Eröffnung
In diesem Jahr hat das DOK.fest erstmals die Eröffnung vom angestammten Arri-Kino in eines der Kinos der Münchner HFF verlegt, eine Veränderung, welche die Zuseher vor allem an der engeren Bestuhlung des Kinos bemerken.
Auch in diesem Jahr machte sich das Who is Who der dokumentarischen Filmszene Münchens und darüber hinaus auf, um bei der Eröffnung des DOK.fests dabei zu sein. Ein wenig Familientreffen ist das dann, schließlich sieht man manche Kolleg-inn-en nur einmal im Jahr. Und natürlich sind auch zahlreiche Gäste aus der ganzen Welt mit dabei.
Festivaleröffnungen sind stets mit Ansprachen verbunden, man kennt das und stellt sich, mit einem gewissen Geduldvorrat, darauf ein. Wenn die Eröffnungsveranstaltung statt um 20 Uhr mit Verspätung beginnt, weil man noch auf einzelne VIPs warten muss, wird davon bereits ein wenig aufgebraucht.
Doch Dokumentarfilmer und Fans sind leidensfähig, Finanzierung, Herstellung und in Ausnahmefällen sogar das Betrachten dokumentarischer Werke sind schließlich auch mühsam. Dass die finanziellen Bedingungen für Dokumentarfilmer insbesondere von Seiten der Fernsehanstalten trotz wachsender Beliebtheit des Genres, Jahr für Jahr schlechter werden, darauf weist Festivalleiter Sponsel dann später noch hin. Da sieht es in Nachbarländern wie der Schweiz ganz anders aus, erläutert er.
Kleinere und größere Zwänge
Gewiss, Festivalmacher haben es nicht leicht. Nachdem inzwischen ihre Arbeit zu einem gigantischen Anteil aus dem Finden von Finanziers besteht und die Listen der Unterstützer immer länger werden, kann man sich schon ausmalen, wie viele Menschen da zwingend am Rednerpult vorbei getrieben werden müssen. Da wissen knappe, prägnante Reden wie die von Filmreferentin Carolin Kerschbaumer besonders zu gefallen.
Und wenn sich die Inhalte der Reden und des Moderators, die gerne auch aus Aufzählungen der verschiedenen Programmschwerpunkte des Festivals bestehen, doppeln, verdreifachen, wenn der Stadtrat Walter Zöller dem Moderator Holfelder vorwirft, eben diese Aufzählung schon gemacht und ihm damit weggenommen zu haben, er sie aber trotzdem tapfer wiederholt, wenn anschließend der Moderator empfiehlt, er hätte die Teile ja weglassen können und dann noch der Festivalleiter anmerkt, dass Teile seiner Rede bereits überraschend von einer Vorrednerin zitiert worden seien, ersehnt man sich den Start des Hauptfilms herbei.
Dann werden aber noch die neu geschaffene Skulptur, der Viktor, und sein Macher ausführlichst vorgestellt, womit das DOK.fest nun auch eine individuelle Trophäe zu vergeben hat. Und eigentlich könnte es dann ja losgehen mit dem eigentlichen Film.
Doch gemach! Vor den Beginn wird eine weitere Hürde platziert: ein Werbeblock, in dem die aktuellen Werbefilme der Sponsoren (s. o.) gezeigt werden, sowie zum zweiten Mal an diesem Abend der DOK.fest-Trailer. Ob das wirklich sein müsse, vor jedem Film, sei er schon im vergangenen Jahr gefragt worden, gesteht Festivalleiter Sponsel. Es muss, lautete seine Antwort. Man kennt das vom Privatfernsehen, nur dass man hier in der Zwischenzeit eben nicht in die Küche gehen und ein Getränk holen kann.
Irgendwann beginnt dann tatsächlich der Eröffnungsfilm, beinahe 100 Minuten lang. Ganz vorsichtig fragt man sich nach dieser Elegie dann eben doch, ob dramaturgische Regeln bei einem Filmfestival wirklich nur auf die Filme angewendet werden sollten. Zum Glück folgt auf die Eröffnung ein Feiertag, sodass dann doch viele noch zum mitternächtlichen Empfang bleiben.
Eröffnungsfilm
"Gulabi Gang" von Regisseurin Nishtha Jain, die auch bei der Eröffnung anwesend ist, stellt eine Frauenbewegung in Indien vor, die mutig und lautstark gegen Unterdrückung und Korruption kämpft. Dabei beobachtet man die unerschrockene Anführerin der Bewegung sowohl bei ihrem Bemühen, neue weibliche Mitglieder zu gewinnen, wie auch bei ihrem Kampf, Verbrechen bis hin zum Mord an Frauen durch die lokalen Autoritäten aufklären und die Täter verurteilen zu lassen.
In einer Szene besucht die Gulabi Gang ein Haus, in dem am Boden eine verbrannte Frauenleiche liegt, einer der erschütternsten Momente im Film...
Der Umstand, dass die Strafverfolgung mühsam erkämpft werden muss, lässt einen genau so ratlos zurück, wie die Überzeugung, mit der nicht nur Täter, sondern selbst manche Frauen die Morde an unschuldigen Geschwistern oder Schwägerinnen mit den uralten gesellschaftlichen Verhaltensregeln zu rechtfertigen suchen. Unfassbar und erschütternd, welche Verhaltensmotive im Jahr 2013 in dieser Welt noch gelebt werden.
Filme, die sich eines so wichtigen Themas annehmen, wagt man kaum zu kritisieren. Wenn man dennoch ein wenig auch auf die Gestaltung schauen darf, so macht der Film einen durchwachsenen Eindruck. Dass skandinavische Produzenten das gedrehte Material in der Postproduktion auf ein hochwertiges Niveau angehoben haben, ist deutlich spürbar und war wichtig für diesen Film.
Manche Elemente, die mit starken stimmungstragenden Bildern arbeiten und die mit professionellem Sound-Design wirken, haben große Kraft, andere wirken deutlich übererzählt. Es hätte dem Film sicher gut getan, wenn einige redundante Elemente herausgekürzt worden wären, weniger Länge hätte hier sicher die Botschaft des Filmes verstärkt. Der Film ist dennoch wichtig in der Aufklärungsabsicht und ohne vorangehenden Eröffnungsmarathon auch sicher besser zu rezipieren.