

Regie: Clint Eastwood

Kinostart: 24. März 2005

Etliche Preise hat "Million Dollar Baby" bereits gewonnen, nominiert ist er jetzt für sieben Oscars. Wie nicht anders zu erwarten, sorgt der Film im Vorfeld der Verleihung für Wirbel- Konservative werfen Eastwood vor, die Menschen unter dem Vorwand eines Boxfilmes in die Kinos zu locken und dann mit dem Aufruf zur Euthanasie zu konfrontieren. Auch wenn der Vorwurf etwas weit hergeholt ist, bildet dieser "Boxfilm" in der Tat keine homogene Masse- er beginnt als Boxfilm, das Drama übernimmt bei der Hälfte.

Seit er sich mit seiner Tochter überworfen hat, führt Boxtrainer Frankie Dunn (Clint Eastwood) ein nach innen gerichtetes, von Selbstzweifeln geprägtes Leben. Seit er seinen Freund Scrap (Morgan Freeman) bei einem Titelkampf nicht davor bewahren konnte, auf einem Auge zu erblinden, weigert er sich, seine Champions zu den großen Kämpfen zuzulassen, was sie regelmäßig in die Arme von anderen Managern treibt. Eines Tages taucht die 31jährige Maggie Fitzgerald (Hilary Swank) in seinem Trainingscenter auf und verfolgt verbissen ihr Ziel, Profiboxerin zu werden. Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen und setzt alles daran, aus ihrem tristen Dasein als Kellnerin zu entfliehen. Zunächst abgefertigt und nur von Scrap ernst genommen, erwirbt sie sich durch ihre Sturheit und Willenskraft Frankie's Respekt, bis er einwilligt, sie zu trainieren. Langsam entwickelt sich eine Vater-Tochter-Beziehung zwischen den beiden. Mit feinem Humor zeigt Eastwood, wie sich eine willensstarke Frau in einer Männerdomäne durchboxt. Bis dahin keine allzu neue Geschichte, die Eastwood jedoch mit seinem ungewöhlichen Stil elegant variiert. An dem Punkt, an dem jeder andere Sportfilm aufhört, lässt er die Geschichte jedoch umschwenken.
Durch die Zusammenarbeit mit Frankie geht Maggie's Karriere steil bergauf, bis ihr Trainer eine Entscheidung trifft- er lässt sie doch an einem Titelkampf teilnehmen. Prompt kommt es in dem unfair geführten Kampf zu einem folgenschweren Sturz: Maggie wacht querschnittsgelähmt im Krankenhaus wieder auf. In quälend langen Bildern zeigt Eastwood, wie schnell alles, was man erhofft hat, plötzlich unwichtig werden kann. Zuerst hofft man noch mit Maggie, doch bald wird klar, dass diese Geschichte nicht glücklich ausgehen wird. Noch einmal kämpft sie mit der ihr eigenen Sturheit; diesmal um das Recht, dann aus dem Leben zu gehen, wenn sie so weit ist.

Man muss kein Boxfan sein, um auch in der ersten Hälfte des Filmes gebannt vor der Leinwand zu sitzen. Mit einfachen Erklärungen werden Technik und Faszination des Sports erklärt, Kampfszenen werden beinahe schon nebenbei abgehandelt. Ansonsten wir man als Zuschauer gefordert, denn Clint Eastwood gibt einem nicht viel, um Vergangenheit und Seelenzustände der Protagonisten verstehen zu können. Verschlossen sind Frankie und Scrap, sie kommunizieren nur das Nötigste, und selbst dann muss man sich die Informationen aus den Gesichtsfalten der Schauspieler ergänzen. Konsequent verweigert Eastwood Erklärungen. Man erfährt nicht, weshalb sich seine Tochter von ihm abwandte oder was der Grund ist, dass Frankie seit 23 Jahren täglich in die Kirche geht, um Vergebung zu erlangen. Dem Zuschauer bleibt gar nichts anderes übrig, als seine eigenen Antworten zu finden, seine eigene Wertung abzugeben. Maggi's Krankenhausaufenthalt und die Thematik der Sterbehilfe werden in einfachen, langen Einstellungen unkommentiert gezeigt. Auch wenn die Erkenntnis, dass die Geschichte nicht so weitergehen wird, wie sie angefangen hat, zunächst wie ein Schock wirkt- der Vorwurf der Beeinflussung lässt sich nicht erhärten. Egal, wie man zu Euthanasie steht: die Tat und den Charakter Frankie's muss man mit eigenen moralischen Maßstäben beurteilen.
Eastwoods Stärke, die Figuren nur in Umrissen zu zeigen und es dem Zuschauer zu überlassen, diese zu füllen, ist aber auch seine Schwäche: wer sich nicht mit psychologischen Erklärungen aus dem Fenster lehnt, kann wenig falsch machen. Insofern macht er es sich etwas leicht, indem er jede Verantwortung für die Figuren ablehnt. Ein weiterer Effekt seiner minimalistischen Erzählweise ist, dass die (hin und wieder eben doch nötigen) Informationen mit Voice-over in die Handlung gemogelt werden. Das wirkt zunächst etwas einfallslos, verhilft dem Film aber andererseits zu Ruhe und Regelmäßigkeit im Erzählfluss.
Erzählt wird die Geschichte von Scrap, der als Erster versteht, dass Maggie nichts bereut: denn sie hatte ihre Chance, und das ist mehr, als die meisten Menschen sagen können, wenn ihre Zeit gekommen ist. "Million Dollar Baby" ist ein absolut sehenswerter, leiser und ungewöhnlicher Film, aus dem man nachdenklich und mit einem Kloß im Hals herauskommt.

 

Gesehen von Johannes Prokop

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