Nach all den unglaublichen Prognosen und der Begeisterung für VR scheint der Durchbruch noch weit entfernt. An allen Ecken und Enden wird an VR geforscht und entwickelt, wird Hardware optimiert, werden Startups finanziert, die alle der feste Glaube an einen Durchbruch der medialen Zukunftstechnologie verbindet.
Bestandsaufnahme
Nach dem Eindruck von 2015, das VR die Medienwelt revolutionieren würde, bleibt die Virtuelle Realität 2018 noch weit hinter den Erwartungen zurück.
Die Zurückhaltung der Kunden,- für die wird schließlich das ganze Investment gemacht, wird immer wieder erklärt mit den verbleibenden Schwachpunkten der Technik. Allen voran etwa die Verkabelung mit den Host-Rechnern um CGI für VR zu nutzen, also Games etc. Doch selbst die kabellose VR Brille a la Oculus Go verkauft sich mit rund 300.000 Stück (Stand April 2018) für ein als Massenprodukt gedachtes "Must Have" extrem schwach. Und auch Sony kann mit seiner PlayStation VR bei 3 Millionen verkauften Einheiten gerade mal 5 % der PlayStation Besitzer begeistern.
Ja, es fehlt an starkem Content und wirklich zwingenden Anwendungen für die Endkunden, auch weil trotz der gefallenen Preise für VR Brillen, die Bereitschaft, längere Zeit unter einer der VR Brillen zu verweilen, nicht allzu groß ist.
Programmierer sind keine Kreativen
Spürbar ist auch, dass die Verschmelzung von Kreativen, welche möglicherweise starke und attraktive Geschichten in VR erzählen könnten und den Technik-Affinen, welche die dafür notwendigen Programmierungen und technischen Rahmenbedingungen erschaffen könnten, nur rudimentär extistiert. Wird über VR gesprochen oder geschrieben, so geht es zu 95% um Technik. Das ist auch der Fall, weil sich mehr und mehr herausstellt, wie schwierig es ist, das komplexe Wahrnehmungssystem des Menschen zu überlisten. Bessere Technik wird sicherlich die Akzeptanz von VR erhöhen, doch sie ist nichts ohne die Inhalte.
Deshalb müsste es viel stärker um die Inhalte, Dramaturgien und künstlerischen Möglichkeiten gehen. Sicherlich gibt es hier und da vereinzelte Leuchtturmprojekte, Luxusanwendungen, die sich vor allem Industrieunternehmen oder Medienanbieter wie arte leisten, doch sie alle sind letztlich von Mäzenen geförderte Arbeiten. Man schmückt sich gerne mit Anwendungen in VR. Es sind querfinanzierte Pestigeprojekte, überall dort, wo gefragt wird, ob sich das Investment "rechnet", fehlen überzeugende Strategien. Es gibt sie noch nicht, die Kaufkraft von Usern, die immer mehr Content einfordern
Am Größten ist die Bereitschaft, Zeit in VR zu verbringen bei Menschen, die selbst mit VR gestalten und arbeiten, sie wollen sich orientieren, wollen den Stand der Entwicklung und kreative Tendenzen ausloten. Danach kommen jene Menschen, für die VR eine Erstbegegnung ist, sie verweilen oft länger unter der Brille, merken aber danach mögliche Nebeneffekte wie Schwindel oder Kopfschmerzen.
Erfolgreiche Nischen
Speziell im Bereich von Videokonferenzen, Medizin und Therapie gibt es diverse spannende Anwendungen die man als Erfolge bezeichnen kann, auch bei der Entwicklung von Prototypen oder der Kundenberatung spielt VR vermehrt eine Rolle. Doch das sind nicht die Massenmärkte für die die Industrie produziert. Ja sogar die altehrwürdige Academy, welche die Oscars vergibt, hat inzwischen VR als Kunstform gewürdigt. Und auch Augmented Reality ist in Zusammenhang mit dem Abrufen von Informationen, Erlernen von Arbeitsvorgängen ohne dass man seine Hände benutzen muss, um sich durch Menüs zu klicken, absolut zukunftsweisend, aber kein Massenprodukt.
Was an VR so seltsam anmutet ist die Tatsache, dass Jeder, der diese visuelle Erfahrung, überzeugender VR Filme oder Anwendungen gemacht hat, dieser Technik unglaubliche Möglichkeiten attestiert. Auch sechs Jahre nach den ersten Oculus-Brillen, gibt es auch 2018 zu wenig zwingende Gründe, sich als Kunde Hals über Kopf in VR Welten zu stürzen und vor allem,- dort auch länger und öfter zu verweilen.
Gestaltung & Inhalte?
Es sind also noch eine ganze Reihe von Herausforderungen, mit denen es die VR Branche zu tun hat. Dass die hochwertigen Inhalte so rar sind, liegt auch daran, dass es noch viel zu wenig Ausbildung im Bereich Kreativität in VR gibt, dass Gestaltungstheorien fehlen, dass auch für das "Acting" in VR kaum bis gar keine Grundlagen existieren. Das deutschsprachige Standardwerk zum Gestalten in VR, erscheint demnächst bei "Movie-College-Books", dem Buchverlag des Movie-College.