Über Strategen
Häufig, wenn man sich fragt, warum so Vieles in den Fernsehsendern, den Produktionshäusern, den Verlagen, den Medienhochschulen so unterirdisch läuft, stößt man auf zwei Ursachen in menschlicher Gestalt. Die einen Verursacher sind die Strategen, die Anderen die Controler. An dieser Stelle wollen wir uns mit ersteren befassen und ergründen, was so manche Strategen eigentlich tun...
Im Kleinkindalter bringen Strategen nie eigenes Spielzeug mit auf den Spielplatz. Im Sandkasten warten sie den Streit anderer Kleinkinder um Schaufel und Eimer ab, bis diese von ihren Eltern vom Spielplatz gezerrt werden. Mit den zurückgelassenen Spielsachen bauen sich die Strategen eine schöne Sandburg.
In der Schule schon lernen Strategen wirklich nur das, was in Prüfungen abgefragt wird, und nur dann, wenn Prüfungen unmittelbar bevorstehen. Dabei werden sie tendenziell weniger gebildet, als die Nicht-Strategen ihrer Klasse, aber sie sparen Energie, müssen weniger können und kommen trotzdem weiter.
Erfolgsrezept
Dieses Prinzip werden sie ihr Leben nicht mehr verändern. Wenn einem die Strategen dann als Erwachsene wieder begegnen, haben sie längst allerlei mehr oder weniger bedeutsame Positionen inne gehabt, weil ihre Leistung ja eben gerade nicht im Können und der Fachkompetenz, sondern nur im Erreichen von Positionen besteht.
Auf den Positionen verweilen sie unterschiedlich lang, je nachdem, welchen Nutzen diese ihnen für künftige noch bedeutendere Positionen bringen könnten. Titel beispielsweise sind für die Akquise neuer Positionen ungemein hilfreich, weshalb Strategen auch gerne mal als Abteilungsleiter, CEO, Professor, Honorar-Konsul oder Ähnlichem unterwegs sind.
Dabei gehören Vieraugengespräche, Geheimwissen und Abmachungen hinter dem Rücken der Kolleg-inn-en zum Grundwerkzeug erfolgreicher Karrieren. Noch bevor irgendwer von anstehenden Veränderungen etwas weiß, haben Strategen sie bereits für sich nutzbar gemacht oder gar selber angeschoben.
Im tatsächlichen Aufgabenbereich sind sie extrem energiesparend, manch einer würde das möglicherweise sogar faul nennen. Dafür werden insbesondere, wenn Veränderungen anstehen, Positionen neu besetzt werden, so wie damals in der Schule, nach weitgehender Untätigkeit urplötzlich Thesenpapiere verschickt und punktuell genau kalkulierte Aktivitäten inszeniert. Der Aufwand, sich selbst bei der Arbeit darzustellen, kann dabei kurzfristig fast so hoch werden, als würde man wirklich arbeiten.
Mindestens genauso wichtig sind Kontakte aller Art. Strategen sind wahre Weltmeister im Sammeln von Visitenkarten, Einladungen zu Events und Vernetzungen in Business-Online Portalen.
Stromlinienförmig
In ihren jeweiligen Positionen verhalten Strategen sich möglichst stromlinienförmig, das heißt, sie setzen ohne jegliches Hinterfragen oder gar Kritik die Aufträge ihrer Vorgesetzten willfährig um und sammeln so weitere Fleißkärtchen auf ihren jeweiligen Karriereleitern. Wenn man sich fragt, worin ihre eigentliche schöpferische Leistung besteht, so findet man häufig eher wenig. Sie genügen sich selbst und scheinbare Widersprüche zwischen ihrer Position und der eigentlich notwendigen Fachkompetenz beantworten sie lächelnd mit dem Hinweis, dass das auch in anderen Unternehmen gut funktioniere und gar nicht mal schlecht wäre, so ein Blick von Außen.
"Blick von Außen" klingt so gut, dass man völlig vergisst, dass es eigentlich bedeutet, dass die sich so Äußernden schlichtweg keine Ahnung haben. In den Medien wurden auf diese Weise unbedarfte Schauspieler zu Programmdirektoren von Privatsendern, bildzeitungslesende Studienabbrecher zu Producern, gescheiterte Möchtegernautoren zu Drehbuchprofessoren, sinnfreie Radiomoderatoren zu Medienkonzernsprechern, fotokopierbegabte Praktikanten zu Redaktionschefs oder Skilehrer zu Kreativdirektoren.
Damit ihre fehlenden fachlichen Fähigkeiten nicht auffliegen, müssen Strategen Techniken entwickeln, diesen Umstand zu kaschieren. Dazu gehören diverse ablenkende Aufgaben, etwa von den Mitarbeiter-inne-n Arbeitsnachweise ausfüllen,- Diagramme erstellen zu lassen oder bei kontroversen Vorschlägen, mit der Begründung, dass belastbare Studien oder sonstigen Nachweise fehlen würden, abzulehnen. Hilfreich ist es natürlich auch, sich mit Untergebenen zu umgeben, die noch weniger wissen als sie selbst oder ihr Wissen gut hinter der Grundhaltung von Messdienern verbergen.
Doch es gibt Hoffnung: Ungeachtet der Tatsache, dass die Aufgabenbereiche, welche Strategen verantworten, auf Grund der immanenten Nichtkompetenz unendlich leiden, gibt es manchmal auch die glückliche Fügung, dass die Strategen auf eine neue Position an einem anderen Ort wechseln und künftig dort ihr strategisches Unheil anrichten.
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