Journalisten in der ganzen Welt fürchten sich bereits vor Computer- generierten Artikeln. Über deren Qualität kann man getrost streiten und sie sind nur möglich, weil Menschen andere Texte bereits geschrieben haben. Doch wie weit ist AI beim Film? Wo überall arbeitet künstliche Intelligenz bereits für Filmemacher? KI ist längst keine Science Fiction mehr, sie ist in vielen, selbst in gestalterischen Bereichen bereits im Alltag angekommen.
Künstlicher und trotzdem intelligenter Schnittplatz?
Einer der ersten Ansätze war 2016 der Trailer für den Film "Morgan" (Regie: Luke Scott, USA 2016). Den hat nämlich kein Editor geschnitten, sondern IBMs Watson Supercomputer. Der lernte nämlich anhand von anderen Trailern, wie so etwas auszusehen hat und wählte dann selbstständig Ausschnitte aus dem Film aus, die er dann in den Trailer einbaute. Bezeichnenderweise geht es in dem Horrorfilm um ein künstliches Wesen mit synthetischer DNA.
Doch inwischen sind KI Funktionen auch für Jeden Anwender an seinem eigenen Arbeitsplatz erreichbar. Denn verschiedene Software-Schmieden haben an Möglichkeiten gearbeitet, AI in Anwendungen der Film,- und Medienbranche einzubauen.
Wenn etwa in Premiere Pro Aufnahmen für unterschiedliche Ausgabeformate "reframed" werden, etwa aus 4:3 16:9 oder aus Querformat für Handys Hochformat, so analysiert KI die Aufnahmen und entscheidet, wie der neue Ausschnitt aussehen sollte.
In Photoshop werkelt neuerdings „Sensei“, das ist ein MIx aus künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Eine der praktischsten Anwendungen: „Inhaltsbasierte Füllung“ (Content Aware Fill). Man braucht Photoshop nur noch einen Teil vorzugeben, den man entfernt haben möchte und die KI sucht alle ähnlichen Stellen im Bild und entfernt diese.
Das Ganze nennt sich "One Click Delete and Fill" und kann im besten Fall Personen und Objekte vollständig aus einem Bild entfernen und die freie Fläche dank KI mit Teilen aus dem umgebenden Raum auffüllen. Dafür muss man lediglich das Objektauswahl-Werkzeug aus der Symbolleiste anwählen (ist dort, wo auch der Zauberstab zu finden ist) ein Quadrat mit einem gepunkteten Quadrat darum herum. Damit wählt man sein Objekt oder die Person aus und kann diese dann mit Umschalt+Entf (Windows) oder Umschalt+Rücktaste (macOS), ausblenden. Das Ergebnis ist natürlich abhängig von der Komplexität des Hintergrundes.Die gleiche Funktion ist übrigens auch in After Effects enthalten.
Ebenfalls in Premiere sucht die Funktion "Smart Trim" automatisch die besten Momente einer Einstellung aus.
Zukunftspläne
So hat Adobe beispielsweise 2017 mit der Stanford University gemeinsam an Lösungen geforscht, die den Filmschnitt vereinfachen sollen. So kann die dort entwickelte intelligente Software die Einstellungen eines Films exact nach den Szenen des Drehbuchs sortieren. Die Software kann selbsttätig erkennen, um welche Einstellungsgröße es sich handelt und welche Filmfiguren in dem Frame zu sehen sind.
Der User kann dann bestimmte Präferenzen festlegen, etwa dass immer derjenige der spricht, zu sehen sein soll. Man kann vogeben, ob Jump Cuts erlaubt sind oder nur softe unsichtbare Übergänge gewünscht sind. Man kann der Software vorgeben, dass sie jede Szene mit einer weiten Einstellungsgröße beginnen soll usw. Es ist also in gewissen Grenzen möglich, einen gewissen Stil vorzugeben. Das Programm schneidet das Material dann in recht kurzer Zeit.
Bevor Editoren sich nun nach einem anderen Job umschauen,- so richtig gut sind die Ergebnisse dann doch nicht. Mit Dialogen kommt das Programm einigermaßen zurecht, doch viele andere Dinge bleiben für das Programm sehr schwierig. Tempo, Action, beobachtende Einstellungen oder was Anschlussfehler sind und wie man sie versteckt im Schnitt, all diese Dinge begreift die KI schlicht nicht.
Möglichkeiten und Grenzen
Die Fähigkeit von KI, Bildinformationen interpretieren zu können, eröffnet eine Vielzahl von unterstützenden Funktionen, die den Editoren das Leben leichter machen. Es wird nicht lange dauern und die Schnittprogramme machen den Editoren Vorschläge, was wo wie lange platziert werden soll. Bisher macht es wenig Sinn, einen vollständigen Schnitt durch KI erledigen zu lassen, denn eines der Hauptprobleme von KI ist, dass sie Zusammenhänge nicht wirklich versteht und dass sie nicht fühlen kann. Es ist ganz seltsam, aber viele Aufgaben, die für unser Gehirn mühsam sind, erledigt KI mit Leichtigkeit, doch andere Dinge die das Gehirn ganz leicht lösen, sind für KI sehr schwierig. Kreativität fällt dem Menschen um ein Vielfaches leichter, als einem Rechner.
Ki weiß schlicht und einfach nicht, was das ist, was sie denn überhaupt in den Videoaufnahmen analysiert. Während Spracherkennung inzwischen mit 95% Genauigkeit funktioniert, steht es um die Bilderkennung deutlich schlechter. KI kann Muster identifizieren und in Datenbanken erfassen, begreift aber nicht, was sie bedeuten. Auf der Suche nach Bedeutung muss KI sehr umfangreiche Suchläufe in anderen Datenbanken veranstalten, bis sie die bestmögliche Übereinstimmung gefunden hat. Doch selbst dann fehlen der KI die Bedeutung, die Emotion und der berühmte gesunde Menschenverstand. Das gilt auch für das Erspüren von Wünschen. Jeder Mensch beschreibt das, was er/sie sich vom Schnitt wünscht, auf andere Weise,- da versagt die künstliche Intelligenz weitgehend. Ganz gleich ob es sich um RegisseurInnen, die im Schneideraum sitzen handelt oder um Kunden, die Filme in Auftrag geben.CutterInnen können zwischen den Zeilen lesen, können subtile Andeutungen verstehen und in der Montage dann auch umsetzen.
Deshalb sollte man sich KI eher als Assistenten vorstellen, der einem gewisse Routineaufgaben abnehmen kann. Von der Farbkorrektur über das Entfernen von Objekten bis hin zu visuellen Effekten, Bildstabilisierung reichen die bereits vorhandenen Anwendungen. Die Einsparung von Zeit die man bisher für eher mechanistische Aufgaben benötigte, kann enorm sein und neue Freiräume für mehr Kreativität eröffnen. Künstliche Intelligenz kann so gesehen, größere Kreativität ermöglichen.