Der befremdliche Begriff "Umfruchtung" entstammt der Lebensmittelindustrie und erklärt eines der großen Rätsel dieser Welt, nämlich weshalb es viel mehr Erdbeerkonfitüre als geerntete Erdbeeren gibt. In Erdbeerkonfitüre ist häufig gar nicht das drin, was drauf steht, bzw. es wurde schlau umformuliert. In der Herstellung werden nämlich gerne Rosinen oder Kürbis stundenlang gewässert um ihren Eigengeschmack heraus zu spülen. Anschließend werden sie mit Aromen, Zucker und ein paar wenigen echten Erdbeeren vermischt und zu Erdbeerkonfitüre verrührt. Auf der Liste der Inhalte unserer Erdbeerkonfitüre steht dann 50% Fruchtanteil, was ja nicht gelogen ist, denn Rosinen sind auch Früchte.
Man könnte das nun geschickte Wortwahl, Verpackungskunst oder auch Marketing nennen. Vielleicht auch einfach nur Schummelei, Umfruchtung eben. Was die Welt außerhalb der Konfitüregläser angeht, so sieht es nicht viel besser aus. Man versucht an allen Ecken und Enden den Blick zu schönen, Glitzerstaub über so manches Unterirdische zu streuen, Probleme zu kaschieren und Dinge umzudeuten. So wie etwa die Deutsche Bahn, die ihre Verspätungsstatistiken schönt, indem da Züge, die wegen großer Verspätung gar nicht mehr bis zu ihrem Endziel weiterfahren und an den letzten geplanten Bahnhöfen einfach ausfallen, gar nicht erst erfasst werden. Als hätten die Wartenden am Bahnsteig deren Zug ausfällt und die einen späteren nehmen müssen, keine Verspätung.
Die Umweltaktivisten, die zu Recht die Klimaerwärmung anmahnen, konzentrieren sich auf vordergründige Feindbilder. Das ist zunächst einmal richtig, doch nur die halbe Wahrheit. Viele von ihnen haben das Internet noch nicht wirklich im Visier. Wie negativ etwa Streamingdienste wie Netflix (13 % des weltweiten Datenverkehrs) oder schlichte Pornographie (27% des weltweiten Datenverkehrs) aber auch all die Spionage,- und Trackingtools, die uns all die ungewünschte personalisierte Werbung bescheren, die Umwelt beeinflussen, wollen wir kommunikationswütigen Moderneers nur ungerne wahrhaben. Wir erfahren stets nur von den Vorteilen digitalen Lebens. Doch wer weiß, vielleicht müssen die IT Riesen eines schönen Freitags auch unangenehme Future-Fragen beantworten.
A Propos Spionage und Trackingtools,- auch hier findet eine Art mentale Umfruchtung statt, denn zahlreiche Neuerungen, die angeblich verbesserte Bedienung bescheren, haben die dezente Nebenwirkung, uns noch besser auszuspionieren. Laptops, Tablets und Smartphones werden künftig vermehrt mit Sprachsteuerung und Eyetracking bedient. Das klingt nach Fortschritt, aber leider auch für Google, Facebook, Amazon & Co, die mit den hierfür notwendigen Erfassungssystemen zugleich unsere Mimik, die Stimmfrequenzen und damit unsere Emotionen erfassen können. Auch VR Brillen mit Eye-Tracking bieten hier die perfekten Tools an. Welch Schlaraffenland für Datensammler, wenn man endlich auch unsere Gefühlslage beim Betrachten von Werbebotschaften analysieren kann. Implantierte Smartchips werden nicht nur sensible Zugangssysteme sicherer machen, sondern bedauerlicherweise auch unsere letzten, bisher nicht überwachten Lebensbereiche offenlegen.
Doch es gibt auch Hoffnung, die digitale Revolution wird sich andernorts möglicherweise selbst auffressen. So werden verstärkt Apps automatisch Social Media Plattformen befüllen, sodass irgendwann kaum noch reale Menschen auf den Portalen unterwegs sein werden. Neue Apps werden gezielt Fehlinformationen oder Anonymisierungen an die Datenkraken weiterleiten. So gesehen, steht einigen übermächtigen Playern dieser Welt eine ganz neue Form der Umfruchtung bevor...
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