Gegen Ende des Jahres lässt sich einmal mehr feststellen, dass die englische Sprache nicht nur zur internationalen Verständigung ungemein praktisch, sondern auch mit vielen Zusatzfunktionen, die die eigentliche Wortbedeutung weit übertreffen, gesegnet ist.
Etwa, um dem Rest der Welt zu signalisieren, wie weltläufig bewandert und modern man man ist, dieser Tage massiv spürbar in den allüberall bemühten, möglichst "native speaking" betonten Ausspracheweisen des Herrn Sakkaböarrrg", (für weniger phonetisch begabte,- gemeint ist der Gründer und Chef der weltgrößten "Jeder ist ein Journalist, Dichter, Poet oder Fotograf"-Gehirnwaschplattform).
Früher von der denkenden Weltgemeinschaft geächtete Verhaltensweisen "sounden", wenn man plötzlich vom "Exploiten" spricht und auch den "Shareholder Value" nicht aus den Augen verliert, gleich viel harmloser. Dröge, noch aus den 50er Jahren stammende Resteverkaufsaktionen ala "Schlussverkauf" haben als "Sale" irgendwie internationales Flair.
Wie cool, dass man alte Dummheiten durch Anglizismen sogar wieder sexy waschen kann. Man denke nur an das altbekannte Verdummen durch stundenlanges vor der Glotze sitzen. Das waren doch handfeste Gefahren für Leib und Seele, die da von den Bildschirmen ausgingen. Das hat sich gründlich geändert, nicht dass die Qualität der Serien inzwischen besser geworden, oder der menschliche Körper samt Gehirn mehr an passive Tätigkeiten adaptiert wäre,- aber dumpfes Glotzen ist durch den Begriff "Binge-Watching" wieder hoffähig geworden. Oder all die Dinge, die es seit vielen Jahrzehnten immer schon gab und die als Anglizismen wieder ein frisches Leuchten in die ansonsten matten Augen vieler Wirtschaftsmenschen bringen.
Dank " Corporate Wording" werden selbst ausgelaugte Versicherungsvertreter plötzlich zu "Senior Assurance Consultants" und jene ungeliebten, oft herzlos mit Kündigungen ganze Existenzen ruinierenden Personaler zu Mitarbeitern im angesehenen "Human-Resources Department". Überhaupt hätten die früher als Tischrechner und Tabellenausfüller mit dem Nimbus der unkreativsten Berufsgruppe überhaupt verschrieenen Betriebswirte ohne "Flipcharts", "Design Thinking", "Key Account Manager", "Outsourcing" und andere interstellare Attraktivitätsaufblähungen, längst ziemlich "Itchy Feet". So aber können sie gelassen von einem "Roll out" zum nächsten "gliden".
Wir müssen also dankbar sein, für dieses "Andocken" neuer Attribute an die in der eigenen Sprache längst enttarnten Begrifflichkeiten. "Oh my God", der wohl am häufigsten genutzte religiöse Ausspruch in gänzlich unchristlichen Körperflüssigkeits-Austauschfilmen im Internet gehört ebenso dazu, wie die Bärte, die man alten Männern, Almöhis oder ultraorthodoxen Religionsfanatikern jahrzehntelang zugesprochen hat. Dank "Hipstern" dürfen plötzlich selbst Zwanzigjährige mit langen Opabärten herumlaufen und sich cool fühlen. Der Fachbegriff stammt schrecklicherweise aus dem Französischen und ist ein "Hipster Stache", doch das ist noch mal eine ganz andere Geschichte...
Auch wenn Ihr diese Sprachverwässerung nicht "liked" und vielleicht sogar "hated" und über einen "Shitstorm" nachdenkt, "chillt out" denn die Amerikaner haben inzwischen ähnliche Probleme, wenn sie sich mit "Bauplan", "Berufsverbot", "Bratwurst", "Dummkopf", "Frass", "Geist", "kaputt", "Kindergarten", "Kitsch", "Lederhosen", "Poltergeist", "Rucksack", "Schadenfreude", "Zeitgeist", "Wunderbar" aber auch mit "Angst" herumschlagen müssen.
Shit happens.
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