Regie und Drehbuch: Philipp Jedicke
Laufzeit: 85 min
Erscheinungsdatum (D) 16. November 2023
Filmkritik "Vienna Calling"
Als Außenstehender einen Film über eine Subkultur zu machen ist sicherlich keine leichte Aufgabe. Die Gefahr, voreingenommen an das Thema ranzugehen und einen mit Klischees aufgeladenen und oberflächlichen Film zu machen, ist groß.
Wie es richtig geht, zeigt Philipp Jedicke in seiner zweiten Lang-Dokumentation „Vienna Calling“, in der er sich mit der Wiener Musikszene auseinandersetzt. Voodoo Jürgens, Nino Aus Wien, EsRap, Gutlauninger, Kerosin95 sind nur einige der Charaktere, die Jedicke in seinem Film begleiten konnte. Trotz der Vielzahl an teils völlig unterschiedlichen Protagonisten, gelingt es dem Filmemacher hier ein tieferes Bild der einzelnen Künstler zu zeichnen und die Grenzen zwischen Person und Kunstfigur an den richtigen Stellen verschwimmen zu lassen und an anderen zu verdeutlichen. Was jedoch nie zu Lasten der Authentizität der jeweiligen Künstler geht. Im Gegenteil, durch die oft sehr intimen Momente, in denen die Protagonisten gezeigt werden, bekommt der Zuschauer einen tieferen Einblick in deren Leben und Schaffen.
Dazu trägt auch die für einen Dokumentarfilm sehr untypische Erzählstruktur und Schnitt des Films bei. Aufgrund der harten Cuts, durch die wir zwischen Protagonisten, Szenerien und Erzählsträngen wechseln, bekommt der Film die Dynamik, Vielseitigkeit und Melodie die sich so auch in jener Subkultur finden lässt. Ein Stilelement, welches heraussticht, ist der Übergang von Dokumentarischen Szenen hin zu komplett fiktionalen, teils extrem ausgefallenen Musikvideo-Szenen, welcher überraschend aber gleichzeitig auch flüssig geschieht. Getragen werden diese Momente auch von der Kameraarbeit von Max Berner, welcher zuvor schon einige Musikvideos, auch mit Künstlern aus diesem Film, gedreht hat.
Philipp Jedicke führt uns durch die bunte, skurrile selbstironische aber auch nachdenklich und melancholische Subkultur der Wiener Musikszene und schafft mit seinem Film „Vienna Calling“ einen Einblick in ein spannenden Teil der Wiener Kultur, dessen zahlreiche Facetten sonst Vielen verborgen geblieben wären. Ein spannender Dokumentar Film für alle, die mal keine klassische Musik-Dokumentation sehen möchten.
Gesehen von Yannick Walter
Interview
Im Rahmen des 38. Dok.fest hatten wir die Möglichkeit mit Philipp Jedicke zu sprechen. Der Regisseur spricht über die Arbeit mit den Protagonist*innen seines Films und über sein Vorgehen eine etwas andere Musik-Dokumentation zu machen.